Kalt wird’s, langsam!
Kalt wird’s, langsam!
Auch heuer planen wir wieder unsere Weihnachtsschuhschachtel-Aktion, wenn auch kleiner als die letzten Jahre. Weit über 1000 Weihnachtsgeschenke bekamen wir in den letzten Jahren von Euch überreicht, die wir dann in 40 Einrichtungen in Oberösterreich, Salzburg, Wien und Graz brachten, in Frauenhäuser und Obdachlosen-Einrichtungen. Dass wir in den letzten Jahren in diesen fast 40 Einrichtungen etwa 3500 Menschen mit dem Nötigsten mit Euren Spenden überraschten, war auch der Tatsache geschuldet, dass wir in den vergangenen Jahren mehr aktive Mitglieder hatten und somit diese große Zahl an Spendenlieferungen einfach nicht mehr schaffen, weder logistisch noch finanziell und auch personell schaffen wir diese Arbeit nicht.
Auch planen wir an den letzten beiden Verteil-Donnerstagen vor Heiligabend wieder eine Gulaschsuppe an unsere Schützlinge auszugeben, zurzeit suchen wir noch jemanden der uns diese große Menge an Gulaschsuppe kochen würde, vielleicht meldet sich ja noch jemand, vielleicht ein Gastwirt oder ein Koch, der die Möglichkeit hat, so eine Menge kochen zu können. Schließlich reden wir hier schon von etwa 100 Portionen Gulaschsuppe mit Semmel. An beiden Verteil-Donnerstagen vor Weihnachten haben wir 2 verschiedene Klassen des Stiftsgymnasiums Wilhering zu Gast, die dann die eigenen Weihnachtsgeschenke an unsere Schützlinge ausgeben werden und uns auch bei der Lebensmittel-Verteilung unterstützen werden.
Dass das allgemeine Spendenaufkommen 2023 drastisch eingebrochen ist und nicht nur wir darum bemüht sind, Spenden zu lukrieren ist auch eine Tatsache, die man zur Kenntnis nehmen muss. Viele Sozialmärkte kämpfen ebenfalls um Lebensmittelspenden, die sie dann verkaufen können, viele kleine Vereine kämpfen auch um Spenden um überhaupt den Vereinszweck noch erfüllen zu können. Es geht auch all den Einrichtungen nicht besser, egal ob Frauenhäuser oder Obdachlosen-Einrichtungen, viele Einrichtungen müssen immer wieder mit Geld Lebensmittel nachkaufen, weil das Spendenaufkommen derartig eingebrochen ist.
Wenn es einen Verein wie uns trifft, der nebenbei auch ein Lager zu finanzieren hat, der einen Transporter tanken und versichern muss, der viele Verbindlichkeiten hat und schließlich auch noch viele Lebensmittel, Hygieneartikel, neue Unterwäsche und neue Socken u.v.a. für unsere Obdachlosenhilfsaktion einkaufen muss, dann ist Feuer am Dach und der Betrieb kann zurzeit nicht wirklich gesichert werden. Finanziell fahren wir gerade auf „Sicht“, das heißt wir entscheiden immer wieder in kurzen Abständen im Vorstand, was gerade wichtiger ist, anzuschaffen. Diese Abwägung treffen wir gemeinsam, da es für alle Dinge, die wir benötigen würden, absolut nicht reicht. Finanziell auf „Sicht“ fahren heißt aber auch, nicht alles, was dringend benötigt wird, einkaufen zu können und manchem unserer Schützlinge nicht alles geben zu können, was sie brauchen würden. Überhaupt bei Winterschuhen und warmen Winter-Schlafsäcken werden wir relativ bald an unsere Grenze stoßen. Aber bis dahin gehen wir sorgsam mit Euren Spenden um und geben jenen alles, die wirklich auf der Straße schlafen und unter den kalten und widrigen Verhältnissen am meisten leiden.
Was haben wir für diese Wintersaison geplant? Wenn wir Helferleins haben, die mit mir nachts die Linz-Tour fahren, werde ich auch das wieder machen, wir werden wieder mit heißem Tee und Brötchen die Hot Spots in Linz anfahren und jene Schützlinge, die es am Donnerstag nicht zu unserem Bus schaffen, mit dem Nötigsten versorgen. Nur, alleine fahre ich diese Nacht-Tour nicht mehr, nur mehr zu zweit, weil viel zu gefährlich. Neben der Linz-Tour am Samstagnacht ab 18 Uhr, haben wir ja auch jeden Samstagvormittag Spendenannahme in unserem Lager Ansfelden, die in der Hauptsaison nie um 12 Uhr wirklich beendet ist, sondern eher um 13…14 Uhr. Diese Spendenannahme ist für uns essenziell, da wir auf jede noch so kleine Spende wirklich angewiesen sind, wir aber auch andere Möglichkeiten der Spendenbeschaffung unbedingt machen müssen, um überhaupt noch etwa 10-12 Einrichtungen in Oberösterreich mit Euren Spenden versorgen zu können. Spenden zu akquirieren ist in dieser Zeit gerade nicht leicht, viele Absagen, viele private Spender:innen die uns die letzten Jahre immer unterstützten sagten mir für heuer schon ab, weil die Menschen selbst die Teuerungen nicht mehr kompensieren können. Einige Spendenlieferungen bis Weihnachten sind noch geplant heuer, den Größenumfang legen wir dann fest, wenn die Liste an uns retourniert wurde. Zurzeit gehen einige Dinge zur Neige, haltbare Milch zum Beispiel, ein ganz wichtiger Artikel, geht aus und wird auch nicht gespendet. Fischdosen in jeder Form werden für unsere Aktion für den ganzen Winter über genauso benötigt wie Deo’s, die ebenfalls langsam ausgehen. Wir sind bei unserer „Fahrt“ auf „Sicht“ mehr als vorsichtig, welchen Lebensmitteln wir besonderes Augenmerk schenken und welche wir nachkaufen. Diese Vorgehensweise wird diesen Winter für uns eine besondere Aufgabe, wird viel Anstrengung benötigen, aber ich glaube daran, dass wir es irgendwie schaffen, gemeinsam mit EUCH!
Gerade die Wintersaison, unsere Hauptsaison, umfasst viele schwere Tätigkeiten, viele zeitaufwendige Aktionen und wie auch in den letzten Jahren, eine Menge Überzeugungsarbeit damit Menschen uns unterstützen. Wir gehen guten Mutes in diese Wintersaison, ausgeruht aber auch mit dem Fokus, mit unseren Kräften zu haushalten. Zu schnell geht die Kraft aus, wenn man nicht gut aufpasst, zu schnell geht die Puste aus und dann ist niemandem geholfen, gerade das werde ich mir zu Herzen nehmen, heuer. In den letzten Jahren ging ich von November bis April immer an meine Grenzen und überschritt diese immer wieder, so dass irgendwann der Zusammenbruch kommen musste. Heuer wird das nicht passieren. Auch ziehen wir in Erwägung unseren Verteil-Donnerstag nur mehr 14-tägig zu machen, weil uns auch hier schlicht die Helferleins fehlen. Noch können wir den Verteil-Donnerstag wöchentlich abhalten, aber irgendwann, wenn wir nicht mehr genügend Helfer haben, müssen wir kurzfristig den Verteil-Donnerstag streichen und werden dann nur noch 14-tägig nach Linz fahren. Meine großen Bedenken sind, wenn ein Obdachloser einen kaputten Schlafsack oder eine kaputte Winterjacke hat und wenn er/sie dann 14 Tage warten muss, bis wir unseren Verteil-Donnerstag wieder abhalten und er/sie erst dann eine neue/n bekommt, wird es mühsam. Bei Minusgraden mit einer kaputten Jacke oder einem kaputten Schlafsack kann das ganz schnell richtig gefährlich werden, oft auch lebensgefährlich, und das würde ich mir selbst niemals verzeihen, unsere Schützlinge wegen Mangel an Helferleins unsere Schützlinge im Stich gelassen zu haben. Wir überlegen noch tragbare und durchführbare Lösungen, aber momentan ist es besonders für mich schwer, richtig abzuwägen, wie wir vorgehen werden. Ich muss hier auch mehrere verschiedene Dinge abwägen, meine Gesundheit, den Zustand meiner Kräfte und meiner Ausdauer, und jenen Dingen, die ich nicht hinten anstehen lassen kann. Für mich wäre es untragbar zu wissen, nur weil es mir nicht gut geht, unsere Schützlinge im Stich zu lassen, sie frieren und hungern zu lassen, das geht gar nicht. Wie gesagt, wir fahren auf „Sicht“, in jeder Hinsicht und werden uns redlich bemühen, unseren „Auftrag“ wahrzunehmen. Drückt uns die Daumen, dass alles gut ausgeht.
Für unseren Verteil-Donnerstag heute haben sich ein paar neue Helferleins angemeldet, Otto, der uns via Facebook schon Jahre begleitet, kommt heute um uns tatkräftigst zu unterstützen, Kathi und ihre Tochter und ein Bekannter kommen ebenfalls, um uns zu helfen, Tommy kommt aus dem Bezirk Schärding zu uns, es ist jede Woche eine Zitterpartie ob wir genügend Helferleins haben, um unseren Verteil-Donnerstag abzuhalten, aber bisher ist es immer gut ausgegangen. Danke jedenfalls an all unsere Helferleins und natürlich auch an unser Team, das uns jede Woche so großartig unterstützt. Der Vormittag heute ist bei den Vorbereitungen auch gerettet, mit Hilde und Rena haben wir hier schon „alte Hasen“, die wissen, was wichtig ist bei den Vorbereitungen. Im Prinzip ist es jede Woche gleich, nur wenige Dinge weichen ab, aber das hat man bald heraus, wie alles funktioniert. Die Kühl- und Tiefkühlwaren für den Verteil-Donnerstag habe ich ja wie immer schon, gemeinsam mit unserer Nicky, am Mittwoch geholt. Auch das möchte ich hier erwähnen, dass egal wann und wie ich Hilfe benötige, Nicky mir immer zur Seite steht, oft auch mit ihrer Tochter Anika. Danke für diese überaus großartige Hilfe, ohne der ich vieles nicht mehr schaffen würde.
Der Vormittag ist wieder mit portionieren und neu verpacken gespickt, und immer wieder kontrollieren, ob wir auch genügend Lebensmittel dabei haben, so dass auch der letzte Schützling um 18 Uhr noch etwas bekommt. Obst und Gemüse, das ich immer am Donnerstag früh beim Hofer kaufe, wird ebenfalls neu aufgeteilt und auf Genießbarkeit durchgeschaut. Die Akkus für die Kühlboxen werden gerade aufgeladen, die Übergangsjacken werden noch durch Winterjacken ausgetauscht, leichte Schuhe werden noch durch Trekking-Schuhe ausgetauscht, wir müssen uns allmählich an die Jahreszeit und an die Temperaturen anpassen und unser Sortiment danach ausrichten.
Unser gemeinsamer Mittagstisch fällt heute eher spärlich aus, Jausen-Wurst, Käse, Semmel und Essiggurken, das muss heute reichen. Wir haben diesmal vergessen, uns abzusprechen, was wir kochen am Donnerstag. Nach dem Mittagstisch beginnen wir mit dem Einladen der Boxen in den Transporter, die schweren Boxen unten, die leichten oben und alles gut sichern. Zu guter Letzt kommen um 14.45 Uhr noch unsere mit Akku betriebenen Kühl- und Tiefkühlgeräten in den Transporter, festzurren und gut sichern und ab geht’s, nach Linz. Tommy fährt mit mir mit, bei sonnigen 25° fahren wir gemütlich gen Linz, bei Ankunft warten etwa 10 unserer Schützlinge auf uns, nur unser Platz ist noch von einem Bus verstellt, der aber gleich wegfährt, dann umstellen und los geht’s. Alles auspacken und aufstellen, zwischendurch den Kreislauf beruhigen und pausieren, alles geht heute etwas langsamer.
Als wir ausgeladen und alle Boxen aufgestellt haben besuchen uns die Streetworker von JUST, worüber ich mich sehr freue. Von Zeit zu Zeit findet hier ein kurzer, aber intensiver Meinungsaustausch statt, der mir sehr wichtig ist. Leider hat das JUST-Team heute keine Zeit, um länger zu bleiben, vielleicht das Nächste Mal dann. Als die JUSTler weg sind kommt Otto, der uns schon Jahre begleitet in Facebook, heute aber selbst Hand anlegen möchte und uns unterstützen wird. Jetzt geht es Schlag auf Schlag, Kathi kommt mit auch mit Tochter und Bekanntem, unsere Verena ist auch mit dabei und Martina, ebenfalls, und darüber freue ich mich besonders.
Bevor ich den Laptop auspacke, brauche ich noch schnell eine Bosna von vis a vis, sonst bekomme ich meinen Kreislauf gar nicht mehr in den Griff. Um 16.05 Uhr starte ich den Computer und wir legen los, die Einteilung wer wo ausgibt, fand schon vorher statt. Die Datenbank und unser Programm starten und los geht’s. Gleich zu Beginn ein Mann, der weit unter dem Existenzminimum liegt und trotzdem einige hundert Euro für seine Kinder bezahlen muss, dafür brauche ich aber eine Bestätigung, die er mir verspricht, das Nächste Mal mitzubringen. Er bekommt heute lediglich Lebensmittel, bis er alle Bestätigungen bringt. Unser Max kümmert sich um die Warteschlange, wo heute alles diszipliniert und ruhig ist, teilt Brötchen und Getränke aus, sowie für jede/n Raucher 3 Zigaretten, die wir gespendet bekamen.
Herr S. von der ÖBB kommt vorbei, und wir quatschen über einige Dinge, die für uns irgendwann schlagend werden, hier an diesem Platz vis a vis vom Wissensturm. Hier wird ja bald gebaut und niedergerissen, und Herr S. beruhigt mich mit den neuesten News in dieser Hinsicht. Ich bin glücklich über jeden Monat, das wir hier stehen und unseren Verteil-Donnerstag abhalten können. Dieser Platz ist insofern toll, weil wir unter Dach sind, geschützt vor Schnee und Regen, was für unser Team und unsere Schützlinge schon sehr wichtig ist.
Der Verteil-Donnerstag läuft ruhig ab, für Frau O. haben wir einen neuen Trolley, den sie aufgrund ihrer Körperbehinderung dringend braucht, um ihren Einkauf und heute ihre Spenden nach Hause bringen zu können. Vor Jahren wurde diese Frau mit zig-Messerstichen niedergestreckt und dabei lebensgefährlich verletzt. An den Folgen wird sie ihr Leben lang leiden, schwer leiden.
Von Weitem sehe ich C. auf uns zukommen, C. ist schwer psychisch beeinträchtigt, war 11 Jahre in der geschlossenen forensischen Anstalt in Göllersdorf, wo er dann auf Bewährung in die Hände von proMente entlassen wurde. Kleine Vergehen wurden vom Bewährungshelfer und Erwachsenenvertreter sofort ans Gericht gemeldet und C. wurde wieder nach Asten gebracht, wo er medikamentös neu eingestellt wurde. Seither muss er sich täglich bei der forensischen neben dem Wissensturm melden und sich seine Spritze geben lassen. C. leidet sichtlich sehr stark unter diesen Medikamenten, er ist schwer depressiv und total verstört. Wir können ihn immer nur beruhigen und gut zureden, helfen tut es nicht wirklich. Ich kenne C. nun seit 5 Jahren, aber in so einen Zustand war er noch nie. Für seine Betreuung muss er hunderte Euros bezahlen, obwohl er selbst nicht einmal das Existenzminimum bekommt. Ich frage mich immer wie soll so ein Mensch überleben, wenn man ihm finanziell keine Lust zum atmen lässt, das geht doch schief, wenn man Menschen so in die Ecke drängt.
Ich gehe immer wieder durch die Reihen und rede mit Kathi und Otto, es läuft alles gut, es gefällt ihnen, was sie heute hier machen. Das freut mich riesig. Zu guter Letzt kommt noch A., der sich selbst der „Prinz von Linz“ nennt, für mich ist er ein Quälgeist, weil er immer etwas zu erzählen hat, was niemanden interessiert. So geht er heute auch einfach durch, ohne auf mich zu warten, um ihn in unserer Software zu speichern. Ich sage ihm deutlich, dass es so nicht geht, dass alle auf die Eingabe in den Laptop warten müssen, auch er, basta! A. nimmt sich des Öfteren Dinge heraus, die nicht OK sind, wir sagen ihm das auch, es scheint ihm aber egal zu sein.
Langsam geht der Verteil-Donnerstag zu Ende, wir packen alles ein und verstauen alles wieder verzurrt im Transporter. Ich verabschiede mich von Otto und Kathi, bedanke mich für ihre Hilfe und würde mich freuen, wenn sie uns irgendwann wieder einmal helfen würden. Tommy und ich fahren im Transporter nach Ansfelden, Max, Verena und Martina kommen mit ihrem Auto nach. In Ansfelden laden wir wieder alles aus und tauschen noch unsere Eindrücke aus, reden noch ein paar Minuten. Auch das ist für unser Team wichtig, der Gedanken- und Meinungsaustausch, die verschiedenen Sichtweisen im Team erzählen zu können.
Als wir unser Lager schließen ist es dunkel geworden, jetzt kommt wieder diese Zeit, wo ich bei Dunkelheit am Morgen ins Lager komme und bei Dunkelheit abends nach Hause fahre. Ich mag diese Zeit nicht, aber wer fragt schon mich?
Der lange Tag klang dann völlig geschafft auf meiner Couch aus, um 2.30 Uhr.
Ich danke all unseren Spender:innen und Wegbegleiter:innen, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften, dass wir wieder viele Menschen mit Lebensmittel und Hygieneartikeln versorgen durften. Vergelt’s Gott und habt großen Dank. Danke auch an all unsere unbeirrten Leser hier, die alle 8-A4 Seiten lesen, um mit dabei im Geschehen zu sein. Danke und gute Nacht, bleibt uns gewogen liebe Leute!