Weihnachten auf der Straße!
Eine Mutti und ihre...
...psychisch instabile 17-jährige Tochter, erhielten von der Fernwärme eine Nachzahlung in Höhe von über € 1700,-, bei knapp € 600,- Sozialleistung, die an die Mutter ausbezahlt wurde. Durch die verborgene Brisanz und die Aussichtslosigkeit stürzte sich diese junge Dame aus dem Fenster im 2. Stock und verletzte sich schwer. Dieser Mutter wurde geholfen, es wurde die Hälfte der offenen Rechnung bezahlt und sie darf, von einem Spender dazu eingeladen, im Jänner 1 Woche nach Tirol fahren und sich dort von all den Vorfällen ausgiebig erholen. Dieser Urlaub hat einen Wert von über € 1000,-, da aber die Tochter ab 5.1.2023 auf Reha ist, fährt die Mutter mit dem Lebensgefährten nach Tirol. Nach Absprache mit dem Gönner geht das völlig in Ordnung. Die Beiden freuen sich schon sehr auf die Zeit, auf den Urlaub in Tirol. Der letzte Urlaub war irgendwann vor 20 Jahren, meinte die Mama noch mit Tränen in den Augen.
Felix ist 24 Jahre jung, vom Elternhaus vorbelastet und alleine gelassen. Felix ist obdachlos und er saß wegen falscher Beschuldigung, unschuldig (und das ist bewiesen) 5 Monate in Untersuchungshaft. Felix muss weg aus dem Milieu der Obdachlosen, sonst dreht sich für ihn die Spirale immer schneller und weiter nach unten. Wir haben entschieden, dass Felix diese Woche in unsere freigewordene Wohnung in Auwiesen kommt, dort seinen Hauptwohnsitz anmelden kann und sich dann als „arbeitssuchend“ beim AMS melden wird. Felix braucht eine echte Chance, keine Pseudo-Versprechungen, die nicht ehrlich und nicht wahr sind.
Wir geben Felix die Chance, damit er sich auf sein Leben konzentrieren und seinen Weg wieder finden kann, ohne Alkohol, und abseits aller „Freunde“, die in Felix einen „Un-Freund“ sehen, nur weil er nicht von der Doppelliter-Weinflasche trinkt, sondern dem Alkohol entsagen möchte. Wir werden uns intensiv um Felix kümmern, damit er seine echte Chance bekommt. Versprochen! Das ist uns im Verein besonders wichtig.
Ritchie, ein uns seit Jahren bestens bekannter Obdachloser, schaffte den Absprung aus der Obdachlosigkeit vor 2 Jahren, doch setzte ihn seine Ex-Frau, zu der er zurückging, wieder auf die Straße. Ritchie geht durchgehend seit 2 Jahren arbeiten und schläft in der Notschlafstelle, wo er aber leider keine einzige Nacht wirklich Ruhe oder den nötigen Schlaf findet. Ritchie kommt befristet in unsere 3. Wohnung in der Eullerstrasse, wo er sich ebenfalls ein neues Leben aufbauen kann und wird. Die Abmachungen in all unseren Wohnungen sind, KEINEN ALKOHOL, KEINE FREMDSCHLÄFER und KEINEN LÄRM! Das müssen uns die Schützlinge unterschreiben, bei Zuwiderhandlung wissen alle, dass sofort die Wohnungsschlüsselabnahme erfolgt. Wir überprüfen mehrmals wöchentlich ohne Ankündigung die Wohnung auf Vermüllung oder Beschädigung, auf Lärm oder ungebührenden Verhaltens. In den Häusern wohnen viele Menschen, die nicht gestört werden möchten, darauf haben wir größtes Augenmerk zu legen, sonst nimmt man uns umgehend die Wohnungen wieder weg.
Anhand der Dramatik dieser Beispiele sieht man ein paar Facetten der Armut bzw. Obdachlosigkeit, und die Beispiele werden uns, so fürchten wir, 2023 erschlagen. Viele Menschen haben große Angst vor den Jahresabrechnungen der Stromlieferanten bzw. Gaslieferanten, die im Jänner kommen werden, und es drohen hohe Nachzahlungen. Nur, woher nehmen?
Wie schon öfter hier erwähnt, wissen viele Menschen nicht mehr, wie sie diese enormen Teuerungen stemmen können und wovon sie die Nachzahlungen bezahlen sollen. Die Menschen, die bisher nicht viel hatten und keine großen Ersparnisse anlegen konnten, wird es zuerst treffen. Armut, Obdach- oder Wohnungslosigkeit, ankommen am Rande der Gesellschaft und abgestempelt fürs Leben, ohne Chance auf Hoffnung oder Zukunft. An- oder Beschuldigungen kommen ja immer sehr gerne von den Menschen, die im sicheren Hafen leben und sich keine Sorgen machen müssen. Aus dieser Ecke kommen oftmals dumme Aussagen und noch dümmere Prognosen. Hätte – wäre – würde – ginge – wenn etc., davon kann niemand sich etwas kaufen und es ist immer verletzend, solche Sätze jemanden vor die Beine zu werfen, der ohnehin vom Leben nicht verwöhnt wurde. Würden gerade diese Menschen sich ihre entbehrlichen Aussagen ersparen, wäre schon viel Gutes passiert. Auf jemanden noch hinzudreschen, und sei es „nur“ rhetorisch, ist allerletzte Lade und darf sich nicht wundern, wenn von empathischen Menschen Gegenwind kommt.
Letzte Woche berichtete ich noch darüber, dass viele, viele Spenden ausbleiben und wir nicht mehr wissen, wie lange wir unsere Aktion in dieser Form noch machen können. Nun, letzten Samstag bei der Spendenannahme und die ganze Woche über wurden wir mit Spenden und Weihnachtsgeschenken in großer Menge und Anzahl überhäuft, wofür wir uns vor Euch verneigen und ein dankbares Vergelt’s Gott sagen. In den letzten Tagen kamen ganz viele Weihnachtsschuhschachteln, die wir jetzt zum Teil auch in die Einrichtungen bringen können. Wir sind sprachlos über die Menge Eurer Spenden, über Eure Geschenke, über Eure Loyalität und Großzügigkeit, DANKE dafür! Auch gestern, bei der Spendenannahme wurden wieder ganz, ganz viele Geschenke und Spenden gebracht, in hoher Anzahl kamen die Spender:innen zu uns und zeigten uns deutlich, was sie von unserem Verein halten. Eine Dame brachte es auf den Punkt, Zitat: „Ihr macht eine großartige Arbeit, dafür danken wir Euch, aber ihr macht eigentlich die Arbeit, die andere machen müssten“. Ja, leider ist es so, aber wir machen unsere Aktion mit ganz viel Herzblut, mit viel Geduld, mit viel Entbehrungen, wir alle bringen viel Zeit und privates Geld dafür auf, damit die Spendengelder unseren Schützlingen vorbehalten sind. In unserer Statistik war die Rede davon, dass wir in den letzten 5 Jahren etwa 53000 (!!!) ehrenamtliche Stunden mit unserer Obdachlosenhilfsaktion verbrachten, das ist für einen kleinen Verein wie unserer, enorm!
Und trotzdem versprechen wir, auch 2023, so lange im Sinne unserer Schützlinge zu arbeiten und uns einzubringen, solange wir das finanziell können. Wenn irgendwann eventuell unser Lager leer sein wird, müssen wir unseren Dienst einstellen, aber bis dahin, sind wir rund um die Uhr für unsere Schützlinge da, so wie in den letzten Tagen um 2Uhr früh, als ich von der Executive kontaktiert wurde, weil ein Obdachloser dringend Hilfe brauchte.
Nach arbeitsreichen und ermüdenden Tagen näherte sich der Verteil-Donnerstag schneller, als ich es mir wünschte. In den vergangenen Tagen kamen so derart viele Paketsendungen via Amazon, dass ich es fast nicht mehr schaffte, alle irgendwie ins Lager zu packen. In den Paketen war auch haltbare Milch von Amazon, und da die Paketfahrer die Pakete nicht gerade mit Samthandschuhen angreifen, waren hier mehrere Pakete inklusive die haltbaren Milch-Packerln aufgeplatzt und haben auch die anderen Pakete „vermilcht“. Viele Pakete waren als solche nicht mehr erkennbar, die darin verschickten Spenden stanken teilweise schon enorm von der Milch, die anhaftete. BITTE, lieber Spender:innen, KEINE Milch mehr via Amazon verschicken, die platzen alle während des Versands auf. Die enorme Menge an Paketen aus den letzten Tagen, wurden alle am Donnerstagvormittag aufgearbeitet und eingelagert, WAHNSINN was IHR hier leistet, dafür einen riesengroßen DANK! Einzelne Dankes Postings wären hier absolut nicht mehr möglich gewesen, deshalb unser pauschales DANKE!
Alle Vorbereitungen gingen dank unseres großen Teams heute Vormittag, ziemlich flott von Statten, alle sind schon eingespielt, jeder ergänzt den/die anderen, so macht Arbeit Spaß, großen Spaß! Wurstbrote schneiden und belegen, Tee machen, Obst sortieren und Leberkäse portionieren, Lampen aufladen, heißes Wasser bereitstellen und genug Einweg-Handschuhe einpacken. Die Vorbereitungen waren so schnell gegangen, dass ich es kaum glauben konnte, für Mittag hat unsere Barbara wieder Haschee Knödel zubereitet und ins Lager mitgebracht, und unsere Silvia hat zusätzlich noch eine Stelze gebrutzelt und einen großartigen Kartoffelsalat zubereitet. DANKE Euch beiden für das großartige Essen!
Für heute hat der Wettergott um die 0° bis -3°Kälte vorausgesagt, wir packen uns warm ein und hoffen auf Erbarmen des Wettergottes. Um 15.20 Uhr fahren wir los Richtung Linz und sehen beim Ankommen schon, dass etwa 10 Menschen schon auf uns warten. Durch den Feiertag heute sind viel weniger Busse hier und wir können in Ruhe arbeiten. Ausladen und Tische aufstellen, den gesamten Bus ausladen und bereitstellen, die Ausgabelade des Anhängers öffnen und die Lampen anbringen.
Pünktlich um 16Uhr beginnen wir mit der Ausgabe, da spricht mich jemand von hinten an: „Herr Kreische?“, ja?. Familie P., die sich 1-2-mal wöchentlich im Dachcafe bei Michaela Durstberger ein hervorragendes Frühstück gönnen, haben für heute ihren Besuch beim Verteil-Donnerstag im Vorfeld angekündigt: „Wir würden gerne mal sehen, was Sie so machen“. Bei jedem Besuch steckt Fam. P. € 5,- in die Spendenbox im Dachcafe, die wir dann bekommen. Fam. P. möchte gerne selbst sehen, was mit den Spendengeldern bzw. was mit den Lebensmittelspenden geschieht und wer diese bekommt. Fam. P. ist beeindruckt was hier geschieht, welche Menschen sich hier anstellen müssen, weil sie sonst zum Leben zu wenig haben. Herr P. reicht mir diesmal selbst, € 100,- Spendengeld, und ich verspreche es zu 100% für unsere Schützlinge zu verwenden. Unsere „Währung“ ist Vertrauen, und ich habe versprochen, im Vertrauen die Gelder ausschließlich für unsere Schützlinge einzusetzen und auszugeben, was mir ein sehr großes Anliegen ist. Nur durch Vertrauen und absolute Transparenz kann man Menschen von seinem Verein überzeugen, und das versuchen und machen wir seit Bestehen des Vereins, seit 2016! Fam. P. verabschiedet sich und verspricht, vor Weihnachten nochmal zu kommen und uns zu besuchen. Frau P. hat Tränen in den Augen und kämpft um ihre Fassung, ich verabschiede mich etwas schneller damit die Situation aufgelöst werden kann, zum Wohle von Frau P..
Der Verteil-Donnerstag läuft und läuft, Tony nimmt Jürgen ein paar Schuhe mit, weil dieser krank ist, unser Lungenkranker Schützling, der kaum noch atmen kann, gebe ich 3 Nächtigungsjetons für die Notschlafstelle, da er wieder gehen möchte und die Warteschlange eine zu große Belastung für ihn wäre. Wir geben gerade jetzt in der kalten Jahreszeit viele, viele Nächtigungsjetons, die wir um je € 4,17 kaufen müssen, an unsere Schützlinge aus, damit sie zumindest 2-3 Nächte in einem warmen Bett verbringen können. Der Ankauf dieser Nächtigungsjetons ist für uns eine große finanzielle Belastung, wo wir uns wieder aufs allerherzlichste bei unserem Christian Krainz bedanken, der uns gestern am Samstag sensationelle 250 Nächtigungsjetons brachte, die er uns spendete. Vergelt’s Gott und hab großen Dank für diese tolle menschliche Geste und wunderbare Spende! Die Ausgabe der Nächtigungsjetons ist ein wichtiger Teil unseres Verteil-Donnerstags, viele Schützlinge holen sich nur wenige Lebensmittel, aber brauchen unbedingt 1…2….oder 3 Jetons, für die Notschlafstelle. 3 Jetons pro Person geben wir nur ganz selten aus, da wir auch diese Kontingente nicht zur Verfügung haben und diese großen Mengen nicht kaufen können.
Die Dankbarkeit der Menschen heute beim Bus ist wieder riesengroß, viele bedanken sich mehrmals und mit Händedruck oder Umarmung, vielen Schützlingen sieht man den endlosen und zermürbenden Kampf an, den sie kämpfen müssen. Vielen Menschen beim Bus können wir Hoffnung machen, können wir gut zureden, wir können zuhören und ab und zu Ratschläge geben oder Hilfe anbieten, aber den 1. Schritt müssen immer unsere Schützlinge gehen, deren Leben können wir nicht leben, wir können höchstens unterstützend eingreifen, und das tun wir, immerzu! Gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit sind viele unserer Schützlinge den Tränen nah, keine Familie, oft nicht einmal Freunde, alleine gelassen vom Leben und im Stich gelassen vom Schicksal. Wenn man Menschen die letzte Hoffnung noch nimmt, zerbrechen sie, unweigerlich.
BITTE, liebe Wegbegleiter:innen und liebe Spender:innen, reichen wir den ärmsten Menschen in unserem Land, unseren Mitmenschen, die Hand zur Hilfe, ein Lächeln der Hoffnung und ein paar Worte für die Zukunft. BITTE!
Unser Verteil-Donnerstag beruhigt sich etwas, die Dunkelheit ist eingezogen und es ist uns kalt. Der leichte Wind, der uns um die Ohren weht, macht es künstlich um einiges kälter als es eigentlich ist. Wir sind heute froh, wenn wir nach 2 Stunden und 30 Minuten, wieder heimfahren können und uns ein heißes Bad einlassen können, unsere Schützlinge können das nicht, sie müssen draußen, im Kalten bleiben, ob sie wollen oder nicht. Diese 2 ½ Stunden sind jedes Mal ein Gratmesser für uns, was unsere Schützlinge beim Leben auf der Straße durchmachen und aushalten müssen, wenn uns kalt ist gehen wir in die warme Wohnung, ins heiße Bad, mit heißem Tee vorm TV. Unsere Schützlinge sitzen im Terminal oder in einer kalten Tiefgarage, gedemütigt und vertrieben von den Ordnungsdiensten bzw. der Polizei, es hat sich nichts verändert in den letzten Monaten, man treibt die Menschen vor sich her und spricht Platzverbote aus, aber niemand sagt, wo die Obdachlosen schlafen und sich aufhalten dürfen. Ein Armutszeugnis der Stadt Linz! Mehrere Beispiele erspar ich Euch und uns.
Wir haben nächste Woche am Donnerstag unseren Weihnachts-Verteil-Donnerstag, an dem es wieder heißes Gulasch mit Semmelknödel, heißen Tee verteilen, und unsere Schützlinge bekommen nächsten Donnerstag Eure Weihnachtsgeschenke, wir freuen uns auf die leuchtenden Augen. Euch sage ich ein aufrichtiges DANKE und VERGELT’S GOTT, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag machen und unsere Schützlinge mit Lebensmittel und allem Notwendigen versorgen durften! Gott segne Euch! Schön, dass es Euch gibt! 😊 <3