Wintersaison Light?
Wintersaison Light?
Wenngleich nicht immer alles perfekt ablaufen kann, versuche ich schon sehr oft und viel im Vorfeld zu überlegen, zu bedenken und Probleme baldmöglichst auszuräumen. In einem Verein zählt einzig der Zusammenhalt um für das Ziel, armen und obdachlosen Menschen zu helfen, alle Kräfte zu bündeln. Dass auch manchmal Meinungsverschiedenheiten und Kritiken aufkommen, ist ganz normal, aber um konstruktive Kritik und gute Vorschläge einer Prüfung zu unterziehen zu können, ist das gesamte Team gefordert. Wenn hier Alleingänge passieren, ist das suboptimal und nicht förderlich für Team und Verein. Es ist in einem Verein nicht anders als im Leben, aber als Team muss man sich immer dem Ziel unterordnen, nämlich wirkungsvoll zu helfen.
Ich bemühe mich immer und immer wieder, die Stimmung im Verein nicht unter der Situation leiden zu lassen, aber manchmal passieren halt Dinge, die man nicht so einfach wegstecken kann und denen man sprachlos ausgeliefert ist. Diese Woche haben wir großartige neue Mitglieder als Verstärkung bekommen, worüber ich mich sehr freue. Alles gereifte Menschen, die keinen Hang zu Alleingängen haben und immer zuerst das Wohl des Vereins im Blick haben. Herzlich willkommen in unserem Verein, liebe Gaby, Roswitha, Astrid und Andi, auf dass uns viele schöne gemeinsame Momente beschieden werden.
Im letzten Posting war bezüglich Frau M. und ihrer Tochter noch nicht alles so geregelt, wie ich es gerne gehabt hätte, das habe ich nun nachgeholt. Alle offenen Mieten und Strompauschalen bzw. Strom-Nachzahlungen wurden beglichen und ein gemeinsames Gespräch brachte die ganze Situation, und wie diese entstand, auf den Tisch. Wir konnten hier direkt und ohne Umwege dank einiger Spender:innen helfen, die Delogierung wurde abgewandt und künftig haben wir ein „Frühwarnsystem“ verabredet, wenn Rechnungen oder aufkommende Kosten nicht mehr beglichen werden können, bekomme ich umgehend Bescheid und wir können sofort in die Situation eingreifen und helfen. Natürlich war auch Scham ein zusätzlicher Auslöser der vergangenen Situation, man schämt sich Rechnungen, Mieten und andere Kosten nicht mehr begleichen zu können, aber den Kopf in den Sand zu stecken und keine Briefe mehr zu öffnen sind die am wenigsten förderlichsten Umgehens Weisen. Hier konnten wir schnell und direkt helfen, großen Dank an unsere Spender:innen, die das erst möglich machten.
Letzte Woche hat mich auch ein junger Mann angerufen, ob wir ihm nicht helfen könnten, eine kleine Wohnung zu bekommen, da er zwar täglich arbeiten geht und etwa €1000,- netto verdient, aber von diesem Verdienst nicht alle Verbindlichkeiten bestreiten kann. Er wohnt bei einem privaten Vermieter der Eigengebrauch der Wohnung anmeldete und deshalb muss dieser junge Mann ausziehen. Er hat ein kleines Auto, um überhaupt in die Arbeit zu kommen, seine Schichten pünktlich beginnen zu können, und auf dieses Auto ist er dringend angewiesen, die Firma ist mit Öffies nicht erreichbar um jene Zeit, wo seine Schicht beginnt. Leider musste ich ihm absagen, da wir selbst keine Wohnungen mehr haben und wir hier auch nicht vermittelnd tätig werden dürfen. Leider!
Am 27.8.2023 verstarb einer unserer Schützlinge, Günther A., im Krankenhaus. Er war mir ein lieber Freund und ein stiller, obdachloser Mensch, der dem Alkohol verfallen war. Und da bekam ich just an diesem Tag ein Video zugespielt, was Günther in den letzten Momenten seines Lebens zeigt. Ich bin entsetzt zu was Menschen fähig sind, dass man ein Video von einem Menschen macht, der im Sterben liegt und dieses Video auch noch per WhatsApp versendet. Wie weit gehen Menschen noch? Wo ist die Grenze des Ertragbaren, des moralisch verwerflichen? Einen sterbenden zu filmen und dieses Video zu verbreiten ist für mich so etwas von würdelos, widerwertig und niederträchtig, dieser Mensch kann sich gegen dieses Video nicht mehr wehren. Ich will gar nicht wissen an wie viele Personen dieses Video geschickt wurde. So eine Vorgehensweise macht mich unendlich traurig und es widert mich nur noch an.
Zwischen unseren Sommerpausen fahre ich ja auch immer wieder nach Linz zu den Hot Spots, um nachzusehen, ob jemand etwas braucht. Unsere Gaby schafft es die letzten Male nicht zu unserem Verteil-Donnerstag zu kommen, obwohl es nur wenige hundert Meter sind, zu unserem Standplatz. Stattdessen ruft sich mich um 23.30 Uhr über ein fremdes Handy an und gibt mir am Telefon durch, was sie alles braucht. Nicht dass sie mich nachts anruft, nein, dass Gaby in letzter Zeit gar keine eigenen Anstrengungen mehr macht, um die Dinge zu organisieren, die sie dringend braucht, das macht mich traurig. Sie hat gesunde Füße und ist nicht krank, sie könnte eigentlich zu unserem Verteil-Donnerstag kommen und sich dort alles mitnehmen, was sie braucht, stattdessen macht sie es sich gemütlich und lässt sich vom Walter versorgen. Ich werde morgen, wenn ich Gaby die Sachen bringe, mit ihr reden und ihr klar machen, dass wir kein Taxi und auch kein Bestellgeschäft sind, das auch noch gratis liefert. So geht das nicht. Ein wenig Eigeninitiative wäre schon wünschenswert.
Unsere Überlegungen in Bezug auf die kommende Wintersaison gehen in eine Richtung, wo wir aus unseren vorhandenen Ressourcen das optimale für unsere Schützlinge anbieten können. Eine vollumfängliche, wöchentlich wiederkehrende Versorgung durch den Verteil-Donnerstag wird sich diesen Winter personell nicht ausgehen, dazu haben wir leider zu wenig aktive Helferleins. Wir überlegen zurzeit an einer 14-tägigen Versorgung, und doch habe ich starkes Kopfweh bei dieser Variante, weil wenn ein Schützling einen warmen Schlafsack oder warme Kleidung benötigt, Hygieneartikel oder Lebensmittel benötigt, und wir kommen nur alle 14 Tage, ist das schon auch gefährlich. Wenn jemand ohne Schlafsack und ohne Isomatte z.B. 5 Tage bei Minus 7° im Freien schlafen muss, kann das im Nu Lebensbedrohlich werden, was ich absolut vermeiden möchte. Oder wenn jemand kaputte Schuhe hat und wir erst wieder eventuell in 1 Woche in Linz wären, 1 Woche mit kaputten Schuhen kann im Winter den Tod bedeuten. Ich habe noch keine endgültige Lösung, aber da wir für die Verteil-Donnerstage nicht genügend Helferleins haben, müssen wir unsere Aktionen begrenzen, da ja auch für einen Verteil-Donnerstag Woche für Woche 6 Personen nötig sind, um alles abarbeiten zu können. Mal schauen, vielleicht bekommen wir noch Helferleins, die uns aktiv unter die Arme greifen.
Diese Woche war nach 14 Tagen wieder ein Verteil-Donnerstag an der Reihe. Es lässt sich schlecht, bis gar nicht voraussagen, wie viele Schützlinge uns heute besuchen werden. Deshalb nehmen wir auch jede Woche volle Boxen mit umfassenden Lebensmittel Sortiment mit, damit auch wirklich alle etwas bekommen. Diesmal bekommen wir wieder fertige Brötchen und aus dem TK-Lager habe ich den letzten Leberkäse geholt, für heute Nachmittag. Da sich die Preise für unsere Wurstwaren generell fast verfünffacht haben, können wir bis auf weiteres keinerlei derartigen Einkäufe tätigen. Cabanossi (8 Paar Packung) konnten wir bisher um € 2,80 kaufen, jetzt kostet eine Packung mit 3 Längen (1 ½ Paar) € 1,80, für uns nicht mehr finanzierbar. Für unsere Schützlinge waren Cabanossi und Leberkäse etwas Besonderes, das nun aus unserem Sortiment herausfällt, leider.
Die restliche TK-Ware portioniert unsere Maria und verpackt sie neu, auch die pikanten Knödel werden portioniert und neu verpackt. Diese Knödel sind eher für die Menschen, die noch ein „Zuhause“ haben aber kein Geld mehr für Lebensmittel, die können sich Knödel warm machen, Obdachlose können das nicht. Auch nicht in dem Campingkocher den sie von uns bekommen. Den Schinken den wir von Michaela Durstberger (Dachcafe Linz) bekamen, portionieren wir ebenfalls und werden einige Menschen damit überraschen, wenngleich auch nicht alle.
Für unseren Mittagstisch hat Maria Fleischlaberl vorgesehen, mit Kartoffelsalat und Hilde brachte eine Nutella Torte mit. Danke Euch beiden dafür. Danach ging es ans Einladen unseres Transporters, und am Feinjustieren der Abläufe. Um 14 Uhr kommen Roswitha und Gaby und unterstützen uns bei der Verteilung in Linz. Die letzten Vorbereitungen werden noch abgeschlossen und um 15 Uhr brechen wir Auf; Richtung Linz.
Dort angekommen erwarten uns etwa 10 Personen bei Sonnenschein und 27°. Wir laden den Transporter aus und stellen unsere Tische auf und platzieren unsere Lebensmittelboxen darauf. Etwas früh, um 15.40 Uhr sind wir diesmal schon fertig mit dem Aufbauen, und ich trödle noch etwas herum, bis ich um 15.55 Uhr unseren Laptop mit unserem Programm für den Verteil-Donnerstag starten möchte, nichts aber geht. Das Programm wurde gelöscht und es kann keine Verbindung zur SQL-Datenbank hergestellt werden. 4 weitere Versuche bringen auch nichts, also heute ohne unser Programm, nur händische Überprüfung per Listen.
Gleich zu Beginn kommen Schützlinge, die auf der Straße leben und dringend Schuhe oder eine Jacke brauchen, natürlich auch Lebensmittel oder ähnliches. Die Warteschlange bleibt diesmal erträglicher als sonst, nicht so lange. Diverse Vorgänge beobachte ich aus der Ferne, wobei hier in der Warteschlange alle Existenzängste der Menschen sichtbar werden. Dass manche mehr Lebensmittel mitnehmen möchten, ist verständlich, aber wir müssen auch den Blick auf das Ganze haben, um niemanden mit leeren Taschen heimzuschicken.
All die Haut und Herz durchdringenden Danksagungen möchte ich an dieser Stelle gerne an all unsere Spender:innen weitergeben. Ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich zurückdenke. Das sind nicht einfach „Danke“ Aussagen, da glänzen die Augen, drücken die Tränen und manche nehmen uns in den Arm, vor Dank und Freude, dass sie wieder genug zu essen haben die nächsten Tage und Wochen.
Langsam geht der heutige Verteil-Donnerstag zu Ende und es war wieder einer jener Verteil-Donnerstage, der so wichtig war für unseren Verein und für mich persönlich, mit allen guten und auch allen nicht so guten Erkenntnissen. Einräumen in den Transporter und im Lager wieder ausladen und einlagern. Dieser Tag wird mir noch lange, aus verschiedenen Gründen, im Gedächtnis bleiben.
Ich bin unendlich dankbar dafür, dass wir so großartige Spender:innen an unserer Seite haben, die uns immer wieder den Verteil-Donnerstag ermöglichen. Vergelt’s Gott und habt großen Dank dafür.
Gott segne Euch! 😊 <3