Zum fremdschämen!
Zurzeit färbt...
...die allgemein bedrückte Stimmung auch auf unsere Schützlinge ab. An vielen Ecken und Kanten gibt es geistiges Unverständnis, große Alltags-Probleme, gibt es unnötige Aussagen und absichtliche Verletzungen.
So eine „absichtliche Verletzung“ (ich sehe es zumindest als solche) passierte diese Woche, weil sich ein Linzer Politiker und seine „Gehilfin“ in Zeitungen über die Obdachlosen echauffierten und sich derart boshaft über diese äußerten. Da hieß es z.B.: „Die Obdachlosen verdrecken das Terminal, das muss sich ändern“ (sinngemäß wiedergegeben). Und siehe da, eine Linzer Onlinezeitung gibt sich als „kompetenter“ Handlanger für Linzer Parteien billigst her und bringt diese „Schlagzeile“. Ich wage zu bezweifeln, dass dieser „Redakteur“ sich je für ein Wort mit einem Obdachlosen die Zeit genommen hat, druckt aber solche Äußerungen ab und macht somit Stimmung gegen die Obdachlosen. Noch billiger seine „Ausrede“: „Weil am Donnerstag im Gemeinderat dieses Thema diskutiert wurde“, und deshalb bringt man so einen Artikel der weit unter der Gürtellinie ist? Die selbsternannten Linzer „Online-Zeitungen“, die in Bezug auf die Obdachlosen seit Jahren nur untergriffige Thesen aufstellen, Dinge behaupten, die nicht wahr sind und die Menschen in ein Licht stellen, das absolut menschenverachtend ist. Ausgang mancher Artikel ist aber wie gesagt der leidige Politiker Herr P. und Frau P., die keine anderen Sorgen haben als die Obdachlosen ungefragt zu fotografieren und diese Fotos zu veröffentlichen, die Dinge erfinden und Vorfälle behaupten, die einfach nicht stimmen.
Aber um „gut“ Stimmung machen zu können muss man scheinbar als Linzer Politiker und als überflüssiges, hetzerisches „Online Medium“ die Dinge ein wenig frisieren. Und dann traut sich der Herr „Redakteur“ (dessen Kompetenz ich schon sehr in Frage stelle) mir mit einer Klage zu drohen, weil ich die Dinge beim Namen nenne und nicht heuchlerisch und hinterfotzig schimpfe, sondern denjenigen, der den Artikel geschrieben hat, mit meiner Meinung konfrontiere. Ja, der Herr, sollte weniger trinken und länger schlafen, dann wäre er wieder nüchtern, wenn er Mails beantwortet. Außerdem schreibt er in seinem Mail an mich: „Wir hätten keine Ahnung von unserer Arbeit mit Obdachlosen“. Ja, genau mein „Humor“! Wie kann es sein, dass sich immer gerade solche Menschen anmaßend äußern, die noch nie auch nur einen Handgriff für die Obdachlosen gemacht haben und andere dann derartig niederträchtig behandeln? Ich versteh es nicht.
Es ist leider ein unendliches Thema, wie die Politik in Linz mit Armut und Obdachlosigkeit umgeht, und da nehme ich KEINEN einzigen Politiker in Linz aus. Aussagen, die jeder Beschreibung spotten, Behauptungen, die jeder Grundlage entbehren und menschliche Verfehlungen, die absolut daneben sind.
Ostern ist immer so eine Zeit, in der nicht viel passiert sonst, die meisten Menschen sind im Urlaubsmodus. Auch ich gönnte mir 2 Tage, die ich mit schlafen und essen hinter mir ließ. Tat gut, einmal kein Telefon und keine Anrufe. Am Dienstag war dann die Abholung unseres Einkaufs in den Fleischwerken Marcher (ehem. Landhof) Am Plan. 300 Pkg. Cabanossi mussten eingekauft werden, dieser Artikel ist wichtig für unsere Donnerstage. Bis jetzt hatten wir die von der Fa. Hütthaler gespendeten Landjäger ausgegeben, die sind aber jetzt ausgegangen. Und wurstiges wird jede Woche nachgefragt. Am Dienstag war dann auch die Runde zu 3 Billa Märkten am Plan, die Spendensackerl abholen. Leider werden es immer weniger Sackerl, waren es zu Beginn je Woche noch 73 Sackerl aus 8 Märkten, sind wir nun bei 25-26 Sackerl pro Woche, leider, aber vielleicht steigert sich die Zahl wieder, wenn sich die allgemeine Lage ein wenig entspannt. Ich würde es mir von Herzen wünschen.
Am Mittwoch dann die üblichen Vorbereitungen, Abholungen im TK-Lager und Kühllager, der Nachmittag gehört unserer neuen Kassierin Andrea, die Abrechnung ist fällig. Nachdem unser „Kurzzeit-Kassier“ ein Desaster hinterließ, hat Andrea nun alles neu aufbereitet und neu angelegt, dass wir auch guten Mutes sein können. Diese Arbeit des Kassiers ist eine absolute Vertrauenssache, und wenn es hier hapert, ist Feuer am Dach, das geht gar nicht, darum habe ich die Notbremse gezogen. Aber jetzt sind wir wieder gut aufgestellt und müssen vieles halt erst nachtragen an Spenden, die im Winter getätigt wurden. Das wird noch ein wenig Zeit benötigen, bis wirklich alles dann veröffentlicht ist, ich bitte Euch um Verständnis.
Der Donnerstag begann gut, Matej der lange Zeit nicht mithelfen konnte, hat sich für heute angekündigt und Bernadette kommt heute schon um 9Uhr. Obst und Gemüse sind gleich sortiert, das Brot auf Genießbarkeit durchgeschaut und auch gleich verstaut. Seit letzter Woche richten wir auch Wurstbrote und Wurstsemmeln her, die sehr gut angenommen werden. Dazu brauchten wir eine Wurstschneidemaschine, dank Ingrid haben wir eine tolle bekommen. Vergelt’s Gott! Natürlich werden die Brote verpackt und bis zur Ausgabe gekühlt. Schon um 11.30 Uhr waren wir mit all den Vorbereitungen fertig und wir konnten uns ein wenig zusammensetzen und blödeln. Bald schon kam unsere Silvia, die uns jede Woche köstlich versorgt, auch heute hat sie Erdäpfelkäse, selbst gemachtes Brot und Kuchen dabei. Um 13 Uhr beginnen wir mit dem Transporter zu beladen, im Nu haben wir das gemanagt, um 14 Uhr alles abfahrbereit, wir fahren erst um 15.15 Uhr weg aus Ansfelden, sonst sind wir viel zu früh in Linz.
Bei unserer Ankunft scheint die Sonne und Herr S. von der ÖBB ist auch da und beobachtet die Situation, um eine weitere Eskalation mit den Chauffeuren, zu verhindern. Herr S. erzählt mir auch von einem Obdachlosen am ÖBB Grund, der dort Dinge macht, die nicht gehen. Ich verspreche mich um diesen Herrn zu kümmern. Das geht nicht, dass man sich einfach Zugang zu einem fremden Grundstück verschafft und dort Dinge macht, die absolut inakzeptabel sind. Morgen im Rahmen der Linz-Tour werde ich dorthin fahren und mit dem Herrn reden. Wir bauen auf, so wie jede Woche, Tisch um Tisch wird bestückt, alle Getränke ausgeladen und auch alles andere bereit gestellt. Um 16Uhr ist Ausgabe. Manfred, der Obdachlosensprecher ist auch da und zeigt mir auch den Zeitungsartikel, den ich oben angesprochen habe. Auch er ist sehr irritiert und verärgert über diese Rhetorik und Behauptungen dieser Partei. Manfred erzählt mir noch, dass sein Folder, den er gestaltet hat und wo alle Hilfsorganisationen in Linz veröffentlicht werden, nächste Woche fertig wird und er wird uns einige vorbei bringen. Vielen Dank hier an die ARGE Obdachlose, dass solche wertvollen Projekte gemacht werden.
Es dauert nicht lange, steht Damian* vor mir und entschuldigt sich, für sein Verhalten in dem Zimmer, das ich ihm und Gabriele* zur Verfügung stellen wollte. Leider mussten sie nach nur 1 Nacht wieder ausziehen, weil dieses Verhalten einfach inakzeptabel war und von keiner Einsicht geprägt ist. Ich sage Damian* nochmal was ich davon halte und wende mich ab, worauf auch er wieder geht. Unser langer Hansi kommt heute mit rasiertem Kopf und ohne Bart, am Hinterkopf sind noch ein paar Haarbüscheln, Zitat: „Da hat der Friseur Feierabend gemacht“. Hansi sieht es mit Humor, er ist schon ein feiner Kerl. Eine neue „Dame“ sieht unser Sortiment und bittet um weitere Taschen, sie käme mit den beiden großen die sie selbst dabei hat, nicht aus. Ich wende meinen Blick nicht mehr ab und greife bei Bedarf ein. 3 volle Taschen füllt sie sich an, worauf ich zu unserer Barbara sage: „Das geht nicht, das kann doch ein Mensch in 1 Woche gar nicht essen“. Ich höre noch, wie sie telefoniert und sagt, wo sie steht und wartet, klingt irgendwie nach Taxi. Ich gehe ihr nach zum Parkplatz bei der PVA, und siehe da, ihre Tochter und ihr Enkel holen sie ab, mit einem neuen VW-Bus. Was geht hier ab? Wir werden künftig nicht nur alle Einkommensnachweise peinlichst genau kontrollieren, sondern auch darauf achten, wieviel sich die Leute mitnehmen. 3 volle Taschen, das geht nicht, das werden wir auch nicht mehr zulassen. Die Spenden sind nicht dazu da, ganze Familien mitzuversorgen, wenn jemand Hilfe braucht, ja, aber nicht für die ganze Familie. Hier werden wir drastisch einschränken, ab kommende Woche.
Ein feiner, älterer Herr kommt auf mich zu und fragt nach, wo hier die Ukraine-Hilfe sei? Ich erkläre ihm, dass das oben im alten Postzentrum ist, hier werden arme und obdachlose Menschen versorgt. Er fragt nach, wer zu uns kommt und was wir sonst noch machen. Ich gebe ihm einen Flyer mit und wir unterhalten uns noch, er wolle uns spenden, sagt er und gibt uns € 20,-, für Herrn Ing. P. direkt, eine weitere Spende tätigt er über unser Konto. Er ist sichtlich berührt von unserer Arbeit und findet ein schönes Lob, bevor er sich verabschiedet. Es ist immer wieder großartig, wenn sich Menschen wenigstens erkundigen, was wir machen, bevor sie über uns schimpfen. Der Donnerstag verläuft friedlich und ruhig, und Markus kommt dann auch noch, dem ich heute eine freudige Nachricht geben kann. Wir werden von einer Genossenschaft eine kleine Wohnung zur Verfügung gestellt bekommen, die wir für 1 Jahr anmieten müssen, aber einen Untermietvertrag mit Markus machen werden, da er auch die Miete bezahlt. Aber eine kleine 1 Zimmer Wohnung, mit eigenem WC und eigener Dusche, ist halt doch nochmal etwas anderes. Kommende Woche werden wir diese kleine Wohnung anschauen und Markus wird sich dann entscheiden. Er hat große Freude mit dieser Nachricht.
Hubert*, Fliesenlegermeister und Tischlermeister, kommt noch vorbei und erzählt mir von seinem Leben. Wegen eines schweren Verkehrsunfalls seines Sohnes letzten Monat, griff er in der Nacht des Unfalls wieder zur Flasche und meldete sich nicht rechtzeitig bei seiner Firma, bei der er seit gut 1 Jahr arbeitet, worauf er fristlos gekündigt wurde. Dann erzählt er mir noch, dass seine Mutter seinen 6-jährigen Bruder erschlug und dass der Vater auf den 2. Bruder ähnlich losging. Ich kapier es nicht, was ist das für eine Mutter, die so etwas macht und dann auch noch das 3. Kind so darunter zu leiden hatte. Hubert* gibt nicht auf, aber sein Sohn ist sein ein und alles, er sagt selbst, dass der Griff zur Flasche ein Fehler war, aber es ist passiert. Er verspricht mir, nicht aufzugeben und im Notfall sich bei mir zu melden. Wahnsinn, unglaublich und unendlich traurig.
18 Uhr, zusammenräumen und einladen. Es war wieder ein toller Verteil-Donnerstag mit einem tollen Team, das immer wieder einen großartigen Zusammenhalt zeigt. Danke dafür, liebes Team. Um 18.20 Uhr brechen wir auf Richtung Ansfelden, Matej fährt wieder mit mir im Bus, er erzählt mir von seinen Eindrücken, die durchwegs positiv sind. Im Lager alles ausladen und einlagern, danach noch gemeinsam eine Kleinigkeit jausnen, das hat Sinn.
Barbara bleibt noch ein wenig im Lager, sie muss ihren Sohn später in Linz abholen. Ich vertschüsse mich um 20 Uhr, heim und reüssiere diesen Tag, der ein langer, aber guter war. Großen Dank all unseren Spendern/innen, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag machen durften. Vergelt’s Gott und habt ein schönes, erholsames Wochenende. Schön, dass es Euch gibt. 😊 <3
*(Namen geändert)