Linz-Tour im Lockdown!
Nach der samstäglichen Spendenannahme...
...vom Vormittag treffen Stefan, Daniel und ich uns um 18Uhr bei der Metro, um zu unserer Linz-Tour aufzubrechen. Mit dabei haben wir auch heute wieder 5l heißen Tee und ein volles Sortiment an Lebensmitteln, Hygieneartikeln, warmer Kleidung, neuen Winterschuhen, Winter-Schlafsäcken und winterfesten Isomatten uvam.. Unser Bus ist also gut gefüllt und wir sind gespannt was uns heute erwartet, nachdem ich gestern angerufen wurde, weil angeblich der gesamte Terminal geräumt wurde. Mal schauen. Daniel kommt aus Traun und möchte sich unsere Aktionen anschauen, heute die Linz-Tour und ein andermal unseren Verteil-Donnerstag. 18 Uhr, Abfahrt, Schillerpark und Volksgarten, in beiden Parks finden wir heute niemanden, wir sehen nur viele Polizeiautos in der Landstraße fahren. Niemand da, also weiter zum nächsten Hot Spot, Großraum Bahnhof.Zuerst Finanzgarage und Bahnhofsvorpark mit Haupteingang, wo wir Norbert und Finley und Freunde treffen, nur Norbert braucht etwas, er kommt mit zum Bus. Norbert hat eine kleine Wohnung, geht seit etwa 3 Wochen arbeiten, ist Fliesenleger-Meister und ziemlich krank an den Knien, er beißt sich durch und wird durchhalten, so sein Plan. Norbert packen wir Lebensmittel, neue Socken und neue Unterwäsche in seinen Rucksack, dann merkt er noch an: „Wenn ich das hier schaffe, werde ich euch unterstützen, ihr seid so eine geile Mannschaft, ohne Euch würden es viele nicht schaffen“. Tja, schön zu hören. Vorher bei seinen Freunden stand Gerhard, ein ehemaliger Schützling von uns, der sich ebenfalls herzlichst bedankte, weil wir ihm in seiner schwersten Zeit halfen, jetzt geht er arbeiten und wird uns nie vergessen, was wir für ihn getan haben. Tut gut solche Dinge zu hören, wie wir draußen unter unseren Schützlingen gesehen werden, wie unsere Aktion ankommt und wie wichtig unsere Aktion für die Menschen ist.
Weiter geht’s ins Terminal, wir halten bei Gaby und sehen, dass noch fast alle da sind. Christopher, Andy, Marius, Affi, Long John u.a.. Es fehlt Meikel, Marcel und Elmar und Elvisa. Mal schauen vielleicht begegnen wir ihnen ja noch. Meikel wurde erneut reanimiert und ist wieder von der Rettung abgeholt worden, bin gespannt wie lange er diesmal im Krankenhaus bleiben darf. Affi, der eigentlich in der Notschlafstelle schläft, dort aber ausgezogen ist, weil sein „Zimmerkollege“ Affi dauernd anfeindet und beschimpft. Affi erzählt, dass er nun 3 Nächte am Terminal war, er aber heute Nacht wieder in die Nowa geht, weil er Angst hat, dort abgemeldet zu werden. Ich gebe Affi noch 3 Jetons für die Übernachtungen in der Nowa. Jeder Jeton kostet € 4,06 und erst am Donnerstag haben wir über 100 Jetons an die Menschen ausgegeben, viel Geld für uns, die wir die Jetons auch ankaufen müssen, aber sie sind so wichtig, weil viele Menschen sich nicht einmal die gut € 4,- leisten können. Viele gehen erst gar nicht in die Nowa, weil sie dort das geballte Aufeinandertreffen vieler Schützlinge nicht aushalten, deshalb bleiben sie lieber irgendwo in einer Tiefgarage oder Park, um zu übernachten. Das heißt aber bei weitem nicht, dass sie sich nicht helfen lassen wie viele Ahnungslose behaupten, nein, sie können nur nicht in einem der Zimmer mit mehreren Menschen zusammen schlafen, viele halten das nicht aus.
„Long John Hans“ bittet um eine warme Winterjacke, er ist 2,08m groß, unendlich lange Arme und Beine, und all die Jacken, die ich dabei habe, sind zu kurz, ich verspreche ihm eine Jacke am Donnerstag, wenn er zum Bus kommt. Affi braucht auch eine warme Jacke, seine ist viel zu dünn für diese Temperaturen, ebenso seine Schuhe, löchrig und er hat ständig nasse Zehen, also neue, gefütterte Winterschuhe für Affi der sich über alles freut: „Jetzt kann der Winter kommen“ meint er noch. Affi bekommt auch noch 2 Dosen seines geliebten Tomatenfisches und Thunfisches, Cabanossi, Eckerlkäse, Eiweißbrot, Süßigkeiten, Cola und Mineralwasser, neue Socken und neue Unterwäsche, und er glänzt im ganzen Gesicht vor Freude. Alle anderen Schützlinge am Terminal brauchen ebenfalls neue Socken und neue Unterwäsche, sowie eine kleine Tasche mit Lebensmittel, Hygieneartikel.
Gaby geht es nicht gut, sie liegt und steht heute erst gar nicht auf, wir bringen ihr Thermo-Leggins, Unterwäsche und Socken und zu essen zu ihrem Platz. Gaby schaut nicht gut aus, seit Wochen fühlt sie sich schlecht, auch durch die vielen Kontrollen der Polizei und den verhängten Strafen, wegen des „Ausgangsverbotes im Lockdown“. Was? Wie bitte? Strafen wurden verhängt? Wie pervers ist das denn? Wo sollen sich denn die Obdachlosen leicht verstecken, um nicht bestraft zu werden? Wo sollen sie denn hin gehen, um zu schlafen? Diese Stufe der Eskalation ist neu und absolut pervers, jetzt verhängt man Strafen wegen Missachtung des Ausgehverbots, man treibt seit Monaten die Obdachlosen vor sich her, und NIEMAND sagt den Menschen, wo sie bleiben dürfen, wo sie ihren Schlafplatz aufschlagen dürfen. Solche moralischen „Brandstifter“ würde ich gerne bei einer ihrer „Amtshandlungen“ persönlich treffen, um sie ein paar Dinge zu fragen, das kann’s ja nicht sein. Haben solche „Amtshandler“ überhaupt Verstand und Gewissen? Ich stelle das schon sehr in Frage, so handelt man nicht, so geht man auf die Schwächsten nicht los. Mit Christopher muss ich noch ein ernstes Wort reden, da er am Donnerstag beim Bus zum wiederholten Male ungut war zu unserem Team, was gar nicht geht. Ich sage ihm deutlich was passiert, wenn er nochmal jemanden vom Team blöd anmacht oder gar beschimpft, so geht das nicht, und, da wird auch kein Auge zugedrückt, beim nächsten Mal muss er mit Konsequenzen rechnen. Das lassen wir nicht durchgehen. Er entschuldigt sich gefühlte 10-Mal und gelobt Besserung.
Am Terminal gehen wir noch unsere Runde, die alte Frau, die jeden anspuckt und anschreit streitet gerade mit 3 Ungarn um einen schwarzen Sack, den sie scheinbar den Ungarn entwendet hat. Wir mischen uns nicht ein und gehen weiter zu Elke, die heute munter ist und von Weitem schon sagt: „Ich habe alles aber danke, dass ihr vorbeischaut“. Weiter hinten schlafen Egon und Renate, die wir nicht wecken und auch nicht fragen, ob sie etwas brauchen, ob ihrer absurden Forderung von € 6000,- von uns. Weiter auf unserem Rundgang geht’s runter in die Tiefgarage, wo wir schon von weitem ein Schlaflager sehen, aber es ist niemand da. Wir gehen die Tiefgarage ab, aber niemand sonst scheint dort zu sein. Also zurück zum Bus, wir fahren weiter, in die Nähe des Doms, wo scheinbar wieder jemand schläft. Dort angekommen sehen wir 2 Obdachlose, eine junge Frau und einen alten Mann. Di junge Dame kennen wir aus dem Vorjahr schon und wir geben Tee und Süßigkeiten aus, der Herr daneben freut sich über haltbare Milch, Cabanossi, Tomatenfisch und Brot. Er erzählt uns noch von den 2 großen schwarzen Löchern, eines sei im Weltraum und das 2. befinde sich an der Stelle, wo früher sein Magen war. Es erzählt uns noch von einem Politiker, der ihn verfolgt und strafen lässt, wir steigen in den Bus und fahren weiter mit dem Hinweis, dass wir die kommende Woche auch am Mittwoch die Linz-Tour fahren werden.
Abfahrt Richtung Donaulände, zu Florian, der heute liegen bleibt, weil er starkes Kopfweh hat. Er verweist uns auf nächste Woche, wir sollen ihn heute liegen lassen, er braucht eh nichts. Daniel unser Gast ist still und leise, zwischendurch frage ich ihn nach seinen Eindrücken, er sieht den ganzen Zeitaufwand und all die Arbeit und fragt mich wie hoch meine Tage- bzw. meine Wochenstundenanzahl ist. Tja, jetzt in der Hochsaison etwa 70 Stunden, mit all den Lagerarbeiten (wo mir Petra und Barbara das meiste schon abgenommen haben), mit der ganzen Computerarbeit, den Spendenabholungen und Lieferungen, den Besprechungen mit den Spendern und Firmen, alles zusammen kommt es hin, so etwa 70 Stunden, ja und es werden noch mehr werden bis Weihnachten.
Von Florian geht’s weiter zu Gerald und Franziska, wo ich Gerald ein Päckchen Zigaretten versprochen habe, letzte Woche. Wir gehen den Hügel rauf und bitten, den Sims (ihr Wohnzimmer sozusagen) betreten zu dürfen. Franziska und Emma sind gerade heimgekommen, Emma wuselt uns freudestrahlend und schwanzwedelnd entgegen, sie freut sich jedes Mal sehr, wenn sie uns sieht, dann zieht sie an der Leine, die an einem Rucksack befestigt ist, den zieht sie dann durch die Gegend vor Freude. Wir nehmen uns Zeit für Gerald und Franziska, sie erzählen von ihren Problemen und von der Kälte und Franziska merkt nicht wie sehr Emma friert, weil sie kein Fell hat. Stefan und ich haben dann beschlossen, je einen Hundemantel für Emma zu kaufen, einen wasserabweisenden und warmen, der dringend notwendig ist. Gerald bleibt wie immer an seinem Platz und Franziska geht mit zum Bus. Ich habe ihr auch ein Lavor besorgt, da sie sich immer mit dem Kochtopf gewaschen hat, mit kaltem Wasser, so kam es, dass sie sich eine Unterleibsverkühlung zuzog. 2 Gas-Kartuschen bleiben ebenfalls bei Franziska, um Wasser wärmen zu können. Eigentlich sagte Franziska im Vorfeld: „Ich brauche heute nichts“, dafür ist aber ihr Sackerl wieder sehr voll geworden, aber alles gut. Einen langen warmen Daunen-Wintermantel gebe ich ihr noch der über den Hintern geht damit sie es warm hat. Dann riecht sie an ihrem Pullover und kommt zu dem Schluss, dass sie den nicht mehr tragen möchte, weil er stinkt, wir geben ihr 2 neue Sweater-Jacken, neue Unterwäsche und neue Socken, gleich hier vor uns wechselt sie die Kleidungsstücke: „Vor kurzem habe ich mich gewaschen und da tut frische Kleidung schon gut“. Ich musste Franziska auch erklären, dass unser Verein genau für solche Menschen wie sie es ist, gegründet wurde, um Obdachlosen zu helfen, um das Leid zu lindern. Ich gebe ihr noch das versprochene Zigarettenpackerl und ein paar Limonaden, bevor wir wieder aufbrechen. Zu Gertrude auf den Gründberg.
Herr L., der Vermieter ruft mich oft an, wenn er nicht mehr weiter weiß, und letzte Woche wurde er scheinbar von einem Besucher Gertrudes bedroht, was gar nicht geht. Er mag nicht mehr und Gertrude solle schnellstmöglich ausziehen, wieder auf die Straße. Gertrude erzählt mir Dinge, dass der Vermieter jeden Tag ohne Anklopfen im Zimmer steht und Terror macht. Herr L. hat keine Geduld mehr mit ihr und will sie loswerden. Ich werde nochmal versuchen, mit Herrn L. zu reden, aber viel Möglichkeiten des Einspruchs sehe ich nicht. Adrian, der bei Gertrude schläft und Herrn L. ab und zu hilft, geht dann noch mit raus zum Bus, um Lebensmittel zu holen, Rainer und Hans-Jürgen der bei Rainer eingezogen ist, gehen auch mit und holen sich ebenfalls Lebensmittel. Hier habe ich kein wirklich gutes Gefühl mehr bei Gertrude, zu viel ist geschehen, und ich fürchte sie muss wieder auf die Straße, mal schauen, ich werde mein Bestes geben. Vom Gründberg geht es an den Pleschingersee, wo der Campingplatz einmal offen und einmal geschlossen ist, keine Ahnung wie der Pächter das praktiziert. Manchmal ist jemand dort dann wieder niemand, weil zugesperrt ist. Letzte Station Industriezeile, dort finden wir ebenfalls niemanden, also beenden wir unsere Linz-Tour heute um 22.45 Uhr, wir fahren zum Lager, alles ausräumen und wieder einlagern. Daniel sieht zum 1.-mal unser Lager und ist von der Größe beeindruckt. Alles wieder eingelagert, bringe ich Stefan und Daniel zurück zur Metro, von wo jeder alleine heimfährt.
Danke und Vergelt’s Gott an unsere Spender/innen, dass wir auch diese Linz-Tour fahren durften, und danke an Stefan und Daniel für die Hilfe. Es wird noch bis 3 Uhr früh dauern, bis ich schlafen gehe, einiges ist noch zu tun. Euch wünsche ich jetzt aber noch einen erholsamen Sonntagabend und alles liebe. 😊