Wohnungen, und was davon blieb!

Letzte Woche Freitag...
...räumten wir unsere Wohnung in der Gabesstraße aus, wo in den letzten 4 Monaten Felix B. „residierte“. Er bekam Ende Jänner eine saubere Wohnung von uns übergeben und übergab uns nun eine Wohnung, wo ich mir schwer tue den genauen Zustand zu beschreiben. Der neue Vinylboden mit unzähligen Brandlöchern übersät, die neue Matratze mit ca. 5cm großen Brandlöchern, Urin- und Kotflecken versehen, die kleine Küche derart kaputt gemacht, dass wir hier alles nur noch entsorgen konnten, auch das neuwertige Bett und der neuwertige Kleiderkasten. Alle Schäden in dieser unserer Wohnung an Wänden, Böden, Heizung, Türen etc. ergibt einen Schaden in der Höhe von etwa € 2500,-, was mir meine Wut auf die Stirn treibt. Nicht nur dass ich dauernd belogen wurde, haben dort fremde Menschen genächtigt, Alkohol konsumiert u.v.a., obwohl das alles im Vorfeld als verboten mit Felix vereinbart wurde.
In einer unserer anderen Wohnung in der Wiener Straße, wo Gerry K. ebenfalls seit Jänner wohnte, sah es ähnlich aus. Verschimmelte Lebensmittel im neuen Kühlschrank, ausgeleerter Rotwein in riesigen Lachen auf dem Boden, wobei wir den verschütteten Rotwein aus den Bodenfugen gar nicht mehr herauswaschen konnten. Wir mussten auch hier Berge an Schmutzwäsche, ganze Säcke voller verdorbener Lebensmittel und ganz viele leere Shampoo Flaschen sowie gebrauchte Rasierer am Boden des Bades vorgefunden, entsorgen. Hier haben wir ebenfalls das ganze Interieur, vom Boxspringbett, dem Wohnzimmertisch bis zur Kommode und dem neuen Staubsauger, den ich vor 4 Monaten kaufte, alles entsorgen müssen. Somit kann ich morgen die letzte unserer Wohnungen an die GWG zurückgeben und hoffe hier, dass wegen der verursachten Schäden die Kaution wenigstens zum Teil an uns zurückbezahlt wird.
Wir mussten in den Monaten einsehen, in denen wir diese Wohnungen an Obdachlose überlassen haben, dass wir diese „Starthilfe“ für Obdachlose nicht leisten können und auch nicht mehr leisten wollen. Wir wurden über weite Strecken nur angelogen, wurden oft mit ganz vielen Ausreden vertröstet um anschließend einsehen zu müssen, dass diese Art von Hilfe gerne andere Einrichtungen leisten dürfen, die auch für die Betreuung der Obdachlosen ausgebildetes Personal haben.
Wir haben es versucht, mit Respekt, Wertschätzung und einem Hoffnungsschimmer, den wir den Obdachlosen immer wieder zeigen wollten, eine neue Zukunft in Sichtweite zu rücken. Aber wer verlernt hat im Leben weiterzugehen und sich nur auf fremde Hilfe verlässt, wird es vermutlich nicht mehr schaffen, irgendwann selbstständig sein Leben selbst zu meistern. Wir haben versucht, Hilfe zu leisten, da zu sein für die Menschen, aber ihren Weg gehen, müssen die Obdachlosen schon selbst, das können wir nicht. Und viele unserer Erfahrungen zeigten in den letzten Monaten deutlich, wenn nicht ständig ein konsequenter Weg gegangen wird, es unvermeidbar zu Rückfällen in Punkto Alkohol oder Drogen gibt.
Wir haben unsere rosarote Brille abgelegt und schauen den Tatsachen ins Auge, und hier stellen wir fest, dass wir uns künftig wieder auf unsere Stärken beschränken werden, auf den Verteil-Donnerstag, auf die Linz-Tour und auf Spendenlieferungen in einen Teil der Obdachloseneinrichtungen und Frauenhäuser, die Eure Spenden lieber Gönner:innen, und unsere Arbeit wertschätzen, andere Einrichtungen werden wir nicht mehr berücksichtigen, wenn ein an Euch gerichtetes DANKE von manchen Einrichtungen zu viel verlangt ist. Will damit sagen, dass die Einrichtungen wieder erkennen müssen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, von uns mit EUREN Spenden „betreut“ zu werden. Wir haben einige Einrichtungen, die sehr dankbar sind, wenn sie Lebensmittel, Hygieneartikel usw. von uns bekommen, und anderen muss man auch einmal die Wahrheit sagen, dass es jetzt nicht mehr so weitergeht. Das traurige daran ist ja, dass manche Leiter: innen von Einrichtungen dann sagen, Zitat: „Wenn ihr uns nichts bringt, haben wir auch nichts an die Menschen auszugeben“. Dieses Zitat wurde schon uns gegenüber gesagt, und ich finde es ist hochgradig verantwortungslos, weil wieder die Obdachlosen darunter leiden, aber wir müssen uns mit vielen Dingen abfinden, die wir nicht verändern können.
Da wir ab morgen keine Wohnung mehr in Miete haben und keinen direkten Obdachlosen mehr zu betreuen haben, bin ich mehr als überglücklich, wenn ich mich wieder auf wesentliche Dinge konzentrieren kann. Hier steht an oberster Stelle, dass ich wieder gesund werde und meine Schulter, mein Oberarm endlich eine adäquate Behandlung bekommen. Ich werde gottseidank von allen Helfern entlastet und geschont, aber ich bin halt nicht der, der daneben steht und bei der Arbeit zusieht, sondern lieber anpackt. Was letzte Woche total schön war, dass wir zufällig beim Entrümpeln der Wohnung in der Wiener Straße den mit dem Fahrrad vorbeifahrenden Kevin, dem wir vor einigen Jahren geholfen haben und der inzwischen sein Leben bravourös meistert, getroffen haben und der uns sofort seine Hilfe angeboten hat, die Möbel vom 4. Stock herunterzubringen und diese dann hilft, im ASZ zu entsorgen. DANKE dafür!
Am Dienstag durften wir 3 Paletten eingelegtes Obst/Gemüse in Linz abholen, die wir zeitnah an diverse Einrichtungen weitergeben werden. Der Mittwoch war schon verplant, mit Tiefkühllager zusammenräumen, wo wir ganze 8 Palettenplätze zusammenschlichten und einsparen konnten. Werner von der Transdanubia half mir dabei tatkräftig, um in 30 Minuten alles neu zu sortieren. Einfach klasse. Anschließend Kühllager und Trockenlager Ansfelden, alles einkühlen und für den Donnerstag vorzubereiten. Der Donnerstag begann wie immer um 6 Uhr früh, Hilde kam um 9 Uhr und Nicky brachte uns ebenfalls schon früh tolle Spenden vorbei. Da aber seit einiger Zeit ein eklatanter Mangel an Gemüse/Obst besteht, beschloss unsere Hilde, mit mir zum Hofer einkaufen zu fahren. Bananen und Äpfel sammelten wir in den Einkaufswagen, damit wir wenigstens ein paar Lebensmittel haben aus der Obst Lade, und schon ging es wieder zurück ins Lager.
Rena und Kimi bewachten in der Zwischenzeit unser Lager, zu Mittag kam dann auch Maria ins Lager, die noch ihre Kleidungsstücke für den Verteil-Donnerstag zusammensuchte. Thomas aus Tirol kam ebenfalls zu Mittag, um uns am Nachmittag bei der Verteilung zu unterstützen. Hilde hat für unser heutiges Mittagessen gesorgt, Reisfleisch mit roter Rüben Salat, lecker. Das gemeinsame Mittagessen ist eine wunderbare Zeit, abseits der Obdachlosenhilfe verschiedene Themen zu diskutieren. Nachmittags kam Rudi, um den Transporter einzuladen und um alles fertig zu machen.
Um 15 Uhr fahren Thomas und ich vom Lager Ansfelden los, Maria fuhr um 14 Uhr noch schnell zum Deichmann, um für Herbert noch Sandalen zu kaufen, da seine kaputt sind. Rudi ist auch schon vorgefahren nach Linz, um für uns den Platz freizumachen. Alles ausladen, aufstellen und ausräumen, Computer starten und alles parat stellen, damit wir um Punkt 16 Uhr beginnen können, mit der Ausgabe. Als wir alles aufgestellt hatten, kam unsere Brigitte mit ihrem Auto um die Ecke, um uns auch zu unterstützen. Brigitte war die letzten 5-6 Monate krank und fehlte uns sehr. Sie heute wieder bei uns zu haben, freut mich sehr. Sie hat noch nicht die Kraft 2 Stunden durchgehend stehen zu können, aber sie hat ihren Hocker dabei, um sich ausrasten zu können.
16 Uhr, es geht los, ich lasse maximal 5-6 Schützlinge in die Schlange, sonst stockt es rundherum. 3 Neuaufnahmen sollen unter den 83 heutigen Besuchern auch sein, die unser Formular ausfüllen und die sich ausweisen müssen. Thomas gibt Brot und Gebäck aus, Peter der in Linz zu uns gestoßen ist, steht am Ende der Line und dazwischen stehen Rudi und Brigitte. Heute haben wir genug Helferleins, um alle Posten zu besetzen, da Maria im Transporter alles alleine abwickelt. Es hat sich herumgesprochen, dass wir einen Einkommensnachweis verlangen und wer kein Einkommen hat, einen Versicherungsdatenauszug. Alles ist diszipliniert, Max hat die Schlange im Auge, redet viel mit den Schützlingen und macht Späßchen mit ihnen. Max ist ein ganz wichtiges Bindeglied zwischen dem Team und den Schützlingen, aber auch Rudi und Peter sowie Maria haben nicht nur ihren Ausgabeposten über, sondern reden auch viel mit den Menschen in der Schlange. Maria, hat die meiste Arbeit, Tiefkühlkost, Kühlwaren, Kleidung und Getränke, das hat alles Maria im Transporter und gibt diese Dinge von dort aus.
Ein Mann, der noch keinen Einkommensnachweis gebracht hat, versucht seit 2 Wochen sich neue Schuhe zu erschleichen. Er hat gute Sommerschuhe, die völlig intakt sind und möchte neue Schuhe haben. Da ich ablehne, weil er gutes Schuhwerk trägt, versucht er es hinter einem Rücken direkt bei Maria, an neue Schuhe zu kommen. Ich bin schon vorgewarnt, wenn ich ihn sehe. Kleidung und Schuhe gibt es erst wenn die Menschen einen Einkommensnachweis erbracht haben, außer jemand trägt total kaputte Schuhe. Ich gehe rüber zu Maria und verneine den „Anspruch“. Bei manchen Besuchern müssen wir immer wieder gut aufpassen, da diese alles verkaufen, um sich dann Alkohol zu kaufen, und das lassen wir keinesfalls durchgehen. Wir haben versprochen, verantwortungsvoll mit Euren Spenden umzugehen und diese jenen Menschen zu geben, die diese auch wirklich dringend benötigen.
Manche Besucher packen so viele Lebensmittel/Hygieneartikel ein, dass eine ganze Familie eine ganze Woche zu essen hätte, auch das minimieren wir künftig auf ein normales Maß. Wir sind nicht neidig oder gierig, nein, aber ein respektvoller Umgang mit unseren Spenden ist uns sehr wichtig.
Es geht immer weiter, keine Verschnaufpause, wird die Schlange zu klein kommen immer wieder neue Besucher nach, schön aufgeteilt und nach und nach kommen die 83 Besucher in die Schlange. Ganz schön schnell geht es bis die ersten Lebensmittelboxen leer sind, von den Bananen bekommt jede/r nur 1 Stück und 2 Äpfel, mehr ist zur Zeit leider nicht drinnen, aber über die Banane freuen sich alle.
Herr S. von der ÖBB kommt zu Besuch und spricht uns wieder Mut zu, hat immer ein beruhigendes Wort auf Lager und betont immer wieder, dass er uns auch dann helfen wird, wenn wir diesen Platz wegen Neubau verlieren werden, irgendwann. Das Gespräch mit ihm tut immer gut, ich genieße es sehr. Wobei ein uns bekannter ÖBB-Chauffeur sich über unser Wohlergehen erkundigt, ich aber zu gut weiß, dass er über viele Vorgänge gut bescheid weiß, zu gut, da er Kontakt zu ehemaligen Mitgliedern hat. Ich gehe ihm nicht auf den Leim und breche das Gespräch ab und schenke ihm keine Beachtung mehr. Außerdem habe ich zu tun, unsere Schützlinge in die Line zu bringen, damit die Letzten nicht zu lange warten müssen.
17.40 Uhr, langsam lichtet sich die Warteschlange und viele Lebensmittel sind schon ausgegangen oder sind gerade beim Ausgehen, ich habe heute nicht mit 83 Besuchern gerechnet, da Monatsanfang ist, aber diese „Rechnung“ geht oft in die verkehrte Richtung, früher kamen die Meisten Besucher am Monatsende, wenn das Geld ausgegangen ist, jetzt kommen viele schon am Monatsanfang, weil sie nicht mehr wissen, wie sie den Lebensunterhalt bestreiten sollen. Es ist wieder eine große Dankbarkeit zu spüren, zu hören und zu vernehmen. Viele Menschen sagen uns Woche für Woche, dass sie nicht mehr wüssten, woher sie die Lebensmittel noch bekommen würden, wenn nicht von uns. Unserem Max gegenüber sagen viele unserer Besucher DANKE und gehen glücklich von unserem Bus weg, mit einem lächelnden Gesicht.
18 Uhr, Zeit, um zusammenzuräumen und alles wieder einzupacken. Wieder bin ich zum zusehen verurteilt, schaue dass wir nichts vergessen und dass wir den Platz wieder sauber verlassen. Thomas und ich brechen auf Richtung Ansfelden, wo Thomas gleich ins Privatauto steigt und heimfährt und ich alle Tore öffne, um alles wieder einzulagern. Da ich beim Ausladen nicht helfen kann, wärme ich das Abendessen für Max und Rudi auf.
Noch einige gemütliche, gemeinsame Momente beim Abendessen, wir resümieren wieder über den Verteil-Donnerstag, über das was gut gelaufen ist und was wir ändern müssen. Meine Liste der Änderungen wird immer länger, wir werden das alles aber gemeinsam beschließen und Lösungen suchen.
Ich bedanke mich wieder bei all unseren Spender:innen und Wegbegleiter:innen, dass wir auch diese Woche wieder helfen durften. Vergelt’s Gott und habt großen Dank, für Eure großartige Unterstützung. 😊 <3
- w
- w
- w
- w
- w
- w
- w