Ein Verteil-Donnerstag im Sommer!
Als Rena und ich vor fast 10 Jahren mit der Obdachlosenhilfsaktion.at begannen, Spenden zu sammeln, waren wir noch reine Privatinitiative und hatten wenig, bis keine Ahnung wie sich alles entwickeln würde. Damals waren noch 2 weitere Freunde dabei und halfen uns die Kleidung durchzusortieren und alles in die wenigen Einrichtungen zu bringen. Es war eine große Anstrengung, den 1. Winter überhaupt zu überstehen und „nebenbei“ noch Spenden zu lukrieren. Es gab keine Logistik, keinen Verantwortungsbereich und schon gar keine Möglichkeiten, Sachen zuzukaufen, die wir dringend gebraucht hätten. Damals wäre es nicht korrekt gewesen, Geldspenden anzunehmen, da wir damals weder ein Verein waren noch waren wir irgendwo registriert oder gar legitimiert. Langsam, nach und nach, nach 2-3 Jahren wurde uns von unseren Spendern immer wieder eine kleine Geldspende zugesteckt, um das nötigste einzukaufen. Spenden waren damals generell Mangelware, die Gesellschaft spendete lieber an die Caritas oder Licht ins Dunkel, wir waren noch relativ unbekannt. Nur durch tägliche Mühe und durch den absolut geraden, transparenten Weg, den wir gingen, konnten wir langsam Spender von uns überzeugen und anhand der Fotos auch zeigen, wohin die Spenden gebracht wurden. Unsere Überzeugung, dass wir nur durch Transparenz Vertrauen schaffen können, war der einzig richtige Weg in den letzten Jahren.
Seit wir Spenden annehmen, egal ob Geld- oder Sachspenden, Hygieneartikel oder Lebensmittel, wir wurden von Beginn an gesegnet mit tollen Menschen, die uns teilweise bis heute noch unterstützen. Zu vielen Spendern/innen ist im Laufe der Zeit eine echte Freundschaft entstanden. Die 1. große Geldspende, die uns gespendet wurde, waren €5000,- von der Firma G. Klampfer (Elektroanlagen aus Leonding) und überbracht von der Chefin, Frau Michaela Klampfer selbst. Das war schon ein sehr großes Highlight, wo ich einige Minuten den Mund nicht mehr zumachte vor lauter staunen. Vieles geschah damals durch Mundpropaganda, durch viel kostenlose Werbung für uns, so kamen wir in den Genuss vieler Spenden, die wir damals schon der Transparenz wegen alle auf der Homepage veröffentlichten. Diese €5000,- wurden von mir behütet wie Fort Knox, ich musste eine Möglichkeit suchen, günstig und effizient Dinge einzukaufen, die wir dringend brauchten. Damals schon fuhren wir nach Deutschland mitunserem Privat-PKW, um beim Rossmann in Deutschland einzukaufen, damals schon bekamen wir tolle Vergünstigungen, die jeden Einkauf in Österreich obsolet erscheinen ließen, da in Österreich für diese Hygieneartikel mindestens der doppelte Preis in der Kalkulation anzusetzen war. Auf eigene Kosten fuhren wir also nach Deutschland, kauften dort ein und fuhren wieder 140km nach Hause, und so verfeinerten wir immer wieder die gesamten Strukturen, alle Pläne und Konzepte, bis heute.
Hätten wir damals nicht so eine riesengroße Unterstützung von unseren Spendern/innen erfahren, wir hätten vermutlich bald wieder die Segel gestrichen und alles beendet. So aber wurden wir jedes Jahr, jede Wintersaison noch größer und größer, noch umfangreicher und die Verantwortungen stiegen immerzu, bis zum heutigen Tage. Es war niemals geplant, als Verein oder Aktion so groß zu werden, so viele Einrichtungen mit Spenden zu versorgen, es war nie geplant so viele Menschen, nämlich insgesamt etwa 3500 Menschen mit dem Nötigsten wie Lebensmittel oder Hygieneartikel zu versorgen, entweder direkt am Verteil-Donnerstag oder bei der Linz-Tour oder eben indirekt über die ganzen Obdachlosen- und Fraueneinrichtungen. Es ist eine große Aufgabe, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Es bedarf täglicher Anstrengungen, täglicher Neujustierungen und kritischer Hinterfragung, ob das alles noch zu schaffen und zu verantworten ist, auch unserem Team gegenüber. Ich stehe auch jetzt, wo wir eigentlich „Sommerpause“ hätten, jeden Tag im Lager und bin unterwegs, Spenden abzuholen oder zu liefern, so schaut zurzeit mein „Urlaub“ aus. Wäre nicht so viel Herzblut des gesamten Teams mit dabei, das alles wäre nicht mehr zu schaffen. Es kann aber auch sein, dass künftig der eine oder andere Termin ausfällt, weil das alles einfach nicht mehr alleine zu bewältigen ist, und unter der Woche bin ich meist alleine mit den Dingen, die dringend erledigt werden müssen. Unser Team stößt am Verteil-Donnerstag oder an den Spendenannahmetagen dazu. Aber was hier an Arbeit zu leisten ist, geht schon lange weit über meine Grenzen, deshalb bitte ich Euch, sollte einmal etwas ausfallen oder nicht gleich erledigt werden, BITTE habt Nachsehen mit mir.
Zurzeit sind wir auch mit diversen Spenden Postings im Rückstand, ich verspreche Euch das alles nachzuholen, aber eben nicht mehr im Eilzugstempo, weil ich dieses Tempo zurzeit nicht mehr gehen kann. All die „Planungen“ für die kommende Wintersaison, seien es die Spendenannahmetage, die Verteil-Donnerstage, die nächtlichen Linz-Touren, die Spendenlieferungen, all das sind komplexe Vorgänge, wo ich dringend Hilfe benötige. Alleine ist das nicht mehr zu schaffen. Da wir aber auch eine natürliche Fluktuation unserer ehrenamtlichen Mitglieder haben, wird eines unserer nächsten Postings die Anwerbung von Mitgliedern sein. Wir brauchen jede helfende Hand, bieten können wir tolle Menschen, eine wundervolle Stimmung und ein freundschaftliches, großartiges Team. Wer Lust und Laune hat, bei uns mitzumachen, ist jederzeit herzlich willkommen. Einfach anrufen oder anschreiben.
Einiges haben wir tatsächlich in den letzten Monaten auch schon geändert, z.B. dass sich die Einrichtungen die Spendenlieferungen bei uns selbst abholen müssen, wir stellen aus Kostengründen (fast) keine Spendenlieferungen mehr zu, es ist einfach finanziell nicht mehr möglich das noch zu leisten. Um die Weihnachtszeit wird’s auch wieder unsere Weihnachtsschuhschachtelaktion geben, wo wir für Obdachlosen- und Frauen Einrichtungen (Frauenhäuser) um Weihnachtsgeschenke bitten. An Weihnachten werden wir wieder vermehrt (2x wöchentlich von 18.00 bis etwa 2 Uhr früh) die Linz-Tour fahren, werden da alle Hotspots abfahren und uns um die Menschen kümmern, die es am Donnerstag aus den verschiedensten Gründen nicht zu unserem Bus schaffen. An Weihnachten werden wir wieder heiße, köstliche Gulaschsuppe an unsere Schützlinge ausgeben und wenn es Corona zulässt, machen wir eventuell auch an Heiligabend wieder eine Weihnachtsfeier mit unseren Schützlingen. So wir eine Lokalität finden, wo wir das abhalten dürfen. Also die Planungen für die Hochsaison sind angelaufen, einige Aktionen bekommen schon ein ziemlich deutliches Gesicht, aber bis zum Abschluss der ganzen Planungen ist es trotzdem noch ein weiter Weg, die neben all den Tagesaufgaben gemacht werden müssen.
Hätten wir nicht in der Vergangenheit bis heute, so tolle Menschen an unserer Seite, das alles was wir machen wäre schon lange nicht mehr möglich, da wir ja, wie Ihr wisst, rein Spendenfinanziert sind und keinen Cent öffentlicher Gelder bekommen. Unser Lager, das per monatlicher Unterstützung von Euch finanziell mitgetragen wird, der wohl wichtigste Teil in unserem Verein, muss auf neue Beine gestellt werden da wir in den letzten 2 Jahren viele Unterstützer verloren haben, die selbst wegen Corona zu kämpfen haben. Wir haben nun eine Indexanpassung unserer Lagermiete bekommen und müssen nachdenken, wie wir wieder neue Unterstützer bekommen, die bereit sind monatlich einen kleinen Obolus an uns zu überweisen, damit wir das Lager auch wirklich finanzieren können. Hier wird es große Anstrengungen geben müssen, weil unser Lager nicht nur unser Vereinssitz, sondern auch Dreh- und Angelpunkt aller Aktionen ist, und um diesen finanzieren zu können, brauchen wir unbedingt Eure Hilfe. Bitte helft uns, zu helfen! Ohne Eure Unterstützung wäre das alles unmöglich, aber leider sind auch wir von all den Teuerungen betroffen und müssen zusehen, wie wir es geschultert und bezahlt bekommen.
Der Verteil-Donnerstag am vergangenen Donnerstag war nach einer 3-wöchigen Pause wieder angesagt und wir taten uns schwer einzuschätzen, wie viele unserer Schützlinge wohl kommen werden. Es ist heißes Wetter vorausgesagt, viele Menschen haben in den letzten tagen angerufen ob wir diese Woche eh in Linz sind mit dem Bus, also wir wussten es nicht einzuschätzen. Am Ende wurden es dann 73 Schützlinge, die am letzten Donnerstag zu uns kamen und sich Lebensmittel holten. Die Vorbereitungen für den Verteil-Donnerstag lief ab wie immer, nur die Hitze von 35° am frühen Nachmittag im Lager ließ uns erahnen welchen Kessel wir heute in Linz vorfinden werden. Kalte Getränke, Wurstbrote und Obst, wir sind gewappnet und freuen uns auf einen gemeinsamen Nachmittag nach 3 stillen Linz-Wochen. Um 15 Uhr Abfahrt, in Linz angekommen wird der Hänger positioniert und umgedreht, und da geschieht es! Nicht aufgepasst, hinter uns steht ein Bus und ich schau beim Umdrehen des Hängers auf die Stoßstange und nicht auf den weit hervorschauenden Rückspiegel und unser Hänger kracht in den Spiegel, ich reiße mit dem lauten Krachen des Spiegels den Anhänger herum und verletze mich am Finger. Mein erster Weg geht zu dem zuständigen Chauffeur des Busses, der mir dann erklärt, dass der Spiegel drehbar ist und er sich nur aus der fixen Position etwas gedreht hat aber wieder eingerastet ist, also kein Schaden am Autobus und auch kein Schaden an unserem Hänger, bleibt nur noch mein rechter Ringfinger, der höllisch weh tut. Wir stellen alle Tische auf und laden die Kisten mit den Lebensmitteln aus.
In der Vergangenheit hatten wir immer einen Helfer vor Ort, der uns geholfen hat die Sachen auszuladen, dafür hat er sich aber oft Dinge herausgenommen, die einfach nicht gehen. Unserem Team zu sagen was wer wie zu machen hat, geht eindeutig zu weit und deshalb schicke ich ihn heute auch gleich zu Beginn weg und bitte ihn, sich in die Reihe zustellen, was er murrend macht. Es dauert nicht lange bricht genau dieser Mann einen Streit mit anderen Schützlingen vom Zaun und beginnt zu streiten, unser Team reagiert sofort darauf und hat binnen Sekunden die Lage wieder im Griff. Auch heute sind wieder einige neue Menschen in der Reihe, die nicht mehr wissen, wo sie noch Lebensmittel herbekommen. Die Zahl der Hilfesuchenden am Verteil-Donnerstag steigt unentwegt und unaufhaltsam. Einigen Menschen reichen wir vorsorglich Mineralwasser und Obst, um gegen die Hitze ankämpfen zu können, und andere, mittlerweile bekannte Besucher, quälen unsere Brigitte bei der Ausgabe beim Bus. Eine Frau, die jedes Mal kommt, um die 45 Jahre, erzählt sie uns, dass sie schwanger ist, seit Monaten sagt sie das, nur, ihr Bauch wird nicht größer und er schaut nicht aus als wäre es ein Babybauch, so dass wir nicht mehr an diese Aussage glauben, und genau diese Frau fragt immer nach Artikeln, die wir dabei haben, wenn wir welche gespendet bekommen, diese Dinge aber nicht kaufen dürfen wie z.B. Fingernagellack oder ein Haarfärbemittel oder ähnliches. Und dabei wartet diese Frau mit einer höchst unangenehmen Art auf, sie braucht sehr lange, um zu sagen was sie braucht und hält beim Bus alle auf, weil alle hinter ihr warten müssen. Diesmal rede ich mit ihr und sag ihr, dass es so nicht geht, weil alle nur noch auf sie warten und sie keine Anstrengungen macht, fertig zu werden. Ich sage ihr auch dass wir keine Boutique oder ein Feinkostladen sind, da sie auch vieles an unseren Lebensmitteln auszusetzen hat. Ich rede Klartext, freundlich, aber bestimmt und lege ihr nahe, nicht alles aufzuhalten, weil ihr jetzt die Farbe des Nagellacks nicht gefällt. Das geht in dieser Form nicht.
Der nächste Schützling kommt und möchte neue Turnschuhe, obwohl er selbst welche trägt, die völlig in Ordnung sind. Als 2. Paar zum Wechseln meinte er, nein, Sorry, erst wenn diese Schuhe kaputt sind, bekommst Du neue, wir können nicht alle Menschen mit 2 Paar Schuhen ausstatten, das würde finanziell ausufern und können wir nicht leisten. Manche Wünsche müssen wir leider ins Land der Träume verweisen, weil sie für uns schlicht nicht umsetzbar sind. Die Masse aber steht ruhig in der Reihe und ist glücklich, über all die Dinge, die alle bekommen, Lebensmittel und Hygieneartikel, neue Unterwäsche oder neue Socken etc.. Mittlerweile haben wir 2 Personen die kurz vor einem Kreislaufzusammenbruch stehen, die wir mit Wasser vollpumpen und sie in den Schatten setzen. Eine gefährliche Situation, die leicht entgleiten kann. Unser Team hat alle im Sichtfeld und gibt acht.
In der Reihe wird es langsam ruhig, der große Trubel ist vorüber, ab 17.20 Uhr kommen nur noch sporadisch Menschen zu uns. Wir sind froh, wenn wir heute fertig sind und der Hitze den Garaus machen können. Es ist insgesamt ein angenehmer Verteil-Donnerstag, den wir aber auch erst wieder in 3 Wochen, am 25.8.2022 machen werden, unsere „Sommerpause“ ist für mich immens wichtig, da ich noch keinerlei Urlaub oder Erholung hatte, das aber jetzt aufholen möchte, also drückt mir die Daumen. Um 18Uhr wird alles wie gewohnt eingeräumt in unseren Bus und wir brechen auf, ins Lager nach Ansfelden. Dort angekommen wird in Rekordzeit ausgeladen und die Kühlboxen gereinigt, alles wieder eingelagert. Es geht langsam ein Tag zu Ende der schön war, der uns wieder helfen ließ und der uns wieder einmal zeigt, wie wichtig unser Verteil-Donnerstag eigentlich ist.
All unseren Unterstützern/innen und allen Spendern/innen eine tiefe Verneigung und ein dankbares VERGELT’S GOTT! Ohne Euch wäre das alles nicht möglich. Passt gut auf Euch auf, wir wünschen Euch noch einen erholsamen Sommer mit vielen schönen Stunden. Alles liebe! 😊 <3