Neue Schicksale, neue Gesichter …
VERTEIL-DONNERSTAG 18.2.2021: ...viele neue Menschen auf dem Weg in die Armut bzw. Obdachlosigkeit. Woche für Woche sehen wir und stellen immer wieder fest, dass Menschen zu unserem Bus kommen, die finanziell mit dem Rücken zur Wand stehen.
Einige davon haben vor Tagen, manche schon vor Wochen ihren Termin für die Delogierung/Rückgabe der Wohnung bekommen. Vielen Menschen sitzt die nackte Angst im Gesicht und der Gerichtsvollzieher auf Schritt und Tritt im Nacken. Wenn vor Corona das Geld gerade so reichte für das Notwendigste im Leben, so ist es durch Corona um eine gewichtige Spur schlechter geworden. Viele wurden 2020 wegen Corona gekündigt, viele wurden mit Lohnkürzungen in die Kurzarbeit geschickt und deshalb wissen zurzeit viele nicht mehr weiter. Lösungen gibt es so gut wie keine und die Aussichten werden auch immer trüber. Teile der Gesellschaft, viele, viele Menschen haben keine Ahnung wie es weitergeht. Teilweise sind die Menschen mit 4-5 Mieten im Rückstand, mit den Betriebskosten schaut es nicht anders aus. Die Menschen sind in die Ecke gedrängt, mit dem Rücken zur Wand und wissen buchstäblich nicht mehr weiter. Zuschüsse, einmalige Sonderzahlungen, Förderungen, all das gibt es für Otto-Normalverbraucher nicht, auf die Menschen und ihre Angst, vergisst man total. Arbeiten wollen alle, nur, in Zeiten wie diesen gibt es fast keine neue Arbeitsstelle von der man auch halbwegs leben könnte. Die Firmen die keine Kurzarbeit oder keine Auftragseinbußen durch Corona haben, haben ihr fixes Personal und stocken jetzt auch nicht auf. Fast die gesamte Gastronomie steht seit Monaten still, den Menschen die eigentlich immer Opfer brachten indem sie Samstag und Sonntag gearbeitet haben, die schickt man in Kurzarbeit oder kündigt sie. Dass die Gastronomie zum Teil von Trinkgeldern lebt, die jetzt natürlich ausbleiben, ist auch eine Tatsache. Es gibt so viele Branchen denen es jetzt an den „Kragen“ geht, aber warum lässt man die Menschen in ihrer Existenzangst und in ihrer Verzweiflung alleine? Wie soll jemand, der/die seit 4-5 Monaten keine Miete inkl. Betriebskosten zahlen KANN, jemals noch auf die Beine kommen?Wie sollen die Menschen diesen Spagat je schaffen? Auch wenn jetzt hoffentlich Corona bald einmal der Vergangenheit angehört, die Leute, so sie einen Job finden, verdienen ja nicht so viel, dass sie all diese Schulden schultern könnten. Sie hatten vor Corona nicht viel, konnten nichts auf die hohe Kante legen, aber es reichte zum Leben, und jetzt wird die Ecke immer enger, in die diese Menschen getrieben werden. Wir sehen es ganz oft, wie verzweifelt die Menschen sind, es kommen jede Woche viele neue Menschen zu unserem Bus und ich fürchte, die Fahnenstange ist noch längst nicht erreicht. Heute waren es 94 Menschen, die zu unserem Bus kamen, viele davon schämen sich, weil sie auf dem direkten Weg in die Armut sind und nicht mehr wissen, wie es weitergehen kann. Einige stehen kurz vor der Delogierung, manche sind schon delogiert und die Wenigsten können bei Freunden oder Familie unterkommen.
Ab und zu kommen Eltern mit Kindern zu unserem Bus, die seit Tagen nichts gegessen haben und bedanken sich gefühlte 100-Mal bei uns. Natürlich liebe Leute, natürlich bekommen diese Menschen, denen es gerade richtig schlecht geht finanziell, von uns Lebensmittel, auch wenn sie (noch) nicht obdachlos sind, arm und vom Leben gebeutelt sind sie auf jeden Fall. 94 Menschen, die zur Monatsmitte zu unserem Bus kommen und sich Lebensmittel holen, erschreckend diese aktuelle Zahl. Und, glaubt mir liebe Spender/innen und Wegbegleiter, die Dunkelziffer ist höher, viel höher, denn diejenigen, die sich schämen ob ihrer Armut, kommen gar nicht oder nur sehr zaghaft zu unserem Bus. Wir geben unser Bestes, tun was wir immer machen, HELFEN! Aber die aktuelle Situation macht auch mir Angst, denn niemand sagt etwas, wie es für die Menschen in dieser Lage weitergeht. Corona ist das Eine, das Leben DURCH Corona, das Andere. Bitte liebe Leute, schaut hin, helft den Menschen, sie brauchen es wirklich dringendst. Dass wir keine 4-5 Monatsmieten inkl. Betriebskosten bezahlen können für eine Familie, ist leider so, dass würde unseren Rahmen sprengen, aber wir wollen niemanden hungern oder frieren lassen, wenngleich bei vielen schon Strom und Wasser abgedreht wurde und nur mehr das nackte Dach übern Kopf haben.
Glaubt mir liebe Leute, echt schlimm wenn eine Frau, eine Familie vor dir steht mit Tränen in den Augen und um Hilfe bittet. Auch sie wollen wertschätzend behandelt werden, was wir ohnehin tun, aber in diese, unsere Wertschätzung mischt sich die Scham über die Armut der Betroffenen, ein widerlicher Gefühlszustand, sich für etwas schämen zu müssen, wofür man selbst nichts kann. 94 Menschen, die heute den Weg zu uns fanden, und wie viele kommen erst gar nicht zu uns? Deshalb fahre ich zurzeit fast jede Nacht aus und tauche in die Linzer Nacht ein, weil viele arme Menschen nachts unterwegs sind, die Mülleimer zu durchsuchen oder in die Container hinter den Geschäften klettern, obwohl es verboten ist, nur um etwas Essbares zu finden. Einige von den Menschen, die kurz vor der Delogierung stehen, holen sich auch Tipps von Obdachlosen, oder wandern teilweise mit ihnen durch die Nacht und lernen halt so auf schnellstem Wege die Möglichkeiten kennen, die es noch gibt, es sind nicht mehr viele, aber ein paar. Diese Woche begann mit einem Mail einer großen Firma, die wiederum große Firmen, ganze Ketten, mit Lebensmittel versorgen. Durch meinen Freund Christian Krainz, meldete sich eine Firma wo wir tolle Frischware bzw. Tiefkühlware gespendet bekommen. Am Montag bekam ich eine Mail mit all den Waren, die verteilt werden und heute, Donnerstag hat mir Hr. L. von Transdanubia schon gesagt, „deine Ware ist bei uns im Lager“. Klasse!
Es ist einfach großartig, wenn wir von tollen Firmen Lebensmittel oder Spenden bekommen, die wir in all die Einrichtungen bringen können und diese auch jeden Donnerstag an unsere Schützlinge verteilen dürfen. Vergelt’s Gott an alle Unterstützer/innen, alle Firmen und alle Gönner/innen. Eine tiefe Verneigung vor EUCH! Der Dienstag war geprägt von Telefonaten, Mails und Terminen und am Abend mit der üblichen Linz Tour zu unseren Schützlingen, zu den Hotspots, zu den Obdachlosen die es nicht schaffen, am Donnerstag zu uns zu kommen. Die Tour begann wie immer um 18Uhr und endete um 22.30 Uhr. Sandra, die mich begleitete war sichtlich verwundert über die verschiedensten Schicksale, die Situationen der Obdachlosen, wenn sie wirklich in der Kälte schlafen müssen. Sandra wünschet sich diese Linz Tour, weil sie Thomas kennt und entfernt mit ihm verwandt ist. Beide waren froh, dass sie diese Möglichkeit des Treffens hatten. Der Mittwoch begann wie jede Woche im Kühllager und Tiefkühllager, dann bei uns im Lager noch viel Liegengebliebenes aufarbeiten, Postpakete öffnen und die Lebensmittel einlagern. Ein neues Kleiderwagerl für unseren Anhänger kam auch per Post, was ich dann gleich im Lager zusammenbaute, damit unsere Ingrid es heute Donnerstag gleich nutzen kann. Das alte Wagerl hatte ausgedient, war kaputtgegangen, deshalb das Neue. Mittwoch gleich noch Obst und Gemüse bei meinem Lieblings-Hofer in der Dauphine Straße bestellen, Karin nahm die Bestellung auf und sorgt dafür, dass wir es pünktlich bekommen. Klasse Service, wir haben bei diesem Hofer immer ein tolles Gefühl herzlich willkommen zu sein, was in anderen Filialen nicht immer so ist. Karin, Manuel, Martina und alle anderen, es sei hier einmal gesagt, DANKE für alles was Ihr für uns macht!
Heute Donnerstag früh, wie erwähnt, die Bestellung beim Hofer abholen, ab Richtung Lager Ansfelden, wo Robert bald kommen wird. Markus hatte gestern Abend schon von Roman aus Sierning etwas Obst und Gemüse geholt und mir gebracht, alles jetzt aus dem Transporter ausladen und durchschauen. Alle Rollwagen aus dem Lager herausstellen, Kartonagen zerkleinern, die großen Kunststoffpaletten einladen und für die Fa. TAB im ASZ entsorgen und…und…und. Nachdem wir Brot und Gebäck holten kam auch unsere Verena ins Lager, um uns zu unterstützen bei der Durchsicht. Alles ging richtig Propper, eine gute Stimmung und die Vorfreude auf unseren Verteil-Donnerstag war deutlich zu spüren. Zu Mittag hatten wir schon +12,5° und Sonnenschein, um 15.16 Uhr Abfahrt nach Linz, heute zum 1. Mal dabei, Stefan, unser Neuzugang. Noch kurz ein paar Tipps und dann geht’s los. Ankunft in Linz, es warten schon etwa 20 Schützlinge, und unter diesen waren heute 3-4 Neue, die noch nie bei uns waren. Wir positionierten die Fahrzeuge, räumten alles aus und ich ging dann nach hinten um die 2 Meter Abstand einzufordern und denen, die Alkohol mitgebracht haben zu sagen, so NICHT! Beim Bus keinen Alkohol, wissen tun sie es ja alle, aber sie hoffen halt ich sehe es nicht. Ich weiß wie man tickt, wenn man eine Sucht in sich trägt, da ich ja auch trockener Säufer bin.
Ich weiß was in dem Körper passiert, aber wir können und dürfen es nicht unterstützen, das geht gar nicht. Und bei unserem Bus gibt es halt absolut keinen Alkohol. Als wir alles ausgeräumt hatten, kam eine nette Bekannte mit einen riesen Topf voller Gummibärli vorbei: „Bitte austeilen“. Wird gemacht. Ich erinnere alle an die ffp2 Maskenpflicht und an die 2 Meter Abstand, manche grollen, manche murren, aber alle folgen. Robert teilt heißen Tee aus und die Besten Krapfen die wir je hatten, Beate macht heute Tiefkühlware, unsere Prinzessin Gerlinde teilt gemeinsam mit unserem Wiener Gast Fiona (Frühstück im Park), Brot und Gebäck aus. Verena macht Obst und Gemüse und Stefan kümmert sich um die Süßigkeiten und die Knabbereien. Ich achte auf ihn weil es wichtig ist, niemanden beim ersten Mal zu überfordern. Es geht ihm aber gut. Ingrid ist überglücklich mit ihrem neuen Wagerl, das Verena zu Mittag noch umräumte. Und unser Max, kümmert sich um alle Belange des Teams. Es läuft schleppend an, die Schlange wird immer länger und länger, und wie gesagt, einige neue Gesichter sind auch dabei. Unser Herr Ingenieur P. kam auch heute nach 2-Monatiger Pause wieder, wir waren alle erleichtert, da wir alle nicht wussten was mit ihm los war, wir wussten nur, dass er Risikopatient ist. Gottseidank ist er wieder da, und es geht ihm gut. In der Reihe gibt es Streit zwischen Daniel und einer neuen Frau die scheinbar in der Vergangenheit über uns schimpfte und nun selbst in der Reihe steht. Ich schlichtete den Streit und erklärte Daniel, dass es nicht wichtig ist was jemand voriges Jahr sagte oder glaubte, jede/r darf seine/ihre Meinung umstoßen und zu neuen Erkenntnissen gelangen.
Deshalb bitte aufhören zu streiten. Auch unsere Nächtigungsjetons gingen wieder weg wie die warmen Semmeln, heute gaben wir 70 (!) Jetons aus, damit unsere Schützlinge wenigstens 2-3 Nächte im warmen Zimmer haben. Die Krapfen waren heute früh aus, zu früh. Der Tee war ebenfalls sehr gefragt, trotz der Plus-Grade. Unser Vereinsmitglied Barbara schaute dann noch vorbei bei uns, sie hatte Sehnsucht, weil sie seit Längerem nicht dabei sein kann, wegen Home-Schooling ihrer 3 Kinder. Sie vermisse uns so und freut sich, uns zu sehen, danke liebe Barbara für den Besuch, wir freuten uns auch alle sehr. Später kam noch der Rebell von vor ein paar Wochen, der den Parkplatz gegen den Bus, sitzend verteidigte. „Ich“? „Ich war letzte Woche zum 1. Mal da, ich war das nicht, ich bin doch richtig froh, dass es Euch gibt“. NoNa, natürlich war er es der sitzen blieb, ich hatte den Eindruck er schämt sich dafür und deshalb die Ausrede: „Das war nicht ich, das muss jemand gewesen sein der so ausschaut wie ich“. Na gut, lassen wir es gut sein, ich weiß, dass er es war aber, wenn er sich nun normal aufführt, hab‘ ich kein Problem mehr mit ihm. Christian ruft mich über Daniel an, ob er auch Lebensmittel haben darf, er schafft es aber nicht zum Bus da er ein Sorgenkind daheim hat, eine frisch obdachlos gewordene Frau die er beherbergt. Daniel nimmt auch Christian und dieser Frau etwas mit. Langsam werden die Tage wieder länger und ich übersehe fast die Zeit, dass es schon kurz vor 18Uhr ist. Gottseidank wird es wieder heller und freundlicher, wenn wir zusammenräumen müssen. Im Nu ist alles verstaut, ab Richtung Lager, wie gewohnt alles wieder ausräumen und einlagern, kurze Umfrage wie es das Team heute fand? Eben auch hier die Rückmeldung, dass viele neue Gesichter kommen und die Armut bei denen die zu uns kommen, greifbar ist. Stefan fand es heute toll, er wird uns weiterhin unterstützen als aktives Mitglied.
Der Tag heute ist gelaufen, ein arbeitsintensiver Freitag steht vor der Tür, Samstag wieder Spendenannahme und abends dann Linz Tour usw.. Also alles ausgebucht. Ich bedanke mich wieder bei all unseren Spendern/innen und Gönnern/innen, bei allen Weg Begleitern und all jenen, die in uns etwas sehen was wir Woche für Woche sind, Hilfe für viele Menschen. An alle Menschen die an uns glauben, ein Vergelt’s Gott und Danke. Der Abend wird noch etwas dauern, die Nacht wird wieder kurz, aber wir sind gesegnet, helfen zu dürfen, durch EURE Unterstützung. Ein großes DANKE auch an unser gesamtes TEAM, schön, dass ihr immer wieder so großartiges vollbringt wie heute. STOLZ bin ich auf Euch! Gute Nacht und alles liebe! :-) <3