Kurzer Rückblick und kleine Vorschau!
Verteil-Donnerstag vom 8.4.2021: Heute möchte ich kurz ausholen und einen Blick in unsere Vergangenheit wagen. 2011 und 2012 engagierten sich Rena und ich in einer Linzer Obdachloseneinrichtung, wenn wir Dienst hatten nahmen wir Käse und Aufschnitt mit, um den Obdachlosen eine Freude zum Frühstück zu machen.
Bald schon wurden wir aber von den dortigen Sozialarbeitern gerügt, da der Wunsch nach Käse und Wurst auch an den Tagen da war, an denen wir nicht Dienst machten. Die Sozialarbeiter dort haben uns dann verboten künftig noch etwas mitzunehmen, das war für uns der Grund, uns ein anderes Tätigkeitsfeld im Bereich der Obdachlosenhilfe zu suchen. Im nächsten Jahr, 2014 hörte ich ein Radio-Interview von Sr. Tarcisia, die 18 Jahre lang das Vincistüberl in Linz aufbaute und leitete, worum es um einen Spendenaufruf ging. Essen war aber nicht gefragt, wichtig waren damals für Sr. Tarcisia Frauenhygiene, als ich Kontakt zu ihr aufnahm bekam ich als Antwort: „Essen bekommen wir aus der Krankenhausküche, aber wir brauchen dringend Frauenhygiene, da sich unsere obdachlosen Damen schon Zeitungspapier statt Binden einlegen“. Das war für uns der Weckruf, 14 Tage vor Weihnachten machte ich den 1. Aufruf in Facebook mit der Bitte um Spenden für unsere Obdachlosen.Bis Weihnachten bekamen wir 2 große PKWs und 2 große Anhänger voll mit Hygieneartikel, haltbare Lebensmittel und Getränke, neue Unterwäsche u.v.a. zusammen. Wir brachten 1 Tag vor Heilig Abend die Spenden ins Vincistüberl und Sr. Tarcisia war glücklich, zwischenzeitlich hat sie auch von vielen anderen Seiten Spenden bekommen, aber wir waren glücklich, dass wir hier direkt helfen konnten. Unsere Überlegungen gingen weiter und wurden intensiver, weil wir in dieser 1. Aktion deutlich sahen, wie dringend nötig hier die Spenden waren. Wir wollen 2015 weiter Spenden sammeln, wenn es irgendwie geht für 1-2 Linzer Einrichtungen. Die Logistik bzw. Lagerung wird wohl das größte Problem werden. Wir hatten damals weder Keller noch Lager, wir hatten nur den guten Willen und so gut wie keinen Cent für unser Vorhaben. Zu beachten ist, dass wir damals noch kein Verein waren, sondern Privatinitiative. 2015 kam, im September kam dann auch die Flüchtlingswelle und wir sahen, dass viele Spenden in diese Richtung gingen. Wir aber hatten uns damals der Obdachlosenarbeit verschrieben, Beides wäre für uns als 2er-Team unmöglich gewesen, logistisch und finanziell unmöglich. Wir starteten dann im Anfang Oktober einen Spendenaufruf, wieder in Facebook, als Lager hatten wir zuerst unsere Wohnung, bald schon wurde unsere Wohnung zu klein, wir bekamen bald von unseren Nachbarn Garagen und Keller zur Verfügung gestellt, die wir bis an die Decke anfüllten. 179 (!) Spender/innen kamen damals in unsere kleine Wohnung, jede/r bekam Kaffee oder Wasser und fast alles haben wir an Kleidung durchgewaschen, die Waschmaschine lief damals von 6Uhr früh bis Mitternacht.
Wir konnten über weite Strecken nicht einmal mehr aufs WC gehen oder unser Schlafzimmer, war voller Spenden. Wir wurden gerade überrollt. Als 2er-Team war das der Super Gau für uns, die Arbeit stieg uns bald über den Kopf, und wir bekamen so viele Spenden, dass wir alle 4 Einrichtungen in Linz mit Spenden versorgen konnten. Was wir gerne machten, bis der Geschäftsführer einer großen Linzer Einrichtung behauptete, dass unsere Spenden gestohlen wären. Er hätte nur einen Blick auf die damalige Homepage machen müssen, dort waren alle, wirklich jedes Paar Socken abfotografiert und einem Spender zugewiesen. Er machte sich diese Mühe nicht, sondern erzählte lieber solche Sachen über uns. Konsequent stellten wir ab sofort Spendenlieferungen dorthin ein, es war auch niemand zu einem klärenden Gespräch bereit.
Weiter ging es 2016, dass wir die anderen drei Linzer Einrichtungen weiterhin mit Spenden versorgten. Im November 2016 konstituierten wir uns als Verein und wir hatten ein Lager in Traun bei der Fa. Gschiel, was wir für 1 ganzes Jahr zugesagt bekamen. Wir lieferten aber immer noch alles mit unserem Privatauto und dem geliehenen Anhänger von Helmut Sandberger an die Einrichtungen. Unser Auto wurde oft geschunden, es litt sehr darunter. 2017 sammelten wir wieder ab September Spenden für unsere Schützlinge, zuerst mussten wir erfahren, dass eine weitere Linzer Einrichtung der wir unsere Spenden anvertrauten, unsere Spenden an die Obdachlosen VERKAUFTEN! Na Bumm! Zuerst wurde alles vom Leiter dieser Einrichtung abgestritten, bis wir die schriftlichen Aussagen von 3 Obdachlosen bekamen, die diese unbegreiflichen Vorgänge alle bestätigten. Wir stellten sofort auch alle Spendenlieferungen dorthin ein und wollten an höherer Stelle in Erfahrung bringen, 1. Wieviel Geld wurde aus dem Verkauf unserer Spenden lukriert und 2. Was wurde mit dem Geld gemacht? Auch 2 Gesprächstermine bei der OÖ Vorsitzenden dieser Einrichtung brachten keine Antworten. Weiter ging es dann 2018, Sr. Tarcisia muss das Vincistüberl abgeben und muss ins Mutterhaus nach Wien. Die damalige Verantwortliche für das neue Konzept lud uns zu einem Gespräch, auch die neue Leiterin des Vincistüberls war anwesend, es war über 2 Stunden die Rede von Kürzungen, Streichungen und Einschränkungen mit dem Verweis: „Aber mit Ihren Spenden, Hr. Kreische rechnen wir fest“.
Für uns starker Tobak, ein NoGo, auf dem Rücken der armen und obdachlosen Menschen zu kürzen und dann noch darauf vertrauen, dass ich mich zum Handlanger für Kürzungen mache. So nicht! Wir sagten ab für weitere Spendenlieferungen, und überlegten uns wie unsere Schützlinge keinesfalls darunter leiden. So wurde der Verteil-Donnerstag geboren, am 15.8.2018 standen wir zum 1. Mal in Linz und wir hatten 32 Menschen beim Bus, die sich Lebensmittel holten. Seither standen wir an 117 Donnerstagen in Linz und verteilten Spenden an unsere Schützlinge. Wir hatten von Beginn an viel Gegenwind, wenig Freunde bei den anderen Obdachlosen-Vereinen und noch viel weniger Menschen, die an uns glaubten. Inzwischen stellen wir unseren Namen, unseren Verein, unsere Aktion täglich auf den Prüfstand und beweisen uns jeden Tag neu. Wir wollen transparent und für jeden Menschen ersichtlich arbeiten, wollen Euch zeigen was wir alles machen, wohin Eure Spenden geliefert werden und wer von Euren Spenden profitiert. Für uns ein immenser Aufwand, aber das sind wir Euch schuldig und so muss es auch sein. 2017 kam auch zum 1. Mal unsere Weihnachts-Schuhschachtelaktion dazu.
Über 600 Pakete sammelten wir im 1. Jahr und brachten diese in die Einrichtungen und verteilten diese auch am Donnerstag. Hier war eine Freude über die Geschenke, dass ich es kaum in Worte kleiden kann. 2017 hatten wir auch die 1. Weihnachtsfeier für und mit den Obdachlosen beim Verein Miteinander, dort durften wir den veranstaltungsraum nutzen, und es war ein Erlebnis! Es gab gutes Essen, es gab viele Geschenke und wir sangen und verbrachten einen tollen Heiligen Abend miteinander. Zu Sr. Tarcisias Zeiten im Vincistüberl waren wir gemeinsam in der Kapelle der Barmherzigen Schwestern, lauschten dem Gottesdienst und anschließend saßen wir noch in Vincistüberl gemeinsam zusammen. Bald schon kam der Wunsch von vielen Seiten, über Armut und Obdachlosigkeit etwas mehr erfahren zu wollen. So gingen wir in Schulen und Verein, in Firmen und Kindergärten und erzählten den Menschen von unserer Arbeit und von verschiedenen Schicksalen. Wir decken mittlerweile ein so breites Gebiet ab, dass es alleine nicht mehr zu schaffen ist. Seit 2019 fahre ich zusätzlich zu der ganzen Lagerarbeit, zu all den Spendenlieferungen und Abholungen abends noch zu den Hotspots nach Linz, um unsere Schützlinge, die nicht zu unserem Bus kommen können, ebenfalls zu versorgen.
Diese Touren dauern von 18Uhr bis 22.30 …. 23 Uhr, und alles nebenbei. All die Lagerarbeiten im Kühllager werden von mir nur selten erwähnt, auch all die restlichen Arbeiten, die ich unter der Woche meist alleine oder zu zweit erledige. Heute kann ich sagen, dass ich seit Oktober 2019 bis heute, 8. April 2021 „sagenhafte“ 12 Tage Freizeit hatte. Nicht sehr viel, und das merke ich heute und ich weiß, dass ich schnellstens leiser treten muss, weil es mich sonst bald nicht mehr geben wird. Über eines bin ich wirklich glücklich! Menschen wie Euch als Wegbegleiter/innen, als treue Spender/innen, als moralische Instanz im Rücken zu wissen. Es stärkt ungemein, aber, wenn man einmal angeschlagen ist und über weite Strecken keine Ideen mehr hat, keine Regeneration mehr hat, dann zeigt das irgendwann die Lage, in der man ist, auch wenn man diese in dieser Form nicht sehen will. Ich werde mich immer für Obdachlose einsetzen, werde immer helfen wo ich kann, weil mein Herzblut in dieser Hilfe steckt. Ich werde nicht aufgeben, schon gar nicht jetzt, wo wir so ein tolles Team haben und alle an einem Strang ziehen und wissen, für wen und was wir unsere Aktion machen. Und wir sehen jeden Tag aufs Neue, wie wichtig unsere Aktion ist. Viele, viele Menschen da draußen verlassen sich schon auf unsere Hilfe, schon alleine deshalb ist Aufgeben keine Option. Wir machen weiter, auch wenn es vielen lieber wäre, wenn es uns nicht mehr gäbe. Unser Verein verteilt mittlerweile Lebensmittel- und Sachspenden im Gesamtwert von über € 500.000,-, stellt weit über 100 Spendenlieferungen im Jahr in die Einrichtungen zu.
Wir beliefern 18 Einrichtungen in O.Ö., 5 Einrichtungen in der Stadt Salzburg, 2 Einrichtungen in Graz und zwei in Wien, alles Einrichtungen die selbst keinen Cent an Förderungen bekommen, so wie wir. 2019/2020 wurden von unserem Team über ca. 10.500 ehrenamtliche Stunden geleistet, knapp 25.000 km gefahren und viel Herzblut vergossen. Unser Bestreben bleibt auch weiterhin, direkt zu helfen, OHNE UMWEGE! Warum ich das hier schreibe? Weil es wieder einmal Zeit ist, Euch DANKE und VERGELT’S GOTT zu sagen.
Unser Verteil-Donnerstag diese Woche hat keine guten Chancen auf Sonnenschein, Schnee war für heute vorausgesagt, gestern schon bekamen wir eine Kostprobe, wie es heute sein könnte. Heute früh, alles weiß und kalt, nein, bitte keinen Winter mehr. Eiskratzen, Schneeschaufeln und Einkauf beim Hofer abholen, wie immer donnerstags. Ab ins Lager, wo Stefan wartet, der glücklicherweise wieder zu uns zurückgekommen ist, Ulli und Barbara kommen heute früh auch noch. Gestern noch war ich zum Essen eingeladen und ich saß ich mit unserer Barbara zusammen und wir probierten die neue Lagersoftware aus, es schaut nun endlich nach einer guten Lösung aus, Gottseidank! Heute fuhr Ulli mit nach Haid, wo wir heute ganz viele tolle Lebensmittel für unseren Nachmittag bekamen. Vergelt’s Gott. Zurück im Lager alles durchschauen und sortieren, Leberkäse und Wurst aufschneiden, Schinken neu verpacken, Kartoffelpuffer neu einpacken und portionieren, Käse aufschneiden und kühlen.
Zu Mittag ein Anruf, wo ich wieder als jemand hingestellt werde, der leichtsinnig mit Obdachlosen umgeht, weil ich Dominic die Tabletten vor 14 Tagen besorgte. Die „Dame“ fand es nicht einmal der Mühe wert MICH direkt anzurufen, sondern eine gemeinsame Bekannte anzurufen um sich dort über mich auszulassen. Warum müssen die Menschen immer über jemanden mit dritte, nicht involvierte Menschen reden und hetzen? Ich werde es nie verstehen. Diese „Dame“ wollte mich nicht anrufen: „weil Sie mich nicht kennt“. Und deshalb schimpft man ganze Tiraden über jemanden, von dem man nicht einmal bereit ist, den genauen Ablauf zu erfahren? Typisch für Menschen, die unsere Arbeit weder kennen noch respektieren, sonst wüssten sie, dass wir immer nur das Beste wollen. Vielen ist das aber egal, so scheint es. Egal, weiter mit den Vorbereitungen, es schneit immer noch und es ist aber schon 14.30 Uhr, schaut nicht gut aus, egal wir freuen uns auf unsere Schützlinge.
Um 15.10 Uhr Abfahrt nach Linz, bei der Ankunft warten etwa 10 Menschen auf uns. Wegen dem Wetter lassen wir einiges gleich im Auto von „ProntoPronto“ Barbara, und geben es von dort aus. Um 16.10 Uhr legen wir mit der Ausgabe los, und die Nächtigungsjetons für die Notschlafstelle, die wir donnerstags immer verteilen gehen wieder weg wie die warmen Semmeln, am Schluss werden es 52 Nächtigungsjetons sein, die wir an unsere Schützlinge ausgeben, wo jeder einzelne € 4,06 kostet. Auch teilen wir heute wieder 2 Zigaretten für jeden Raucher/in aus, was sehr gerne angenommen wird. Es gibt heute auch wieder heißen Tee, Torte, Krapfen und ganz viele Köstlichkeiten. Auch dieses Angebot wird sehr gerne angenommen. In der Reihe ist eigentlich große Disziplin, bis C. kommt und rebelliert, weil ich ihn ermahne, dass es bei unserem Bus keinen Alkohol gibt, ich drehe mich um und wieder trinkt er aus der Dose die er in seiner Jacke hat.
Ich gehe ein weiteres Mal zu ihm und sag ihm, dass es so nicht geht. Im angemessenen Ton und der dazugehörenden Mimik nahm er mich jetzt endlich ernst. Sonst ist alles O.K., alle sind sehr dankbar, ein junger Mann, so um 25 Jahre alt, seit letzter Woche Obdachlos und ziemlich fertig mit den Nerven, bedankt sich gefühlte 20 Mal für die wer5tschätzende Art und all den Lebensmitteln. Alles ist gut, alles! Er zerdrückt eine Träne und sag ihm noch, dass wir jeden Donnerstag hier sind und er jede Woche kommen kann, was ihn sichtlich etwas beruhigte. Diese tiefe Dankbarkeit liebe Leute, am liebsten würde ich den Menschen in den Arm nehmen und mit ihm heulen, doch muss ich mich jetzt noch 1-2 Stunden „stark“ zeigen, damit ich reagieren kann, sollte etwas sein. Herr R., seines Zeichens einer der Verantwortlichen der ÖBB, die uns dankenswerterweise diesen tollen Platz zur Verfügung stellen, kommt vorbei und geht fast unerkannt an mir vorbei, an seiner Haube erkannte ich ihn erst spät, was mir aber sehr wichtig war auch hier DANKE zu sagen, weil auch das großartige Engagement der ÖBB nicht selbstverständlich ist. Vielen Dank für diese tolle Unterstützung. Was zurzeit noch ungewohnt ist, dass es so hell ist, wenn wir zusammenräumen, das ist schon klasse. Im Lager wird alles wieder gemeinsam ausgeladen und eingelagert, ziemlich flott geht das heute vor sich, um 19.15 Uhr bin ich schon auf dem Heimweg, was sehr selten ist.
Und seit 20 Uhr sitze ich nun bei diesem Bericht, seit etwa 2,5 Stunden und es wird nochmal eine lange Nacht die irgendwann lange nach Mitternacht enden wird. Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit, für Eure Zeit und Euer Interesse. Danke für alles was Ihr für uns macht. Ein besonderes Danke heute an unser gesamtes Team, ich bin glücklich über jede/n Einzelnen im Team, fühlt Euch virtuell in den Arm genommen und lauscht meinem aufrichtigen DANKESCHÖN, es kommt tief vom Herzen. Im Kopfhörer der Titel "Geh wohin Du willst, wohin der Wind dich treibt" von Truck Stop, Gänsehautfeeling. Euch allen eine gute Nacht und alles liebe. 🙂 <3