Ein Mail und große … !
Ein E-Mail und große … !
10 Tage vor Heiligabend steht der vorletzte Verteil-Donnerstag vor Weihnachten auf dem Kalender. Angekündigt haben sich für heute wieder 2 Klassen des Stiftgymnasiums Wilhering, zwei 5.Klassen. Diese stille Zeit ist für viele unserer Schützlinge die schwerste des Jahres, weil viele von ihnen alleine sind und doch wissen, dass in der Welt da draußen die Familien das Weihnachtsfest gemeinsam feiern, sie aber alleine sind und das tut natürlich weh.
Früher, als ich noch Profi-DJ in halb Europa war und auch alleine in der Ferne arbeitete, an diesen Tagen nicht zu meinen Freunden konnte, diese Stunden rund um Weihnachten waren die einsamsten, wenn man diese Tage alleine verbringen muss und man weiß, dass die Familien durch dieses Fest der Liebe verbunden sind, das tut schon richtig weh. Deshalb kann ich mich auch so gut in die Gemütslage meiner Schützlinge denken und hineinfühlen. Und wenn man dann auch noch große Teile der Gesellschaft gegen sich hat, tut es doppelt weh.
Jenen Klassen, die uns heute unterstützen und erste Erfahrungen auf unserem Verteil-Donnertag machen werden, werden wir vorher noch eindringlich vermitteln, dass wir mit allen Menschen wertschätzend und respektvoll umgehen und entsprechend mit ihnen reden werden. Viele Jugendliche werden hinterher sagen, dass sie sich unsere Schützlinge anders vorstellten. Die Schüler:innen dachten, es wäre eine konfuse Lage vor Ort, wo alle drängeln, wo eine verwirrte Situation Auslöser für Gier und Neid ist und eine nicht mehr beherrschbare Situation entstehen könnte. Wir konnten die Schüler:innen beruhigen, all diese Szenarien wird es nicht geben, versprochen. Wir fordern Disziplin und Ordnung seit Jahren ein.
Im Gespräch vor unserem Verteil-Donnerstag fragte ich auch die Jugendlichen, ob sie Erfahrungen haben mit Obdachlosen, was alle verneinten. Ich habe noch darauf hingewiesen, dass eine Situation bzw. eine Lebenslage schnell so eskalieren kann, dass Menschen binnen kürzester Zeit in die Obdachlosigkeit abgleiten können, wenn das soziale Netz oder Familie sie nicht auffängt. Manchmal braucht es dazu nicht viel, manchmal reicht es auch, aus einer psychischen Notlage heraus passiv zu bleiben und nicht aktiv zu werden, das genügt manchmal, um die Abwärtsspirale in Bewegung zu setzen. Deshalb auch unsere Aussage, dass es wirklich jede/n treffen kann, NIEMAND ist sicher vor Armut oder Obdachlosigkeit, absolut niemand.
Diese stille Zeit ruft auch sehr emotionsgeladene Momente hervor. So hat mich eine gestandene Frau, die uns seit 2018 am Verteil-Donnerstag besucht und auf unser „Angebot“ angewiesen ist, heute gefragt, ob das wahr ist, dass wir unsere Aktion einstellen und aufhören. Die Frau fiel in einen schluchzenden Weinkrampf und meinte immer wieder: „BITTE Walter, BITTE hört nicht auf, wir brauchen Euch heute mehr denn je, bitte Walter, tu uns das nicht an“. Ich nahm sie in den Arm und konnte sie etwas beruhigen und habe ihr aber auch sagen müssen, dass wir nicht wissen, wie lange wir unsere Aktion machen können, weil wir eben keine öffentlichen Förderungen bekommen, wir einzig auf die Spenden unserer Gönner:innen angewiesen sind, und nach deren Decke wir uns strecken müssen.
Eine gestandene Frau, die wir beim Verteil-Donnerstag Woche für Woche ganz anders kennen lernten und sie anders in Erinnerung haben, die so große Angst hat, dass es uns bald nicht mehr geben könnte, das ging uns durch und durch, tat im Herzen richtig weh. Es gab mir nicht nur einen Stich, ich spürte, wie die Frau in meinem Arm zitterte, emotional gefangen ist in ihrer Angst und ich dann auch noch begann, zu zittern. Max, der neben mir stand, und ich schauten uns an und wussten, dass wir zusehen und alles in Bewegung setzen müssen, dass unsere Aktion irgendwie weitergeht, aber wie? Das wird sich klären. So eine Situation hatte ich noch nie erlebt, dass je eine Situation so eskalieren könnte, dachte ich nicht. Ich hoffe sehr, dass ich ihr nichts falsches versprochen habe, weil ich ihr sagte: „Bis Ende Jänner 2024 ist der Verteil-Donnerstag gesichert, was dann passiert, weiß ich nicht.“ Das wird eine Vereinssitzung am 3.2.2024 zeigen.
Liebe Leute, ich weiß es nicht nur aus finanzieller Sicht nicht, wie uns künftig unsere Spender:innen mit den nötigen Mitteln ausstatten werden, ob wir den Betrieb weiterhin finanzieren können, es geht auch um einen anderen wichtigen Faktor, der den Bestand unseres Verteil-Donnerstags auf unsicheren Beinen stehen lässt, meine Gesundheit. Ein Faktor, den ich nicht unbeantwortet lassen kann, da ich niemanden im Verein habe, der/die den Verein weiterführen würde, sollte mit mir etwas passieren. Hier muss ich ehrlich sein, auch unseren Schützlingen gegenüber, es würde niemandem etwas bringen, hier Dinge zu erzählen, die schlicht gelogen wären, das mache ich nicht. Ich habe meinen Gesundheitszustand schon öfters in meinen Postings anklingen lassen und darauf hingewiesen, dass ich teilweise mit dem Rücken zur Wand stehe, keine Erholungsphasen mehr habe und mich teilweise nicht mehr aufrichten kann, es fehlt mir schlicht die Kraft dazu.
Wenn aber, so wie an diesem Verteil-Donnerstag so viele Bekundungen von unseren Schützlingen kommen, die alle unisono ausführen: „Wir sind so unendlich dankbar, dass es Euch gibt und dass ihr für uns da seid, dafür ein großes DANKE“, so tut so eine Aussage schon sehr gut. Diese Dankbarkeit haben auch unsere heutigen Gäste von den 5. Klassen des Stiftgymnasiums Wilhering direkt mitbekommen und sind beeindruckt, dass es manchem die Sprache verschlagen hat. Wenn sich Menschen so innig bedanken wie das unsere Schützlinge heute tun, dann sind das in heutigen Zeiten besondere Signale der Dankbarkeit und bestimmt keine Floskeln.
Die Jugendlichen heute sind voll des Werkes, sind interessiert und wach, können die Situationen einschätzen und sind doch erstaunt, über die große Dankbarkeit und der Tatsache, dass es in unserem reichen Land Menschen gibt, die kein Bett haben, die auf der Straße schlafen müssen und jeden Tag frieren und teilweise hungern müssen. Eine neue Erfahrung für die Schüler:innen, solchen Menschen zu begegnen. Wir haben die Schüler:innen auf verschiedene Ausgabestationen aufgeteilt, manche geben die ersten eurer Weihnachtsgeschenke aus, andere wiederum geben Getränke und Gebäck oder Obst und Gemüse aus, die einzelnen Grüppchen haben sich selbst organisiert und sich eingebracht.
Für Tony habe ich eine neue Stablampe mit, die ich ihm letzte Woche auf der Linz-Tour versprochen habe, und dazu noch eine Powerbank (Akku), damit er diese Lampe auch aufladen kann, wenn der Lampen-Akku leer ist. Und wenn die Powerbank leer ist, tausche ich ihm diese gegen eine geladene aus. Tony hat eine große Freude mit der neuen Lampe. Tony ist ein besonderer Mensch, er hatte vor 3 Jahren Lederschuhe von uns bekommen, gefüttert und mit Klettverschluss, und bei jeder Begegnung mit ihm bedankte er sich für diese Schuhe, weil sie so bequem sind und er jeden Tag so um die 15km zu Fuß unterwegs ist und die Schuhe ihren Dienst immer noch nicht quittierten. Langsam aber kam der nahende Tod der Schuhe, das Innenfutter löste sich und es war an der Zeit, für Tony neue Schuhe zu besorgen. Es gelang mir, besonders stabile Stiefeletten vom Spendengeld zu kaufen, die die gleichen Qualitätsmerkmale wie die alten Schuhe hatten. Nur, sie waren braun, und das ging für Tony gar nicht, deshalb besorgte er sich schwarze Schuhcreme und färbte seine neuen Stiefeletten kurzerhand schwarz um. Aber das tat Tonys Freude keinerlei Abbruch, er ist überglücklich, ich möchte aber auch betonen, dass Tony keine großen Ansprüche hat, er ist bescheiden, ehrlich, gütig und ein ganz leiser Mensch, den ich sehr mag. Tony bekam wie schon gesagt, ein kleines Tiny-House, leider ohne Strom und ohne Heizung, wir haben Tony mit 2 dicken Schafwolldecken ausgestattet und zusätzlich noch einen warmen Winter-Schlafsack. Er ist einfach glücklich, ein kleines Dach über seinem Kopf zu haben, das er auch noch absperren kann. Wie Kleinigkeiten glücklich machen können, das sehe ich immer wieder an Tonys Mimik. Habe große Freude, für ihn in seinem hohen Alter noch Gutes tun zu können.
Letzten Samstag bei der Spendenannahme im Lager besuchte uns ja Kaja aus Wilhering, die von uns in der aktuellen Kupfermuck’n gelesen hat und bei uns mitmachen möchte. Der Samstag gefiel ihr mehr als gut, so besuchte sie uns unangekündigt auch heute, um uns zu unterstützen. Kaja ist Studentin und hat lange gesucht, wo sie sich sozial engagieren könnte. Bei uns wurde sie fündig. Heute sitzt Kaja am Computer und nach kurzer Erklärung arbeitete sie sich durch die Warteschlange, ein Naturtalent, wow! Ich kann mich auf Kaja verlassen, das ist großartig. Manchmal braucht sie noch zusätzliche Anleitungen, aber es ergab sich ein rundes Gesamtes, mit dem sie arbeiten kann.
Um 17 Uhr quittierten unsere Schüler:innen den Dienst, weil sie zu den Bussen mussten. Diese Stunde war für alle Gäste nach eigener Aussage, auch für die Lehrerinnen, eine tolle Erfahrung, die sie gerne wiederholen würden. Es tut im Herzen gut, so viele Jugendliche von unserem Konzept der direkten Hilfe überzeugen zu können. Toll! Und, dank Frau Prof. W., die uns schon viele Jahre unterstützt, kommen immer wieder Jugendliche die auf diese Weise erste Erfahrungen mit Armut machen dürfen, und das unter Aufsicht, was ganz wichtig ist.
Heute verteilen wir wieder viele Nächtigungsjetons für die Notschlafstelle, heute kommen viele Bedürftige auf mich zu, weil sie bei anderen Stellen keine mehr bekommen, weil andere Einrichtungen sparen müssen und keine Jetons mehr kostenlos ausgeben. Langsam sind wir die einzigen, die noch Woche für Woche Jetons ausgeben, damit die Menschen zumindest 2-3 Nächte in einem warmen Bett schlafen können. Aber auch das geht ganz schön ins Geld, € 4,50 je Jeton, für 1 Person und 1 Nacht, ohne Frühstück. Wenn man kein Geld hat, sind € 4,50 ganz schön viel, deshalb greifen wir unseren Schützlingen unter die Arme, solange wir das können.
Bei der Ausgabe der Weihnachtsgeschenke ist immer wieder großes Staunen, was, heute schon? Ja, weil wir wissen, dass nächsten Verteil-Donnerstag viele von den heutigen Besuchern nicht kommen werden, aus verschiedensten Gründen, obwohl es kommenden Verteil-Donnerstag pikante Knödel mit Gulaschsaft und Sauerkraut für alle geben wird, die uns die liebe Michaela Durstberger (Dachcafe Linz) kochen und zubereiten wird. Wir werden auch kommenden Verteil-Donnerstag wieder eure Geschenke ausgeben, dann bekommen halt manche 2 Geschenke, aber uns ist wichtig, dass niemand ohne Geschenk „heim“ geht. Wir wollen unseren Schützlingen in EUREM Namen zeigen und sagen, dass da draußen viele, viele Menschen an sie denken und ihnen gesegnete Weihnachten wünschen.
Unser heutiger Fokus liegt auf all den lieben und wunderbaren Aussagen unserer Schützlinge, wie z.B. Frau M.. Sie kommt ebenfalls seit 2018 zu uns, ist schwerkrank und wird nur mehr palliativ behandelt, bekommt keine Pension, sondern lediglich einen kleinen Unterhalt ihres Ex-Mannes und besucht uns heute mit einem kleinen Päckchen für mich und merkt an: „Lieber Walter, du weißt gar nicht wie sehr du mir in den vergangenen Jahren geholfen hast mit deiner Aktion, ich kann es auch nicht wirklich in Worte ausdrücken, weil ich zu nahe am Wasser geboren wurde aber ich möchte DANKE und VERGELT’S GOTT sagen, für alles was du für mich, für uns hier, gemacht hast“. Ein mit viel Liebe verpacktes Päckchen, das ich erst am Heiligabend öffnen werde, es bedeutet mir viel, ehrlich! Wenn die ganze Dankbarkeit bekundet wird, schwillt mir mein Hals zu und ich bringe kein Wort mehr heraus. Es ist mir auch immer sehr wichtig anzumerken, dass nicht ich alleine diese Aktion auf die Beine stelle, sondern unseres Helferleins genau den gleichen Dank verdienen, und den gebe ich auch ungefiltert weiter. Danke liebes Team, dass ihr unsere Aktion Woche für Woche so großartig unterstützt und es möglich macht, dass wir nach Linz fahren können.
Ich möchte Euch noch an einem innigen und sehr lieben Mail teilhaben lassen, das mich in den letzten Tagen erreichte.
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Lieber Walter!
Deine Beiträge berühren mich immer sehr. Schon seit geraumer Zeit "verfolge" ich deine Arbeit auf eurer Website.
Es ist wirklich unfassbar, was du hier leistest. Jeder von uns kann sich hier ein gutes Stück abschneiden!
Dein Satz bzgl. Herz und Verstand hat mich wieder sehr zum Nachdenken gebracht da ich auch gerade zwischen Herz und Verstand stehe (anstehender Berufswechsel von Grafiker in einen sozialen Bereich).
Wohin genau der Weg geht ist mir noch nicht ganz klar, aber er geht in diese Richtung.
Wie du immer wieder schilderst, verlangt uns die Arbeit mit Menschen, vor allem mit bedürftigen Menschen, ganz schön viel ab.
Sie gibt aber auch immer wieder viel zurück. Das ist das Schöne daran.
Die Szenen, die du oftmals schilderst, erschüttern mich - unfassbar was sich da so mancher leistet, obwohl du ihm Hilfe anbietest. Und wie frech manche Menschen sind.
Und trotzdem ist es sehr wichtig, dass du "alle" Facetten mitteilst.
Auch wenn dir das wahrscheinlich schon tausendmal geraten wurde so möchte auch ich es hier nochmals erwähnen: Lass die Wut der anderen nicht in dein Herz.
Und mir sagte einmal jemand: Lass dich von den Schwächen der anderen nicht hinabziehen. Ein guter Satz, wie ich finde.
Du bist stärker. Weil du hilfst. Weil du Liebe gibst.
Man spürt deine Liebe zum Menschen und das find ich wirklich ganz wunderbar - dass du dein Herz uneigennützig tätig werden lässt.
Der Herr unser Gott wird es dir vergelten!
Ich habe gerade ein Lied im Kopf, bzw. im Herzen und schick dir einfach den Link. Es passt zur Jahreszeit. Es passt zu deiner Arbeit und soll dir ein paar entspannende Augenblicke verschaffen.
Vielleicht hast du ja mal kurz Zeit es dir anzuhören - denn das Licht brennt in dir ganz gewaltig groß und darum geht es schließlich im Leben.
Du leistest ganz wunderbare, wertvolle, nötige und überaus tolle Arbeit!
Danke für deinen unermüdliche, nächstenliebenden Dienst!
https://www.youtube.com/watch?v=GuV39ei_GoU
Einen ganz lieben Gruß und eine wunderbare Weihnachtszeit wünscht dir
M.
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Vielen lieben Dank liebe M., für diese, deine Zeilen, die ich ans gesamte Team weitergegeben habe und die so unendlich gut tun, wenn die Zeit keine Leichte ist.
Schenken wir jenen Menschen, denen es gerade nicht so gut geht, Zeit, Aufmerksamkeit und Respekt, es ist unsere menschliche Pflicht, auf diese Mitmenschen zuzugehen und ihnen zu zeigen, dass sie nicht alleine sind in dieser schweren Zeit. Machen wir ihnen wieder Hoffnung und schenken ein klein wenig Zeit und Zweisamkeit, in dieser so kalt gewordenen Welt, BITTE, liebe Leute! Es wäre eine schöne Idee, die Welt ein bisschen besser zu machen, fangen wir bei uns an. BITTE!
Der Verteil-Donnerstag ging dann doch nicht ganz ohne Probleme über die Bühne, auf die ich aber besonders heute nicht eingehen möchte, weil der Tag einfach zu schön war um unwichtigen, boshaften Menschen eine Bühne zu bieten.
Alle 63 Schützlinge, die uns heute besuchten, waren voller Dankbarkeit und Freude über alle Gaben, die wir an sie austeilten. Eure Spenden, die es auch diesmal wieder einmal schafften, viele Menschen glücklich zu machen. Deshalb danke an all unsere Gönner:innen und allen Wegbegleiter:innen, fürs Mut machen und das Stärken unseres Rückens, dass ihr unsere Aktion immer wieder in die Welt hinaus tragt und uns loyal zur Seite steht.
VERGELT’S GOTT und habt großen Dank, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften und viele Menschen glücklich machen durften.
In meinem Kopfhörer klingen seit 4 Stunden, seitdem ich an diesem Posting schreibe, Weihnachtslieder, eine an mich persönlich abgestimmte Playliste. Und, ein Lied sticht für mich immer wieder heraus, jedes Weihnachten, jeden Tag im Advent. „Für uns alle“ von Brunner & Brunner, eines der schönsten Weihnachtslieder die ich kenne.
Mit diesem Lied wünsche ich euch einen schönen 3. Advent und alles liebe, Gott segne Euch! 😊 <3