Im Boden versinken!
Diese Woche begann...
...wie die letzte endete. Mit viel Arbeit, mit diversen Anfragen und mit der Vorfreude auf unsere 2 Vorträge diese Woche. Montag stand zuerst die Fahrt nach Deutschland, nach Simbach/Inn auf dem Programm. Beim Rossmann (Deutsche Drogeriekette), wo wir schon seit Jahren günstigst einkaufen, haben wir Hygieneartikel bestellt, die wir heute abholen. Die Fahrt dorthin bezahle ich aus meiner privaten Tasche damit die Spendengelder für den Einkauf dringend benötigter Artikel bleiben. Seit Jahren praktiziere ich die Einkaufsfahrten so. Diesmal fahren Maria und Matej mit, um mir beim Ein- und Ausladen behilflich zu sein. Einen ganzen Transporter alleine vollzuladen, ist mir mittlerweile zu schwer geworden, deshalb die tolle Hilfe. Theresa, die Filialleiterin dort kommt uns wieder mit allen zusätzlichen Vergünstigungen entgegen, zum Super-Sparpreis gibt es nochmal -10% und dann noch dies und das, wir fühlen uns dort sehr wohl, weil man uns wirklich in vielen Belangen sehr entgegenkommt. Auch dass wir solche Mengen überhaupt bestellen dürfen, ist keine Selbstverständlichkeit, aber bei Theresa Programm. 1 Woche vorher sendet mir Theresa die für die nächste Woche gültigen Werbefolder, damit ich gut vorbereitet bestellen kann. Diesen Dienst, den uns Theresa hier zur Verfügung stellt, ist überaus großzügig und erwähnenswert. Um 7.50 Uhr weggefahren, um 15 Uhr zurück, neben Rossmann haben wir noch Aldi-Süd und Lidl abgeklappert, um auch auf dem Lebensmittelsektor einige Schnäppchen mitzunehmen, die es mittlerweile nur noch spärlich in Österreich gibt, wie z.B. Sonnenblumenöl. Das Angebot ist in Deutschland einfach ein wesentlich anderes, ein viel Attraktiveres und Günstigeres. Hier schlagen wir regelmäßig zu.
Am Dienstag früh auf zu den Marcher Fleischwerken (früher Landhof Linz), um den bestellten Leberkäse abzuholen, und um wieder großartige Spenden einzuladen. Die Marcher Werke sind uns sehr gewogen, mittlerweile haben wir insgesamt etwa 8 Paletten mit Grillwürstchen und Berner Würstel bekommen, eine riesige Menge, die wir im Tiefkühllager lagern. Vielen herzlichen Dank und Vergelt’s Gott für die großartigen Spenden. Den Leberkäse bringe ich mit der Spende gleich ins Tiefkühllager.
Um 10 Uhr habe ich mit Michael vereinbart am Terminal zu sein, um ihm mit Tipps zu helfen. Michael braucht aber nicht nur Tipps, sondern unbedingt eine Begleitung zum AMS, zur Krankenkasse und zu seinem Hausarzt. Das alles kann ich leider heute nicht leisten, da mein Kalender übervoll mit Terminen ist. Ich rufe vom Terminal noch Sr. Lydia an, ob sie eventuell hier behilflich sein könnte, sie sagte sofort zu. Die Beiden vereinbaren einen Termin am Mittwochvormittag, leider kam Michael inzwischen ins Krankenhaus, niemand kann sagen was passierte, wir warten dringend auf Informationen. Meikel liegt ja auch schon 1 Woche im Krankenhaus, und niemand kann uns sagen warum. Sr. Lydia wird sich um Michael kümmern, wenn er wieder aus dem Krankenhaus entlassen ist. Bei meinem Besuch am Terminal am Dienstag lag Günther auch bei den anderen, ich bin erschrocken wie aufgeschwemmt sein Gesicht ist, und wie gleichgültig er sich gibt, schrecklich.
Nach dem Terminal fahre ich die 3 Dienstags-Billa-Märkte ab, um die Spendensackerl abzuholen. Zwischendurch ein Anruf, wie hätten wieder eine „Schenkung“, Schokolade, viel Schokolade, nehmen Sie diese Hr. Kreische? Ja, ich nehme sie gerne, da wir Schokolade gar nicht kaufen dürfen. Nach den Billa Spendensackerl fahre ich nach Asten und hole die Schokolade ab. Eigentlich wollte ich heute zu Mittag zu Hause sein, um mich noch bestens vorzubereiten, auf den Vortrag am Abend. Die Linzer Lions Biophilia baten uns und wir kommen. Für Barbara muss ich noch etwas ändern in der Präsentation, und dann nochmal auf den Stick abspeichern, und die Unterlagen nicht vergessen. Um 16.30 Uhr holt mich Barbara ab, Um 18 Uhr geht’s los. Bei Ankunft öffnet uns die Frau Präsidentin höchstpersönlich. Wir gehen alles nochmal durch und werden dann eingeladen, am Buffet teilzunehmen, was wir gerne machten. Um 18.30 Uhr gings los, und bald schon flog mir gefühlt die gesamte Präsentation um die Ohren. Da wir anhand einiger Beispiele scheinbar Falschinformationen aufgesessen sind, werden uns die richtigen Informationen jetzt gesagt. Auch was mir ein Beamter vom LKA-Oberösterreich sagte, scheint nicht wahr zu sein. Ich versinke im Boden und watsche mich grade selbst in Gedanken ab, wie so etwas passieren konnte. Ich bin sprachlos und werde die Präsentation gleich morgen umgestalten. Alle heiklen Passagen nochmal hinterfragen und mich auf keine dubiosen Quellen mehr einlassen, sondern einen 100% Faktencheck machen und jede noch so kleine Info nochmal auf den Prüfstand stellen, bevor wir nochmal Falschinformationen verbreiten, so etwas darf nicht passieren, ist jetzt aber leider geschehen. Wir werden alles verantwortungsvoll überarbeiten und neu gestalten. Bitte um Entschuldigung an dieser Stelle, so etwas darf nicht passieren und wird nicht mehr passieren. Der Abend selbst ist für alle anderen Teilnehmer/innen ein halbwegs „gelungener“, ich selbst könnte am liebsten im Boden versinken und schäme mich abgrundtief.
Mittwoch früh, der nächste Vortrag, Barbara hat in der Nacht noch die ganze Präsentation überarbeitet und einen völlig anderen Zugang eingefügt. Bravo, tolle gemacht liebe Barbara. So wurden alle fehlerhaften Informationen gleich vorweg aus dem Vortrag genommen. Die Klasse in der Sozial- und Pflegeschule lauschte aufmerksam unseren Worten, und an manchen Stellen sind sie entrüstet. Auf Initiative von Sr. Katharina Elisabeth wollen die Schüler eine Spendenaktion für uns bei einem Geschäft machen und zu Weihnachten wollen sie selbst Weihnachtsschuhschachteln machen und diese dann selbst an die Obdachlosen verteilen. Tolle Pläne. Der Vortrag heute war genial gestaltet von Barbara und kam auch großartig an. Ich habe mich riesig gefreut nach dem Desaster vom Dienstag.
Nach dem Vortrag geht es zur GWG, um den Schlüssel für die angebotene Wohnung zu holen. Barbara und ich schauen uns dann zusammen die Wohnung an, die uns angeboten wurde. Wir kamen in die Wohnung und waren geschockt, eine Mauer völlig nass, Fenster kann man nicht schließen, das gesamte Bad und WC kaputt, der Boden kaputt, scheinbar angezündet. In diesem Zustand mieten wir diese Wohnung bestimmt nicht, ich bringe den Schlüssel zurück und zeige der Dame am Schalter die Fotos von der Wohnung, die den Zustand nicht kannte. Ich schicke der Dame die Fotos und reklamiere, dass ich die Wohnung so nicht nehmen kann. Die Wohnung wird saniert und steht dann ab 1.7.2022 für uns zur Verfügung. Diese Wohnung wird wichtiger Bestandteil unserer Arbeit sein, hier werden wir temporär Obdachlose unterbringen, für 1-2 Monate, bis weitere Wege erarbeitet wurden. Diese Wohnung ist eine 36m² große Mansardenwohnung, und ein gutes Sprungbrett, für unsere Schützlinge.
Der Mittwoch ist noch nicht vorbei, heute Abend werde ich „Martin“ der bei der Raika arbeitet und obdachlos wurde, siedeln, er bekommt das Zimmer von Damian* und Gabriele*, denen wir das Zimmer entziehen mussten. Um 17Uhr hole ich Martin* beim Bahnhof ab, erkläre ihm während der Fahrt alle Spielregeln, keinen Alkohol, keine Eskalationen und keine Partys im Zimmer. Ich leihe Martin* noch € 52,- für die Öffi-Monatskarte und lasse Dieter und Martin* alleine. Zwischendurch frage ich bei Johanna nach wo der Plattenkocher von Damian* und Gabriele* ist, flog mir von Markus ein höchst unfreundliches: „Den hast du ja Johanna geschenkt“, entgegen. So möchte ich eigentlich nicht behandelt werden und so fahre ich wieder, ohne noch etwas zu sagen. Irgendwie glauben zurzeit viele Menschen, mich wie Müll behandeln zu müssen, was ich ganz bestimmt nicht zulassen werde. Ich habe mir nichts anzulasten, habe nichts getan, also kann man mich normal anreden, und mich beim Anreden auch anschauen. So ein Verhalten macht mich wütend, weil man uns hier weder wertschätzend noch respektvoll behandelt, das wird sich ändern, ganz bestimmt.
Der Verteil-Donnerstag begann für mich zuerst mit Blutabnehmen beim Hausarzt, dann ab zum Hofer, den Einkauf abholen. Und anschließend ins Lager, all die normalen Vorbereitungen erledigen und den gesamten Einkauf vom Montag vom Rossmann, einlagern und wegräumen. Barbara hat die fleißige Hilde mitgenommen, Rena kommt auch und Elisabeth ist auch gekommen, großartig, so schaffen wir alles heute. Zu Mittag belegen wir dann noch 50 Brötchen und Semmeln, dank der Schneidemaschine von Ingrid, ein Kinderspiel. Der Nachmittag verspricht schönes Wetter und hoffentlich einen ruhigen Verteiltag. Um 15.10 Uhr Abfahrt, Matej fährt mit mir mit, alle anderen sind bei Edith im Auto. Unsere Beate ist schon vorgefahren, um uns den Platz freizuhalten.
In Linz alles ausladen und den Aufbau organisieren, wobei Frau Maria*, die wir nun schon seit Anfang unserer Aktion gut kennen, sich vordrängt, wir fordern eine Rückreihung ein. Diese Dame verkennt uns mit Boutiquen, mit Feinkostgeschäften und ähnlichem. Sie hat eine Liste mit, mit allen Artikeln, die sie bräuchte. Aber zuerst kontrollieren wir ihren Einkommensnachweis. Knapp € 1300,-, um über € 300,- zu viel Pension, unsere Grenze sind € 950,-. Ich sage ihr in der gleichen Sprache wie sie uns begegnete, dass hier Schluss ist für sie. Sie echauffiert sich noch lautstark und biegt dann um die Ecke. Hier gilt das uralte Sprichwort: „Wie man in den Wald schreit, so kommt es zurück“. Wenn man uns freundlich und wertschätzend begegnet, finden wir andere Wege, so aber behalten wir alle Tipps für uns und lassen diese „Dame“ ziehen. „Ah, nein, das kann ich nicht essen, nein, dass da auch nicht, aber das da hinten und von dem bitte 10 Packungen usw.“. Nervend und völlig daneben, deshalb beendeten wir dieses „Schauspiel“. Man muss auch wissen, dass wir schon vieles aushalten mussten von dieser Dame: „Ich war 1 Woche im Krankenhaus, weil ich Lebensmittelvergiftung von Eurem Dosen-Fisch hatte“. Hätte diese Dame wirklich eine Lebensmittelvergiftung gehabt, wäre ganz gewiss sofort die Polizei bei uns gewesen, so aber blieb es lediglich bei ihrer „Aussage“. Und wenn man 4 Jahre lang solche Beispiele vorgesetzt bekommt, mag man irgendwann nicht mehr, und das war heute so. Auch Hansi kommt heute, leicht angeheitert, was wir vom langen Hansi eigentlich nicht kennen. Einige neue Besucher sind auch da, und solange sie keinen Einkommensnachweis brachten, gibt es lediglich Lebensmittel, und keine neue Kleidung. Einer der immer im Trainingsanzug kommt, hätte gerne eine neue Trainingshose, ich sage ihm: „Wenn diese hier kaputt sein sollte, dann bekommt er eine neue, so aber gibt es keine, das gleiche mit den Turnschuhen, er hat fast neue Turnschuhe an. So funktioniert das nicht, wer etwas dringend benötigt, bekommt das auch, aber nicht auf diese Weise, nur weil jemand eine 2. Trainingshose haben möchte. Das sind Spenden, mit denen Verantwortungsvoll umzugehen ist.
Franziska und ihre Emma sind auch da, und die „Gute“ möchte eine Strickweste haben, die ihr um 3 Nummern zu groß ist, und als unsere Beate das zu Franziska sagt, wird Franziska aggressiv und patzig, ich weise ihren Ton zurück und fordere Respekt ein. Ich gehe weg vom Kleideranhänger, sonst platze ich. Was ist denn in Franziska gefahren, so mit uns umzugehen? Die Linz-Tour am Samstag wird Gelegenheit bieten, ihr das nochmal eindringlich zu sagen, dass so ein Ton gar nicht geht. Manchmal muss man sich rhetorisch drastischer formulieren, damit manche Menschen es auch verstehen, was wir erreichen möchten. So lassen wir einfach nicht mehr mit uns reden, damit ist ab sofort Schluss.
Plötzlich steht die Polizei vor mir und fragt nach dem „Walter“, das bin ich quittiere ich deren Frage. Wir bräuchten bitte dringend Günther P., wegen einer Zeugenaussage, am Terminal wurde ihnen gesagt, dass die Streetworker vom B37, Günther mitgenommen haben. Ich rufe Didi von den Streetworkern an, der nichts davon weiß, er gibt mir die Nummer vom Büro und ich solle dort fragen. Dort weiß auch niemand etwas über den Verbleib von Günther. Der Polizist gibt mir seine Handynummer, ich melde mich sollte er noch auftauchen.
Als nächstes kommt Damian*, ich händige ihm seinen Rucksack mit seinen Sachen aus, der noch im Zimmer war. Damian* ist betrunken und stocksauer, weil er unser Zimmer wieder verloren hat. Ich diskutiere über dieses Thema nicht mehr, ich habe zu viel Energie schon reingesteckt, ich brauche Abstand zu diesem Menschen. 18 Uhr, jetzt kommen noch 2 Nachzügler, die nicht registriert sind, das holen wir nächste Woche nach, heute gibt es noch Lebensmittel, und dann packen wir alles wieder in unseren Bus und brechen auf, Richtung Ansfelden, in unser Lager. Wieder war es ein Tag in einem tollen Team, das schon vieles geschafft hat und noch vieles schaffen wird. Davon bin ich überzeugt.
In meinem Kopfhörer klingt grade der Titel: „You’re My Best Friend“ von Don Williams, und es passt genau, auf unser Team, das jeden Donnerstag großartiges leistet. Dafür großen Dank und Vergelt’s Gott, auch an all unsere Spender/innen, die uns diesen Verteil-Donnerstag erst ermöglichen. DANKE SCHÖN und Euch allen ein erholsames Wochenende und alles liebe.