Eure Weihnachtsgeschenke und viele Tränen!
HEUTE VERTEIL-DONNERSTAG, 17.12.2020: Unser heutiger Verteil-Donnerstag unter vorweihnachtlichen Zeichen, mit heißem Tee und Euren Weihnachtsgeschenken, mit Überraschungen aber auch mit Tränen. Freudentränen. Aber alles der Reihe nach.
Die Zeit von Sonntag bis Mittwoch verbrachte ich teilweise im Lager, teilweise im Transporter, und teilweise am Bahnhof oder am Telefon. sonntagmittags kontaktierte mich K., ihr guter Bekannter wäre Obdachlos und auf Drogen, er sei stark unterkühlt und hätte keinen Schlafsack, nichts zu essen und auch keine frische Unterwäsche. Wir nennen ihn hier einfach P., und K. mache sich große Sorgen. Freunde von K. kamen und ich gab ihnen einen Schlafsack, Isomatte, eine warme Winterjacke, neue Unterwäsche und neue Socken, Fischdosen und Cabanossi und eine Tafel Schokolade mit. Später bedankte sich K. via Telefon und wir vereinbarten für Montag ein Treffen, um mit P. zu reden und abzuklären, in welche Richtung die Situation gerade entgleitet. Als K. und ich P. am Bahnhof entdecken, ist er wild gestikulierend unterwegs, völlig daneben durch Alkohol und schwerste Drogen. Ein Gespräch ist unmöglich, er hört keines meiner Worte, reagiert nur ablehnend auf mich, ergo breche ich jeden Versuch eines Gesprächs sofort ab. Ich dringe nicht durch zu ihm, also sinnlos. Dienstag nachmittags ein neuerliches Treffen mit K. und P.. K. sagte mir am Telefon, P. sei nüchtern und wolle mit mir reden. Gut!Also Dienstag wieder rein zum Bahnhof, er ist wirklich relativ nüchtern, und man kann mit ihm normal reden. Das Gespräch endet mit dem Wunsch, einen Drogenentzug machen zu wollen. Wirklich? Allen Ernstes? Ich hatte den Eindruck, ja. Ich weiß, dass es ein Marathon wird, P. ist weder krankenversichert, noch hat er einen Hauptwohnsitz. Die genaue Abklärung aller Details mache ich am Mittwoch früh, nebenbei beim Spenden liefern. Anruf bei Dr. S. im Neuro-Med Campus (Wagner-Jauregg), sie können mir nichts versprechen, aber sie macht uns Hoffnung auf ein Krisenbett, wenn P. wirklich diesen Schritt gehen möchte und versichert ist. Nein, ist er nicht, noch nicht! Ich habe eine Möglichkeit gefunden wie ich P. schnellstens versichern und einen Hauptwohnsitz beschaffen kann. Auch der B37 Streetworker D. verspricht mir am Telefon, dass er P. Punkt 8 Uhr früh einen Meldeschein aushändigt, dass P. den Termin um 9 Uhr auf der Drogenambulanz wahrnehmen kann. Alles in trockenen Tüchern. Nur entscheidet sich P. am Mittwochabend, den Entzug nun doch nicht machen zu wollen, weil sein „Freund“ meinte, so ein Entzug wäre so gar nicht „Cool“. P. bricht alle Vorsätze ab und geht wieder an die Hotspots, wo er andere Junkies trifft. Für mich, so sagte ich K., war’s das, ich habe mich bemüht, aber wenn jemand auf diese Weise alle Bemühungen abschmettert, tja, dann muss er vermutlich erst noch andere Erfahrungen machen, im Drogenrausch, bevor er es dann ernst meint. Ich glaube und befürchte, dass P. spätestens in 1 Monat an einer Überdosis gefunden wird. Auch weil er so viele verschiedene Drogen nimmt und dazu Unmengen an Alkohol konsumiert. Ich jeden falls kann an dieser Stelle nicht weiter den Weg mit P. gehen. Alle Anstrengungen umsonst, ja, aber ich habe es probiert, es hätte wahrlich ein Weihnachtsmärchen werden können. So wird es eine traurige Geschichte um einen Menschen, der auch nicht viel echte Chancen im Leben bekam. Ich werde, wenn P. irgendwas braucht, auch dann für ihn da sein, aber ich werde nirgendwo mehr anrufen oder mich derartig einsetzen für ihn. Weil ich es schlicht nicht schaffe, seine emotionalen Achterbahnen mitzugehen. Bin wieder eine Erfahrung reicher.
Mittwochnachmittag als ich wegen P. unterwegs war, erfuhr ich von unserer Dani, dass Franziska von ihrem Platz beim Parkbad weg muss. Eigentlich wollte die Geschäftsführung mit Magistrat und Polizei, den Platz räumen. Dani erreichte einen Aufschub bis 23.12.2020, bis dahin müssen wir einen Platz gefunden haben, wo wir Franziska hin umsiedeln. Bis jetzt habe ich noch keine echte Idee. Also gleich 2 Hiobsbotschaften an einem Tag, und von diesem Kaliber, Mann oh Mann. Ich fahre mit K. zu Franziska und sag‘ es ihr, sie reagiert trotzig, vorwurfsvoll und gleichgültig. Sie wolle gleich den Rucksack packen und abhauen mit Emma, ihren Hund. Ich bitte Franziska zu bleiben bis 23.12., damit ich sie finde, wenn ich einen Platz gefunden habe. Sie willigte später ein. Wenn von Euch, liebe Leute, jemand einen trockenen Platz (unter Dach oder Vordach), windgeschützt und nicht zu abgelegen weiß, bitte ruft mich an. DANKE EUCH! Vielleicht gibt es ja ein Weihnachtsgeschenk in Form einer trockenen Bleibe für Franziska. Der Donnerstag heute begann mit einem Telefonat, ich muss D. von den Streetworkern sagen, dass P. den Entzug nicht macht, er ist genauso enttäuscht. Nutzt aber nichts, jetzt nach vorne schauen, und all denen die unsere Hilfe brauchen und annehmen, helfen. Um 9.30 Uhr ab ins Lager, Robert hilft mir heute beim Brot und Gebäck, Obst und Gemüse. Elke, die normal hier hilft liegt leider krank zuhause. Gute Besserung an dieser Stelle.
Robert und ich holen die Sachen aus Haid ab und wir beeilen uns heute sehr, weil wir wissen, es wird knapp werden mit all den Vorbereitungen. Zurück im Lager, alles auf Genießbarkeit prüfen und neu verpacken. 170 Sackerl mit Brot bzw. Gebäck packten wir, kontrollierten Gemüse und Obst, gegen 12.45 Uhr wurden wir fertig. Es war eine intensive Zeit die 90 Minuten mit Robert, wir redeten über viele Dinge und lernten uns so wieder ein Stückchen besser kennen. Robert ist erst seit etwa 3 Wochen bei uns, und ist eine große Hilfe. Maria trudelt ein als wir fast fertig waren, Maria kümmert sich gleich um die Kühlboxen, um die Pizzen, Fische und verschiedenen Wurstaufschnitte und Leberkäse. Um all den Camembert, Brie und andere franz. Käsesorten, die wir von der Fa. Kröswang gespendet bekamen. Ein einziger Käse-Duft zieht durchs Lager, manche sagen uiuiui und glauben, dass sich jemand einer Duftnote entledigt hätte und artikulieren Widerstand indem das große Tor geöffnet wird. Heute kommt auch Tanja aus Neumarkt, die heute bei uns mit dabei sein möchte, und auch Kathi wird uns heute helfen, all die Sachen an unsere Schützlinge zu bekommen. Wir haben heute wieder Tee dabei, im neuen Warmhaltebehälter. Brigitte war beauftragt, heißes Wasser mitzunehmen, um im Lager den Tee anzurühren.
Gerade heute wurde bei ihr im Hochhaus das Wasser abgesperrt wegen reparaturarbeiten, darum war Brigitte um 14.30 Uhr immer noch nicht da, also abwarten. In der Zwischenzeit wird weiter geladen und alles eingeladen. Unsere Prinzessin Gerlinde kommt ziemlich zeitgleich mit unserer Ingrid und Barbara, drei ganz, ganz tolle Menschen, so wie ALLE in unserem großartigen Team. Ich bin schon sehr dankbar diese Menschen in unseren Reihen zu wissen. Mit solchen Menschen schafft man jede Hürde, jedes Problem wird winzig und die gemeinsame Zeit wird zu einer so wertvollen, dass man diese Zeit niemals mehr missen möchte. In dieser Weihnachtszeit ist vieles anders, ganz anders, auch bei mir. Vieles ist nur schwer verdaulich, schwer zu ertragen, vieles treibt mir Tränen in die Augen und vieles macht mich einfach nur…unendlich traurig. Aber jetzt wird wieder positiv der Zukunft entgegengeschaut, wir freuen uns alle heute auf den Nachmittag mit unseren Schützlingen, und wir verteilen heute EURE Weihnachtsschuhschachteln. Kathi und Tanja werden das austeilen der Geschenke übernehmen. Robert und Maria bei der Gefrierware, Wolfgang bei den Getränken, Brigitte im Bus bei den Lebensmitteln, Gerlinde und Barbara beim Gebäck, Tina bei den Knabbereien, Ingrid im Anhänger bei der Kleidung rundet das gesamte Bild auf. So der Plan. Der Transporter und unser ganzer Stolz, der Humer-Anhänger sind fertig beladen, das Gespann koppeln und fertig machen zur Abfahrt. Noch kurz ein Telefonat mit Herrn R. von der ÖBB, ob wir den Bus mit den Geschenken auch auf den ÖBB Grund stellen dürfen: „Ja klar, Sie wissen ja, Ein- und Ausfahrt müssen frei bleiben, sonst ist alles egal“. DANKE und lieben Dank für die tolle Unterstützung von Seiten der ÖBB. Großartig. Barbara hat ihren Bus mit allen Geschenken angefüllt, genug Geschenke für 120 Personen. Als wir Richtung Linz aufbrechen war die Stimmung etwas angespannt, niemand weiß was heute los sein wird, wie viele Schützlinge kommen werden und ob alles reibungslos abläuft. Als wir ankommen waren schon 12 Personen, allen voran wie immer, Monika. Ich hab auch mit Monika etwas zu besprechen, was ich gleich erledige. Ich stelle Monika zur Rede, ob das stimmt was mir gesagt wurde, nämlich, dass Monika die Spenden von uns verkauft, so der Vorwurf der mir zugetragen wurde. Monika bestreitet das vehement, ich glaube ihr. Unsere Covid-Vorgaben von Polizei und Krisenstab des Landes OÖ sind nach wie vor aufrecht. 2 Meter Abstand, jeweils nur 1 Person bei Hänger und Transporter, MN-Masken du Einweg-Handschuhe sowie Desinfektionsmittel.
Zu Beginn bin ich dauernd am Einfordern der Abstände, Stefan hat laute Musik mitgebracht, geht leider auch nicht, also bitte abstellen. Und die versteckte Bierdose geht bei unserer Verteilung gar nicht. Alkohol ist bei unserem Bus absolut verboten. Harry ist wieder der 2. in der inzwischen lange gewordene Reihe und schimpft über … andere. Wie jede Woche! Manche kennt man ja, weil sie jede Woche fast die gleichen Dinge machen. 16.05 Uhr, es geht los, wir fangen an. Die ersten Nächtigungsjetons werden abgefragt, ja, kannst du haben, jeder bekommt heute 3 Jetons im Wert von € 12,-, für 3 warme Nächte in der Notschlafstelle. Alle sind heute ausgesprochen dankbar, viele haben keinen Cent mehr eingesteckt, könnten sich keine Nacht mehr kaufen, wären dazu verurteilt auf der Straße zu schlafen, wie viele andere. Ich bin dauernd am Einfordern der Sicherheitsmaßnahmen, muss immer wieder ganz nach hinten laufen obwohl ich vorne gebraucht werde. Die gesamte Länge der Reihe, bis ganz nach hinten zur Parkgarage, Wahnsinn, welche Länge.
Gegen 17 Uhr besuchen uns Sr. Lydia und Sr. Martha, beide kümmern sich auch um Franziska. Ich freue mich riesig über diesen Besuch, ich erzähl ihnen, dass Franziska den Platz beim Parkbad räumen muss, all ihre Befürchtungen wurden jetzt wahr. Wir unterhalten uns blendend, die beiden Schwestern werden nächste Woche die Gulaschsuppe kochen und uns bringen, zusätzlich bekommen wir Haschee Knödel gespendet, also wird für jeden etwas Warmes dabei sein. Speziell wo zurzeit die Wärmestube, eine wichtige Anlaufstelle für die Obdachlosen geschlossen hat. Sr. Lydia drückt mir noch 2 gespendete Schlafsäcke in die Hand, bevor sie sich wieder verabschieden. Ein Besuch, der wirklich tief in der Seele gutgetan hat. Speziell in dieser Zeit, wenn man alleine ist, viel Zeit mit sich selbst verbringt und über weite Strecken niemanden zum Reden hat. Manchmal schnürt es mir schon sehr den Hals zu, wegen diverser Umstände. Die Zeit vergeht wie im Flug, als ich nachfragte, war es 18Uhr, wir packen heute fast pünktlich zusammen, alles ist schnell eingeladen. Abfahrt Richtung Ansfelden, noch ein Anruf, der kommt: „Hier ist der Zentralbetriebsrat der Voest, wir würden gerne für Ihren Verein spenden…..“ Toll, wir sind schon gesegnet über unsere Spender/innen, ich bin so unsagbar stolz, dass IHR nicht wegschaut und uns ermöglicht, dass wir helfen können. Vielen, herzlichen Dank und eine tiefe Verneigung vor all unseren Spendern/innen und Wegbegleitern/innen.
Viele Freudentränen gab es heute bei der Verteilung der Weihnachtsgeschenke. Eine Frau hatte nur noch löchrige Sommerschuhe an, wir gaben ihr neue Winterstiefel und auch noch ein Weihnachtsgeschenk, von EUCH! Sie weinte vor Freude, und zeigte immer wieder auf Ihre neuen Stiefel runter…schaut wie toll sie ausschauen und sie tragen sich so fein. Und solche tränenreichen Situationen gab es heute viele, Martin machte sein Geschenk auch gleich auf, darin ein neuer Winterparka, der aber viel zu groß war, also darf er sich noch ein Weihnachtsgeschenk holen, Jackpot, 3 Packerl Zigaretten, Löskaffee, Maxiticket usw., ein tolles Paket, er freut sich sehr, und wer Martin kennt, der weiß wie glücklich Martin jetzt ist, 3 Packerl Zigaretten für jemand der keinen Cent an Leistungen bekommt, keine Versicherung hat, das ist ein großartiges Geschenk. Er geht glücklich weg von unserem Bus. Auch Mario, der jetzt ein gefühltes Jahr nicht bei uns war, er hat sein Versprechen gehalten und schaute nur zum Reden bei uns vorbei. Weihnachtsgeschenk bekommt er trotzdem. Es war heute ein toller Tag, mit vielen, verschiedenen Erlebnissen…Gesprächen! Als wir in Ansfelden ankommen, wird alles wie gewohnt ausgeladen, eingelagert, und dann noch kurz abgefragt, wer welche Eindrücke gesammelt hat. Welche Erfahrungen jede/r machte heute, alle durchwegs positive, nur schöne Begegnungen. Einfach ein toller Tag mit tollen Menschen, wenn es auch am Rande der Gesellschaft ist, wissen wir was wir an unseren Schützlingen haben. SCHÖN DASS ES EUCH GIBT! Auch wieder einen besonderen Dank an Euch, liebe Spender/innen, dass ihr uns auch diese Woche unsere Aktion möglich gemacht habt. Eine tiefe Verneigung für all Eure Spenden und Gaben. Ein aufrichtiges DANKE und VERGELT’S GOTT gilt heute unserem gesamten TEAM, das Woche für Woche großartige, professionelle Arbeit macht und auf die ich sehr, sehr stolz bin. Bei mir im Kopfhörer läuft gerade Still, still, still von Peter Alexander und ich bin nach 3 Stunden (!) Text auch bald am Ende des Tages angelangt. Ein paar Dinge müssen heute noch getan werden, die Geschenks Lieferung für das Welser SWS zusammenzustellen z.B., ich merke wie mir all die letzten Wochen in den Gliedern sitzen, mich zu Boden ringen, ein paar Tage noch durchhalten und dann das Christkind langsam ankommen lassen, bis dahin vergehen aber noch ein paar Tage mit ganz viel Arbeit. Euch eine gute Nacht und DANKE für Eure Aufmerksamkeit. Gott segne Euch! 🙂 ❤