Alles wird gut!
Die Woche begann sehr viel versprechend...
...für mich und Barbara, da wir letzten Montagabend unseren lang erwarteten Vortrag bei den Linzer Lions Delta im Bildungshaus St. Magdalena hatten. Wir waren gut vorbereitet, Marlene, die Tochter unserer Barbara, gestaltete die Präsentation und die ist supertoll gelungen. Die Gäste waren extrem freundlich und uns sehr genehm. Um 19 Uhr starteten wir mit der Präsentation, und zwischendurch gab es immer wieder wirklich hochinteressante Fragen, die wir auch gleich beantworteten. Die Minen der Gesichter wurden manchmal sehr lange und nachdenklich, und an den Reaktionen erkannte man manchen Irrglauben. Unsere aktuellen Daten und Fakten zum Thema Armut und Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit in Oberösterreich und Österreich hinterließ tiefen Eindruck bei den Gästen. Der Abend dauerte etwas länger und war einfach sehr gelungen. Herr Präsident Bernhard Z. der uns im Spätsommer zu diesem Abend eingeladen hat, war ergriffen und zufrieden, mit unserer Präsentation und dem Abend.Am nächsten Tag ging es schon wieder früh weiter für Barbara und mich, wir hatten einen Termin bei einem Steuerberater. Das Gespräch ging ebenfalls in eine schöne Richtung und wir müssen gut überlegen, was wir künftig wollen, und was nicht. Das erfordert demnächst eine Vorstandssitzung, wo wir einige Beschlüsse fassen müssen für 2022. Die gute Nachricht kam ebenfalls am Dienstagnachmittag, da uns ja unser kurzzeitiger Kassier verlassen hat, brauchten wir dringend und schnell eine/n Neue/n Kassier. Andrea, eine Bilanzbuchhalterin aus Linz, bot mir an, diesen Vorstandsposten ausfüllen zu wollen. Am Dienstagnachmittag wurden Unterlagen gesichtet und viel geredet, Andrea nahm sich dann abends die Unterlagen mit und ackerte diese den ganzen Mittwoch und Donnerstag durch. Mir fiel ein Stein von Herzen, als mir Andrea zusagte künftig die Kassierin in unserem Verein zu machen. Die letzten Nächte war ich deshalb schlaflos und machte mir viele, viele Sorgen.
Am Mittwoch musste ich zuerst ins Tiefkühllager fahren, die Lebensmittel für den Verteil-Donnerstag zu holen, um dann gegen 10 Uhr Markus vom Gründberg zu holen. Markus hatte sein Vorstellungsgespräch bei einer tollen Firma in Linz. Ich durfte dem Vorstellungsgespräch beiwohnen und war nach 1 ½ Stunden Gespräch mit dem verantwortlichen Chef, wirklich erstaunt über den Respekt und die Freundlichkeit die Markus entgegengebracht wurde. Ich habe noch nie so ein tolles Vorstellungsgespräch erlebt was ich dem Herrn K. auch mitteilte. Nach dem Gespräch brachte ich Markus noch zum Bahnhof und ich fuhr weiter, Spenden abholen.
Am Donnerstag früh, 6 Uhr, ging es ins Lager, alles vorbereiten und um später um 8 Uhr dann vom Hofer die bestellten Waren abzuholen, Gemüse und Obst. Für 10 Uhr Vormittag war dann die Spendenabholung des SWS Wels geplant. Robert und Charly kamen mit Anhänger und stopften Ihren PKW mit Anhänger übervoll (Bilder kommen noch zu dieser Spendenlieferung). Ich überließ die Beiden Ihrer Einräumarbeit und ich kümmerte mich weiter mit unserem Team um die Vorbereitungen für Donnerstagnachmittag. Rena kam mit Kimi und half uns ebenfalls, Barbara kommissionierte nebenbei neue Spendenlieferungen, ging alles ziemlich schnell zusammen. Mäcki McChristian kam ebenfalls ins Lager, um uns tatkräftigst zu helfen und zu Mittag kam dann unsere Beate auch dazu, die immer Kaffee und Kakao mitbringt. Diese Donnerstagszeit ist immer eine sehr schöne, da spürt man den Team Gedanken so richtig durschlagend bis ganz tief rein, das genieße ich sehr.
Nachmittags räumten wir dann rechtzeitig den Bus ein und erledigten alle Handgriffe um dann rechtzeitig so um ca. 15Uhr abfahren zu können. Es wurde diesmal 15.30 Uhr bis wir ankamen in Linz und Christian, der an einem Verteil-Donnerstag noch nie dabei war, versuchte es heute dabei zu sein. Im Nu war alles aufgebaut und zugeordnet, um 16.10 Uhr begannen wir auszuteilen. Gleich zu Beginn kam eine Freundin unserer Martina, die bei uns mitmachen möchte und mir 2 Packungen Zigaretten und € 50,- für Nächtigungsjetons in die Hand drückte. Sie wird uns am Samstag im Lager besuchen wo wir weitertes besprechen können. Heute sollten viele ehemalige Schützlinge, die in den letzten Jahren bei unserem Bus waren, vorbeikommen. Richie, der 3 Jahre obdachlos war und den letztes Jahr sein früherer Chef anrief, arbeitet nun schon wieder ein ganzes Jahr brav und hat jetzt eine eigene Wohnung, er ist überglücklich. Er besuchte mich heute und seine Aussagen trafen mich mitten im Herz: „Wenn es dich nicht gegeben hätte Walter, gäbe es mich heute nicht mehr“. „Was du da auf die Beine gestellt hast, ist ein Wahnsinn, weißt du das eigentlich?“ Ja, Richie, ich glaub ich kann es erahnen, aber es freut mich sehr, dass du unsere Aktion aus diesem Winkel betrachtest. Dafür danke ich dir.
Ein paar Minuten nach Richie kam heute Elmar zum Bus. Elmar war die letzten 6 Monate nicht beim Bus, er sagt immer: „Wenn ich nichts brauche, komme ich auch nicht, ich möchte niemandem etwas wegnehmen“. Elmar ist ein ganz besonderer Mensch, intelligent, Ingenieur und obdachlos. Er braucht dringend Schuhe, da seine, die er trägt komplett kaputt sind. „Die habe ich von dir bekommen und die habe ich nun 2 Jahre getragen“, man sieht es den Schuhen auch an. Elmar freut sich über neue, warme Stiefel, die er gleich anzieht und die alten entsorgt er. Elmar bedankt sich gefühlte 20-mal und geht dann lächelnd vom Bus weg. Der Nächste, der heute nüchtern kommt, ist Meikel. Was mich schon sehr wundert, weil Meikel nicht sehr oft zu unserem Bus kommt. Heute kann ich gut mit ihm reden und ihm auch zuhören, was ihn bedrückt. Die neue Lage am Terminal, die Probleme mit den Behörden usw., alles setzt ihm stark zu, aber Meikel ist optimistisch.
Hinten sehe ich unseren „langen“ Hansi kommen, langsam, mit Krücken und schmerzverzerrtem Gesicht. Hansi erzählt Beate und mir, dass er 3 Paar Socken anhat, weil ein Geschwür auf seiner Fußsohle, das etwa 7cm Durchmesser hat, so stark Eiter absondert, dass er 3 Paar Socken tragen muss, sonst wäre sein ganzer Fuß im Schuh patschnass. Wir reden Hansi gut zu, er muss zu einem Doktor gehen und sich da anschauen lassen: „Ich schäme mich so weil ich meine Füße wegen meiner Behinderung nicht ordentlich waschen kann, die stinken so sehr, das möchte ich niemandem zumuten“. Beate und ich reden auf Hansi ein, dass er dringend und schnell zu einem Doktor muss, wenn das Geschwür schon so groß ist. Daraufhin sagte Hansi zu Beate: „So eine Mama wie dich liebe Beate, hätte ich mir immer gewünscht und so eine Mama wäre mein größter Wunsch“. Tränen, viele Tränen waren die Antwort auf diese Aussage. Hansi ist ein netter Kerl, ein Mann, mit dem das Leben nicht gerade sanft umging. Seine Behinderung schon ist Bürde fürs Leben, und das Schicksal tritt immer noch nach und lässt ihm keine Ruhe. Ja, mit Beate als seine Mama würde es Hansi schaffen, aber Beate sagte ihm unter Tränen, dass das halt nicht geht. Aber ich verspreche Hansi, dass wir uns gut kümmern werden um ihn und ich eine Möglichkeit suchen werde, ihn eventuell aufzufangen. Ich habe noch keine Ahnung wie ich das schaffen könnte, aber ich werde nichts unversucht lassen. Hansi hat sich eine echte Chance wirklich verdient.
Zwischendurch kommt eine Frau lächelnd auf mich zu und bedankt sich herzlichst für unsere Arbeit, die wir jede Woche hier am alten Busterminal machen und drückt mir € 50,- Spendengeld in die Hand, sie bedankt sich noch 4-mal bei mir und dreht sich dann um und geht winkend von uns weg. Das, liebe Wegbegleiter, liebe Leute, das geht ganz tief rein, das tut so unendlich gut, diese Wertschätzung die uns nicht nur von unseren Schützlingen Woche für Woche entgegenbracht wird, sondern auch von vielen, vielen Spendern. Vergelt’s Gott für diese emotionale Stütze Euch allen da draußen. Im Handumdrehen ändert sich die Situation und ich muss Mariusz leider sagen, da er die Spenden, die er von uns bekommt, jede Woche an den Mann im Rollstuhl (der besitzt ein Haus und fährt Mercedes und benutzt den Rollstuhl, um Mitleid zu erregen und Spenden zu generieren) weitergibt, dass er, solange er das macht, nur noch Lebensmittel und keinen Schlafsack und auch keine neuen Schuhe mehr von uns bekommt. Hier greift unser Versprechen an Euch liebe Spender/innen, dass wir sorgsam mit Euren Spenden umgehen und diese treffsicher dorthin geben, wo sie benötigt werden. Das geht einfach nicht, dass man Dinge, die man selbst gespendet bekommt, weitergibt, um daraus Geld zu generieren, ein absolutes NoGo!
Richie und Hansi sind immer noch da und man sieht, sie fühlen sich alle wohl bei unserem Bus. Unser McChristian ist immer noch hier und hilft uns immer noch beim Ausgeben, denn ursprünglich wollte er nur „kurz“ mitkommen. Christian sammelt heute erste Eindrücke von unserer Arbeit an vorderster „Front“. Marlene, Barbaras Tochter und Christian haben großen Spaß bei der Ausgabe, und vorne beim Computer, bei Beate und Barbara, die die Administration erledigen, kommt langsam Langeweile auf, weil unsere Schützlinge immer nur nach und nach eintrudeln.
Meine ganze schlechte Stimmung von heute Mittag ist wie weggeblasen, ich habe mich aufgerappelt und schaue positiv dem Abend entgegen. Manchmal braucht es nur einen kleinen Funken, um eine Stimmung in mir eskalieren zu lassen, und wenn man sich „schuldig“ fühlt, ohne wirklich „schuldig“ zu sein, krame ich aus meinem Gewissen viele Dinge hervor, die nichts mit der eigentlichen Situation zu tun haben. Aber irgendwie suche ich dann immer lange nach Erklärungen, was dieses „Schuldgefühl“ in mir auslöst, es sind meistens andere Menschen, die auf meine Kosten irgendetwas machen, um mir oder dem Verein zu schaden, und ich habe gerade so eine Phase durchgemacht, wo es deutlich wurde, für wie dumm man mich manchmal anschaut. Aber das ist Vergangenheit und jetzt schau ich wieder positiv der Zukunft entgegen. Alleine der heutige Verteil-Donnerstag zeigt so viel schöne Facetten, so viele schöne Begegnungen, die mir wirklich große Freude bereiten. Man erkennt schon die wieder etwas länger hell bleibenden Tage, auch das tut der Seele gut. So wie heute Sonne und tolle Menschen, was gibt es Schöneres?
Im Nu war es dann 18 Uhr, und es kamen noch ein paar Nachzügler, die genauso noch Lebensmittel bekommen. Dann packen wir alles wieder ein und fahren zurück ins Lager, um dort alles zu reinigen und wieder einzulagern. Der Tag war ein Guter, und ich denke zwischendurch immer wieder an den Vortrag bei den Lions zurück, das große Interesse dieser Lions war für mich überraschend, da ich immer davon ausging, dass Lions ihre Zeit anders verbringen möchten als bei einem Vortrag zu Armut und Obdachlosigkeit, ich wurde eines Besseren belehrt. Vielen Dank dafür, lieber Bernhard und liebe Lions Delta.
Vielen Dank auch unserer neuen Kassierin Andrea, die sich seit Dienstag in die Arbeit stürzt, um alles rechtzeitig zu erledigen und alles in die richtige Richtung zu lenken. Großartig, ich habe zum ersten Mal seit Monaten wieder ein gutes, beruhigendes Gefühl diesbezüglich. In welches Fahrwasser man kommen könnte, wenn man hier nicht mit Nachdruck arbeitet, konnte ich die letzten Wochen erahnen. Gottseidank gut gegangen, wird mir nie wieder passieren. Unser Verein wird nach innen und nach außen so geführt, wie ich es versprochen habe, geradlinig und 100% transparent.
Die überfälligen Postings zu allen Geldspenden werden wir nach und nach nachholen, ich bitte Euch um Verständnis. Heute kamen so viele schöne Dinge zusammen, dass ich dem Herrn nur DANKE und VERGELT’S GOTT sagen kann, was ich somit mache. Euch ein großes DANKE für Eure Aufmerksamkeit und Eure Treue, Danke dass es Euch gibt. Danke auch unserem Team, das Tag für Tag, Woche für Woche großartige Arbeit leistet.
Ihr seid Spitze! :-)