Wenn Menschen nicht mehr wissen….
Wenn Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihr Leben bestreiten können. Leistungen aus dem Sozialressort wurden immer wieder gekürzt oder ersatzlos gestrichen und der Zugang zu Sozialleistungen wurde immer wieder erschwert. Wenn jemand Anspruch auf eine Sozialleistung hat und wo man dann logischerweise krankenversichert ist, kann man sich glücklich schätzen. Wenn diese „Sozialleistung“ dann auch noch halbwegs reicht überleben zu können, kann man froh und glücklich sein. Immer wieder derartige Äußerungen wie, Zitat: „Klar, wenn das AMS-Geld oder die Sozialhilfe so hoch ist, werden viele nicht in den Arbeitsmarkt zurückkehren.“ Wir sehen durch all die Bescheide wie hoch die Beträge sind, die z.B. unsere Schützlinge bekommen, und da ist es nicht selten, dass man mit € 500,- AMS Geld über das ganze Monat auszukommen hat. Wie das gehen und funktionieren soll, hat mir noch niemand erklären können. Und, sind € 900,- AMS-Geld, die durch die erworbenen Ansprüche gedeckt sind, zu viel oder sind es doch eher die Löhne um oder unter € 1000,-, die zu kritisieren sind? Bei diesen exorbitant gestiegenen Lebenshaltungskosten ist es mehr als fragwürdig, für eine 40 Stunden Arbeit ähnlich geringe Löhne zu bezahlen. Klar sagen dann Menschen, die in solch prekären Arbeitsverhältnissen sind, warum gehe ich arbeiten, wenn andere € 900,- an Sozialleistungen bekommen.
Wollen wir jetzt alle die krank bzw. arbeitslos werden, hungern und frieren lassen und nur noch z.B. € 500,- an Sozialleistungen auszahlen oder wäre es doch eher angebracht, eine Vollzeitstelle mit 40 Wochenstunden adäquat zu honorieren, um nicht mehr von Hungerlöhnen sprechen zu müssen. Es ist mir nicht schlüssig, wie ein Leben mit derartigen Sozialleistungen funktionieren könnte. Einige politische Parteien schüren natürlich auch die Neiddebatte, diese Keule kommt immer an und sitzt, BIS, ja, BIS man dann irgendwann selbst von dieser Situation betroffen ist, krank oder arbeitslos wurde und mit diesen Sozialleistungen zurechtkommen muss. Diese Diskussion taucht seit Jahren immer wieder zuerst in den sozialen Medien auf, um dann über Arbeitslose oder Menschen die Sozialleistungen erhalten, herzuziehen und diese teilweise aggressiv zu beschimpfen, und hier wird oft die Diskussion durch politisch anfällige Polit-Trolle noch so stark angeheizt, dass betroffene Menschen zum Teil Angst bekommen und Accounts löschen. Wie weit so eine Hetze gehen kann, beantwortet die Tatsache, dass es schon viel zu viele Suizide gab, die durch solche Hetzen passierten.
Wohin driften wir als Gesellschaft, dass wir überhaupt solche Lebenslagen diskutieren? Jedem Menschen kann es passieren, überhaupt in diesen Pandemie-Zeiten, in Kurzarbeit oder gar in die Kündigung zu schlittern, niemand ist sicher vor so einem Schicksal. Durch die Gehaltskürzungen in der Kurzarbeit oder durch die Kündigung hatten viele Menschen Probleme, das normale Leben und die Mieten bzw. die Betriebskosten noch begleichen zu können.
Und, derzeit kommt noch eine 2. Komponente dazu, die brandgefährlich ist bzw. werden kann. Diejenigen die in der Pandemie in die Kurzarbeit oder Kündigung rutschten, hatten keine Zeit große finanzielle Mittel anzusparen für all die Teuerungen, die zurzeit so an der Tagesordnung stehen. Woher sollen die Menschen die finanziellen Mittel haben, all diese Teuerungen kompensieren zu können? Menschen die eine Leistung (Sozialhilfe, AMS-Geld, Reha-Geld etc.) bekommen und krankenversichert sind, können von den Regelsätzen schon lange kein Auskommen fürs ganze Monat mehr finden. Die Kürzungen in einem Haushalt betreffen alle wesentlichen Posten. Zuerst wird an Ausgaben für Kleidung, Schuhe, Hobby, Handy, Urlaub/Ferien gespart, aber irgendwann geht es so weit, dass man auch an den Lebensmitteln zu sparen beginnt. Es werden teilweise nur noch Nudeln mit Tomatensoße gekocht, weil es für eine normale Mahlzeit nicht mehr reicht. Nicht falsch verstehen, ich esse auch gerne Nudeln in Tomatensoße, aber nicht an 25 Tagen im Monat.
Diese Menschen haben in aller Regel Ansprüche für Sozialleistungen oder andere Leistungen erarbeitet, also stehen diese den Menschen auch zu. Wie weit manche noch gehen wollen indem sie immer wieder hetzen: „Die Sozialleistungen generell und rigoros kürzen“, ist mir nicht bekannt, aber eines ist es ganz sicher, unmenschlich, illoyal und menschenverachtend. Die Sozialleistungen werden ja nicht wirklich an die aktuellen Lebensumstände angepasst, das heißt, steigen die Mieten oder die Betriebskosten, müssen die Menschen ja alles aus dem gleichen Topf bezahlen, der ohnehin schon lange nicht mehr reicht. Und wenn man jetzt all die Teuerungen hernimmt und die Menschen mit diesen Sonderzahlungen wie „Klimabonus“ beruhigen möchte, so ging bisher der Schuss nach hinten los und wird es auch in Zukunft. All die „Sonderzahlungen“ sind ja reine Augenwischerei, die so schnell verpuffen, wie sie ausbezahlt wurden. Es ist keine Nachhaltigkeit zu erkennen, es ist keine nachhaltige Hilfe für unsere Mitmenschen zu erkennen, es bleibt bei einmaligen Auszahlungen. Diese nachhaltige Hilfe fehlt gänzlich und wird uns in den kommenden Monaten noch viel Kopfweh bereiten. Viele Menschen können sich jetzt schon das Leben nicht mehr leisten in Österreich und haben große Existenzängste bzw. Panikattacken, weil niemand weiß, wohin wir driften, wie weit die Teuerungen noch gehen und was man sich künftig noch leisten kann, wie man sein Leben noch gestalten kann. Die Teuerungen werden ja wie gesagt von der Regierung nicht ausgeglichen bzw. nur sehr geringfügig, und es kommt niemand auf die Idee die Menschen mit Hilfszusagen zu beruhigen, wobei all die kleinen Beiträge weder nachhaltig sind und für unsere Mitmenschen sich eher zum Schämen eignen als zum Strotzen.
Ich persönlich kenne einige Frauen, die z.B. in der Reinigungsbranche arbeiten, um 3 bzw. 4 Uhr früh zu arbeiten beginnen müssen wo kein Öffi fährt und oft nicht mehr wissen, da sie sich das Auto nicht mehr leisten können, wie sie in zu den Arbeitsstätten kommen. In der Regel haben ja die Frauen kein Firmenfahrzeug, mit dem sie fahren können. So müssen Freunde bzw. Familie für die Fahrtendienste einspringen, was aber auch nicht immer möglich ist. Hier entstehen Spannungen in den Firmen, weil die Frauen nicht mehr wissen, wie sie zur Arbeitsstätte kommen sollen um 3Uhr früh.
Was zurzeit an Hilferufe an uns gestellt werden, seien diese per Mail, per Post oder per Telefon, das gab es noch nie. Leider können auch wir hier nur noch selten bis gar nicht mehr helfen, weil wir schlicht die Mittel nicht haben. Wenn es um Lebensmittel geht und jemand diese Hilfe braucht, keine Frage, da wird sofort und unbürokratisch geholfen, soweit wir können. Wie es sein kann, dass es in einem so reichen Land wie Österreich so weit kommen kann, dass Menschen sich die Grundversorgung und die Lebensmittel nicht mehr leisten können, die Miete oder den Strom nicht mehr bezahlen können, hat mir bisher noch niemand sagen können. An allen Stellschrauben wird gedreht, wird neu justiert, es werden Unsummen an Hilfen an die Wirtschaft ausbezahlt, und den kleinen Bürger lässt man verrecken, oder wie? Sorry, dass ich manchmal Worte verwende, die ich normal nicht einsetze, aber was in den letzten Tagen und Wochen an Hilferufe an mich herangetragen wurde, ist wirklich zum SCHÄMEN! Hier müssen sich endlich einmal die Verantwortlichen zusammensitzen und ein Konzept ausarbeiten, das auch den Namen verdient.
Unseren Verteil-Donnerstag starteten wir vormittags wie immer, mit dem Einkauf der notwendigen Lebensmittel beim Hofer. Gottseidank konnte ich hier ein paar Fertiggerichte kaufen, die uns wenigstens über den Donnerstag hinweg helfen. Zurzeit können wir viele Lebensmittel in den Mengen, wie wir sie bräuchten, gar nicht einkaufen. Egal wo ich nachfrage, anfrage, nirgendwo können wir Fertiggerichte kaufen, und gespendet werden auch nur wenige. Bei vielen Produktionsfirmen dürfen wir wegen der fehlenden UID-Nummer erst gar nicht einkaufen, aber wir bekommen eben keine UID, weil wir ein Verein und kein Betrieb sind, obwohl wir als Verein sonst bei allen rechtlichen Fragen einem Betreib gleichgestellt sind.
Wir sind glücklich über die 240 Dosen Fertiggerichte, die ich heute kaufen darf, hoffentlich ändert sich das in den Geschäften noch, dass man überall nur kleine Haushaltsmengen einkaufen darf. Gleich nach dem Einkauf wird alles im Lager inventiert und in die Regale geräumt und mit all den anderen Vorbereitungen begonnen.
Akkus aufladen, die gekühlten Lebensmittel in die verschiedenen Kühl- bzw. Gefrierkombies einsortieren. Leberkäse und Wurst portionieren und neu verpacken, alle Spenden gekühlt für die Beladung bereitstellen. Nebenbei macht unsere Barbara Inventur, alle Artikel werden durchgezählt, und ich frage nebenbei gleich bei vielen Geschäften an, ob wir dies oder dass in größeren Mengen einkaufen dürfen, was leider zurzeit immer verneint wird. Nicht aufgeben, weitersuchen. Eine sehr große Lebensmittel-Produktionsfirma, wo ich am Montag angerufen habe, wurde mir gesagt, Zitat: „Leider kann ich Ihnen weder Spenden noch einen Einkauf bei uns anbieten, wir können an keinem Tag die Produktionslinie durchfahren, weil die Rohstoffe nicht geliefert werden.“ Wo leben wir liebe Leute, dass die Rohstoffe für Fertiggerichte, für Rindsgulasch, gefüllte Paprika, Chili Con Carne nicht geliefert werden können oder geliefert werden „wollen“? An anderer Stelle wurde mir auch schon die künstliche Verknappung der Rohstoffe erklärt, um die Preise hochtreiben und hochhalten zu können. Das ist doch pervers! Hier wird mit der Versorgung der Bevölkerung gespielt und viel Geld verdient.
Wir schneiden Wurst und machen für den Nachmittag Wurstbrote und Wurstsemmeln, haben alles parat und helfen bei der Inventur zusammen. Zu Mittag gab es diesmal köstliche Haschee Knödel mit Sauerkraut, die Barbara zu Hause machte und fürs Team ins Lager mitgenommen hat. Der ganze Tisch lässt sich diese „Götterspeise“ munden und geht gestärkt in den Nachmittag. Den Bus beladen, diesmal auch Barbaras Auto laden mit den leichteren Boxen, der Rest kommt in den Bus und unseren Anhänger.
Um 15.10 Uhr brechen wir auf, Richtung Linz. Heute mit dabei, unsere Dani die lange Zeit nicht kommen konnte, und heute gottseidank wieder dabei ist. Sie ist eine absolute Bereicherung für unser Team. Schön, dass Du wieder da bist (@Dani). Als wir ankommen wartet heute nur 1 Bedürftiger auf uns, was total außergewöhnlich war. Wir laden aus und stellen alles auf, nach und nach trudeln unsere Schützlinge ein. Leo ist einer der Ersten, der mir auf die Schulter klopft und mir sagt: „Wenn ich den Klimabonus bekomme, bekommt ihr € 100,- von mir“. Toll lieber Leo, aber behalte dir dein Geld, Du brauchst es dringend selbst. Auch Sr. Lydia ist heute wieder dabei und bringt mir ein Geschenk von ihrer Pilgerreise aus Medugorje mit. Recht lieben Dank! Mit dem Anwachsen der wartenden Schlange merken wir auch, dass heute viele streitsüchtig und neben der Spur laufen, unser Max ist hellwach und beobachtet alles und greift, wenn es notwendig ist, sofort regulierend ein.
Herr S. von der ÖBB, die uns diesen Verteilplatz zur Verfügung stellt, besucht uns und schaut nach dem rechten. Er beruhigt uns, indem er uns gegenüber bekräftigt, dass wenn an diesem Verteilplatz in Kürze die Großbaustelle begonnen wird, er für uns einen anderen Platz hat, um den Verteil-Donnerstag auch weiterhin machen zu können. Das beruhigt ungemein. Wir haben wieder einige neue Gesichter in der Warteschlange. Die Karten der letzten Verteiltage habe ich fertiggemacht und Beate kann diese heute das erste Mal nutzen, um alle Spenden, die ausgegeben werden, in die Datenbank einzutragen. Das ist wichtig, um einzuordnen wer welche Spenden ausgehändigt bekam. Die gereizte Stimmung hält an und ist für uns sehr unangenehm.
Die Optiker, die uns in den letzten Monaten begleiteten, sind heute nicht hier. Unser Team ist heute gut gerüstet mit 8 Helferleins. Ich werde schon jeden Donnerstag um Jetons für die Notschlafstelle gebeten, viele halten die Kälte in den Nächten auf der Straße nicht mehr aus und möchten zumindest 1–2-mal die Woche, in die warme Notschlafstelle. Zurzeit muss ich leider noch abwinken und kann noch keine ausgeben, da wir erst welche besorgen müssen. Normalerweise beginnen wir Mitte November mit der regelmäßigen Ausgabe der Nächtigungsjetons für die Notschlafstelle, durch den schnellen und kalten Herbsteinbruch leiden jedoch viele jetzt schon unter den tiefen Temperaturen. Wir werden Jetons besorgen, jedoch ist dieser Posten sehr kostenintensiv und ich habe keine Ahnung wie oft wir heuer Jetons für die Notschlafstelle kaufen können und für wie viele Menschen es reichen wird.
Plötzlich steht eine riesengroße Frau vor mir, sie stellt sich als „Sibylle“ vor und erzählt mir, sie wäre gerne Brückenbauer zu anderen Vereinen und zu obdachlosen Menschen. Ich höre mir 15 Minuten lang ihr Anliegen an und muss sie dann leider enttäuschen, da wir die Obdachlosen alle selbst kennen und wir keine Treppe zu anderen Vereinen brauchen. Enttäuscht geht sie wieder aber nicht ohne ein schönes Lob für unsere Arbeit. Es tröpfelt dahin, wir haben die gesamten 2 Stunden immer zu tun, es wird nie langweilig, wenn auch nicht die große Masse von Beginn an wartete, kamen heute trotzdem über 60 Personen, die sich Lebensmittel holten. Um 18Uhr wird zusammengeräumt, alles wieder eingeladen und kurze Zeit später fahren wir ins Lager. Alles ausräumen, auswaschen, säubern, alles wieder einlagern. So enden alle Verteil-Donnerstage, aber diesmal nicht ohne noch einen Knödel von Barbara zu schnabulieren, einfach köstlich! Ein paar Sequenzen werden vom Nachmittag besprochen im Lager, um dann noch bis 21Uhr Inventur mit Barbara und Petra zu machen. Ein langer Tag geht zu Ende, 6Uhr früh bis 21Uhr abends und laut Schrittzähler, 27,4 km gegangen. Jetzt weiß ich auch, warum mir die Beine so weh tun. Um 21Uhr ist Schicht im Schacht, alles abgedreht und zugesperrt, und ich danke unseren Spendern/innen und allen Wegbegleiter/innen, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag machen durften. Vergelt’s Gott und eine tiefe Verneigung für die teils jahrelange Unterstützung und Hilfe. Gott segne Euch! Schön, dass es Euch gibt, alles liebe! 😊 <3