Die letzte Tour!
Vormittag Spendenannahme im Lager, Nachmittag Garten- und Haushaltsarbeit, und abends, heute die (fürs Erste) letzte Linz-Tour. Kathi fährt heute wieder mit auf die Linz Tour, wir treffen uns am Bahnhof, um 18.30Uhr, vorher aber muss ich nochmal ins Lager um 17.15Uhr, die junge SPÖ Linz Land sammelte für uns wieder Spenden, beim Billa Plus in Ansfelden und brachte über 1000 Artikel ins Lager (Es gibt dazu separat ein Posting). Als alles im Lager auf Trolleys verstaut war, machte ich mich auf den Weg zum Bahnhof.
Kathi war noch nicht da und ich beobachtete das Treiben vor dem Bahnhof. Einsatz von Polizei, Rettung und Security, ein Mann wollte sich nicht einliefern lassen und wehrte sich gegen die Zwangsmaßnahme, erfolglos. Dann kommt Kathi und wir brechen auf zum Schillerpark, unsere 1. Anlaufstation bei der Linz Tour.Im Schillerpark, eine Spazierrunde und wir sammeln alle auf und bringen sie zum Bus. Affi ist vor Schmerzen nicht fähig, aufzustehen, ihm nimmt Richi etwas vom Bus mit. Richie, Elmar, Michael, Stefan und alle anderen kommen mit und holen sich T-Shirts, Jacken, Unterwäsche, Socken, Lebensmittel, Hygieneartikel und sind unwahrscheinlich dankbar, dass wir dieses „Angebot“ jede Woche anbieten, heute leider zum letzten Mal fürs Erste, bis Herbst. Affis Hose muss gewechselt werden, ich gebe Richie alles mit, Unterwäsche, Socken, Jeans, Sweater, und 2 Jetons für die Notschlafstelle. Richie geht seit etwa 5 Wochen arbeiten und muss noch in die Notschlafstelle schlafen gehen, weil er sich noch keine Wohnung leisten kann, Kaution, Mietvorauszahlung usw. ist noch nicht drinnen. Ich bewundere aber Richie, dass er das echt durchzieht, großartig. 2 neue Obdachlose haben sich an die Gruppe um Elmar und Richie angehängt, kommen auch mit zum Bus und brauchen Schlafsack und Isomatten so wie Decke und zu essen. Es wird uns auch noch erzählt, dass Freitagabend Elvisa verhaftet wurde. Wir wissen, dass Elvisa am 2.7.2021 für 2 Monate ins Gefängnis muss, vielleicht hat sich Elvisa im Termin geirrt und wurde deshalb schon jetzt abgeholt und eingeliefert? Wir wissen es nicht. Michael geht es heute gar nicht gut, wir hören von einer Sache, die gar nicht schön ist, und deshalb will zurzeit niemand etwas mit Michael zu tun haben. Er ist „ausgestoßen“ und jeder lässt ihm das spüren, deshalb dann beim Bus seine Tränen. Er wiederholt oft seine Dankbarkeit und wünscht uns gefühlte 10-mal das Beste.
Weiter zum Volksgarten, wo wir Stefan und Udo treffen, die auch mit zum Bus kommen. Stefan ist Berliner und Udo, ein feiner Typ, den ich schon fast 5 Jahre kenne. Beide nehmen auch Lebensmittel und Getränke mit und Udos Rucksack, schaut zum Platzen aus. Er verspricht auch am Donnerstag zum Bus zu kommen. Es geht Udo nicht gut, er könnte ein Zimmer bekommen, kann aber die Kaution nicht aufbringen. Er weiß zurzeit deshalb nicht weiter, leider können wir bei Kautionen auch nicht helfen, nur bei Mieten und Betriebskosten. Stefan scheint ein kleines Schlitzohr zu sein, denn Kathi händigt Udo und Stefan je 6 Zigaretten aus, und Stefan sagt 2 Minuten später, Zitat: „Nö, ich habe keine Zigaretten bekommen“. Mit solchem Schmäh sollte er normalerweise keinen Erfolg haben, wir drücken ein Auge zu und geben ihm noch 6, natürlich Udo auch, da er es ja gesehen hat und wir niemanden benachteiligen wollen. „Sowas habe ich noch nie gesehen, Wahnsinn“, so Stefan, der diesen Satz gefühlte 20-mal wiederholte.
Vom Volksgarten wieder zum Bahnhof, Finanzgarage, Park vorm Hauptbahnhof, eine zu Fuß-Runde und wir treffen die „Italienerin“, die ich mit meinem absoluten Italienisch für Nichtkönner mit „Mandschare“ zum Bus locke. Sie nimmt gerne ein Sackerl voller Lebensmittel und bedankt sich auf Italienisch. Kaum war die Italienerin gegangen kamen 2 arabisch-stämmige Herren und wollten sich auch Lebensmittel holen. Einen davon kenne ich schon etwa 3 Jahre, er war jede Woche früher bei uns beim Bus, bis er uns nach vielen Wochen endlich seinen Einkommensnachweis brachte und wir sahen, dass er nicht bedürftig ist. Heute verlange ich erneut einen Einkommensnachweis und verweise ihn auf den Donnerstag. Vom Park direkt ins Terminal, Gaby liegt schon auf ihrer nassen Matratze, es geht ihr nicht gut. Letzte Nacht die Verhaftung Elvisas, viel Lärm, ein Einsatzkommando und viele Obdachlose, die nicht wussten, was auf einmal los war. Gaby holt sich ihr Sackerl ab, Mario und Michael, die sich gemeinsam mit Elmar eine Koje am Terminal teilen, kommen zum Bus. Mario hat eine riesengroße Beule am Kopf, Michaels „Werk“, im Schlaf hat Michael, Mario mit einer Flasche attackiert, Wahnsinn! Mario erzählt mir auch, dass er mich morgen Montag anrufen wird, er geht ins Wagner-Jauregg, eine Entziehungskur zu machen. Er hat am Montag ein Gespräch dort und hofft sehr, aufgenommen zu werden. Unsere Kathie ist erschüttert, sie kennt Mario und erkannte ihn jetzt nicht gleich, Mario hat sich sehr verändert in den letzten 4 Monaten. Mario und Michael nehmen gemeinsam 1 Sackerl, und sind ebenfalls überglücklich über unseren „Service“. Roman kommt auch herüber und bittet um die schmackhaften Cabanossis, um Getränke und ein paar Zigaretten.
Als alle zufrieden sind, gehen wir eine Runde am Terminal, Ingrid fehlt heute, Elke schläft, und es ist mittlerweile 22.15 Uhr. Wir drehen unsere Runde und gehen auf den Bahnsteig, zu Renate. Sie hat nicht mehr mit uns gerechnet, weil es schon so spät ist. Renate erzählt von ihrem Ex-Mann Egon, der bald aus dem Gefängnis kommt und sie möchte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Irgendwie hat sie Angst davor, er könnte wieder vor ihr stehen, und auf der anderen Seite möchte Renate ein Annäherungsverbot verordnen lassen, was nicht so einfach werden dürfte. Renate kommt mit zum Bus und holt sich ebenfalls Lebensmittel und bleibt dann gleich zum Schlafen hier.
Nach dem Terminal geht es weiter, an die Donaulände zu Florian. Er liegt und all die Leute, die zum Public Viewing kamen, gehen an Florian vorbei. Wir fragen, ob wir helfen können: „Ja, bitte, meine Umhängetasche mit meinen Unterlagen ist kaputt“. Wir schauen beim Bus nach, ob wir eine mithaben, leider, ich gebe Florian einen Rucksack, wo er seine kaputte Tasche einstweilen reingeben kann. Ich verspreche Florian, zeitnah eine Tasche vorbeizubringen, trotz der Einstellung der Linz-Tour. Kathie bringt ihm dann noch Getränke zum Schlafplatz und wir gehen eine Runde ums Brucknerhaus. Wahnsinn was sich hier abspielt. Nicht in Worte zu fassen. Wir fahren weiter, zu Franziska, die wir vorher schon im Volksgarten trafen.
Wir kamen zeitgleich mit Franziska an ihrem Schlafplatz an, es begann gerade zu regnen, mittlerweile ist es 23.15 Uhr, und ich habe von Trudy Moser Hundemäntel bekommen, da habe ich gleich einen mitgenommen, für Franziskas Emma. Emma freut sich sehr als sie uns erkennt und Franziska ist auch gut drauf. Sie erzählt uns von Sr. Lydia und Sr. Martha, die sich ebenfalls rührend um sie kümmern, und was sich mit Gerald geändert hat, seit der Vorwoche. Sie erzählt, Gerald hat unser Lebensmittelsackerl angenommen und hat sich bedankt, ein riesengroßer Schritt für Gerald, endlich etwas anzunehmen. Ich freue mich riesig. Franziska begleitet uns dann auch zu Gerald, der ist jedoch noch nicht da und wir stellen das gepackte Sackerl auf seine Matratze und gehen zurück zum Bus. Ich erinnere Franziska, dass wir kommende Woche den 2. Impftermin in der Tierklinik Sattledt haben, wo Emma die 2. Spritze bekommt. Ich werden den Termin am Montag abklären und mit den Beiden dann nach Sattledt fahren. So, genug getrödelt, weiter geht’s, es ist schon 00.10 Uhr und fahren noch zum Dom, zu der jungen Frau. Die noch wach ist, gerade eine Zigarette raucht und uns freundlich begrüßt. Sie brauche nichts zu essen, aber bitte etwas zu trinken. Bitte schön, wir händigen Mineralwasser aus und sie erzählt ein wenig aus ihrem Alltag, dann geht es für uns wieder weiter.
Auf, zum Pleschingersee, wo uns Igel, Hasen und andere Tiere begrüßen. Dort steht auch ein Rad und es schläft jemand in der Ecke, wir wollen niemanden aufwecken und lassen ihn schlafen. Wir schauen nochmal genau ob etwas drauf hindeutet, ob es eventuell ein Obdachloser oder ein Tourist mit dem Fahrrad ist, wir wissen es nicht. So stellen wir unseren Bus zur Seite und fahren ein Stück vor, um dann ein paar Schritte runter zum See zu gehen. Einige Fischer zelten hier, wir gehen zur Wasserwacht und setzen uns dort auf das Trapez. Die laue Sommernacht tut gut, ein wenig loslassen von der langen Tour heute und unter einem teilweise wolkenverhangenen Himmel, die Stimmung genießen.
Nach gut einer halben Stunde gehen wir zurück und fahren weiter, nochmal zum Bahnhof, wir suchen immer noch „Hadschi“, den uns die ÖBB Security ans Herz legten, wir finden ihn auch heute nicht. In der Bahnhofstiefgarage liegt der Musiker, der vor einigen Monaten schon hier Station machte, auch ihn lassen wir schlafen. Die Uhr zeigt uns 1.30 Uhr an und wir brechen auf, ins Lager Ansfelden, alles auszuladen und einzulagern. Das geht heute ziemlich schnell und ich bringe dann Kathie noch heim, um 2.20 Uhr war dann auch ich zuhause, übermüdet und fertig von dem langen Tag. Die letzte Linz-Tour setzt mir ganz schön zu, trotzdem werden wir diese im Herbst wieder so machen, weil sie einfach dringend notwendig ist. Euch liebe Leute wünsche ich einen geruhsamen, erholsamen Sonntag und alles liebe, danke an Kathie für deine tolle Hilfe, und an all unsere Spender eine tiefe Verneigung, dass wir diese, unsere Aktion immer wieder machen dürfen. Vergelt’s Gott und Danke! 😊 <3