Direkte Hilfe ist doppelte Hilfe!
Direkte Hilfe ist doppelte Hilfe!
In den vergangenen 12 Jahren, seit wir unsere Hilfe für arme und obdachlose Menschen in Österreich zur Verfügung stellen, ist viel geschehen, viel passiert, und vieles im Kopf, obwohl schon Jahre vergangen, ist immer noch präsent und gegenwärtig. Situationen die eskalierten, Momente der Hilflosigkeit, Minuten und Stunden der Schockstarre und Tage und Wochen fehlender wichtiger Unterstützung. Menschen, die in ihren aktuellen Lebenslagen nicht mehr weiter wussten, sich auf die Suche nach Hilfe begaben und oft nur enttäuscht wurden, weil man ihnen auf der Suche nach Hilfe wieder nur die Hoffnung nahm und jeden Lichtblick willkürlich zunichtemachte.
Wir haben in all den Jahren oft hautnah beobachtet, wie Menschen, die um Hilfe gebeten werden, reagierten. Manche setzten eine grimmige Mimik auf und gehen doppelt so schnell weiter wie bisher, viele glaubten die Bitte nach Hilfe mit einem dummen Kommentar auflösen zu müssen und die Minderheit beginnt zumindest mit dem Hilfesuchenden zu reden und bietet zwar keine umfassende aber eine Hilfe der Lebenslage angepasst, an. Einige Menschen gehen zur Billa und kaufen dem Hilfesuchenden zu essen und zu trinken, einige geben 2…3 Euros und gehen mit diesem Menschen wertschätzend und respektvoll auf Augenhöhe um und stellen sich dem Gespräch.
Es ist wirklich alles möglich und man kann es im Vorfeld nicht erahnen, wie Menschen reagieren, wenn sie um Hilfe gebeten werden. Aber wäre es nicht unsere gesellschaftliche Pflicht, jemanden der um Hilfe bittet, auch Hilfe zukommen zu lassen? Es steht jetzt einmal nur die Frage im Raum, OB man helfen sollte, ohne seine eigene missliche Laune an jemandem auszulassen oder einen dummen Kommentar abzugeben, ob es nicht unsere mitmenschliche Pflicht wäre, die Not zu lindern. Egal warum dieser Mensch sich gerade in einer „Notsituation“ befindet, es ist wurscht, ob er an seiner Situation selbst schuld ist oder nicht, Tatsache ist, er ist in dieser Lage und benötigt fremde Hilfe. Oft maßen wir uns Urteile an, die uns nicht einmal im Ansatz zustehen, weil wir den Weg dieses Menschen keinen Meter mitgegangen sind, wir waren keinen Meter Lebensweg in seinen Schuhen unterwegs, deshalb können wir auch sein Leben nicht in Frage stellen, seine Bedürfnisse nicht nachfühlen und seine Schuld, die dieser Mensch vielleicht auf sich geladen hat, nicht be- und verurteilen. Aber genau das findet statt, jeden Tag, jede Stunde, oftmals.
Wenn jemand Hilfe braucht, ist es unsere verdammte Pflicht, zumindest zuzuhören und nicht vorher schon den Stab über diesen Menschen zu brechen. Armut ist zurzeit weit verbreitet, bei vielen Menschen omnipräsent ohne eine Möglichkeit, aus dieser Situation fliehen zu können. Die Teuerungen aus den letzten Monaten und Jahren, die exorbitanten Mietanpassungen und explodierenden Energiepreise, viele Menschen wissen nicht mehr, wie sie diese immensen Kosten begleichen können. Viele ältere Menschen gehen nicht an die Öffentlichkeit, weil sie sich ihrer Armut schämen und viel lieber schweigen als um Hilfe zu bitten. Diese armen Menschen mit sofortiger Hilfe zu erreichen, ist seit langer Zeit ein großes Anliegen von mir.
Ich habe mir oft und stark den Kopf zerbrochen, wie man diese Menschen in der Masse finden könnte, welche Möglichkeiten es gibt, jene Menschen ausfindig zu machen, um zu helfen. Ich habe oft mit Pfarrern telefoniert, mit Bürgermeister und Ortsvorsteher bzw. mit vielen sozialen Diensten in Stadt und Land geredet und versucht, dem Problem näher zu kommen. Recht erfolgreich war ich damit leider nicht, ich war bisher immer darauf angewiesen, dass ein Nachbar, ein Verwandter oder Bekannter, der von der Notlage wusste, mich zu informieren, erst dann konnte ich direkte Hilfe leisten. Auch weil ich dann eine Person als „Mittelsmann“ hatte, der ich Lebensmittel für die in Not befindlichen Menschen mitgeben konnte, ohne dass sich jener Mensch als arm outen musste, was für viele leider nicht in Frage kommt, lieber leiden sie weiter.
Aber wie weit lassen wir die Leidensgrenze noch anschwellen bevor wir hinschauen und direkt helfen? Wie lange wollen wir die ärmsten Menschen noch mit Schuldfragen konfrontieren, ehe wir unser Herz sprechen lassen? Mir ist es immens wichtig, ohne viel zu fragen, zu helfen, und wirklich dort zu helfen, wo es am dringendsten und am nötigsten ist. Direkte und schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe. Und seien es „nur“ Ratschläge, ein wertschätzendes Gespräch auf Augenhöhe das man mit einem Lächeln quittiert, auch das ist eine große Hilfe in einer angespannten Lebenssituation.
Schaut nicht weg liebe Leute, schaut hin, und wenn ihr helfen wollt, egal wie, dann traut euch und macht es, die Menschen da draußen werden es euch herzlich danken, ganz sicher. Bei manchen Anrufen, die mich erreichen, geht es oft ganz schön ans Eingemachte, heißt so viel wie, dass mich auch heute noch, viele Schilderungen am Telefon einfach nur erschüttern. Die Armut nimmt stark zu in unserem Land, lt. Statistik Österreich leben in Österreich über 1,5 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze, und das ist schon eine Zahl, die mich tieftraurig macht. Vor allem weil in dieser Zahl auch viele, viele Kinder hineingezählt wurden. Wenn Kinder nicht genug zu essen haben, ist höchste Anstrengung geboten, um diesen Zustand abzustellen, es kann und darf nicht sein, dass überhaupt jemand bei uns in diesem reichen Land, hungern und frieren muss.
Meine Zeilen hier sollen ein Zeichen sein, bitte nicht wegzuschauen, wenn ihr von Armut oder Obdachlosigkeit erfährt, unmittelbar zu helfen, in dem Ausmaß wie es euch möglich ist. DANKE!
Nach gut 3 Wochen Sommerpause ging es diese Woche wieder nach Linz zu unserem Verteil-Donnerstag. Wir wussten nicht was uns heute „blüht“ bzw. wie viele unserer Schützlinge kommen werden. In den letzten 2 Wochen haben mich viele Menschen angerufen und gefragt, wo wir bleiben, warum wir an den Donnerstagen nicht an unserem Platz sind. Wir haben im Vorfeld Zettel mit allen Terminen ausgeteilt wo draufstand, wann wir kommen und wann nicht, für viele unserer Schützlinge aber scheinbar immer noch nicht klar verständlich. Ein paar Personen mussten sich dann am Telefon noch echauffieren und aufregen, weil sie nichts mehr zu essen haben und wir jetzt daran „schuld“ sind. Wir haben unsere kurzen Sommerpausen angekündigt und müssen auch auf unsere ureigenen Ressourcen achten, um nicht auszubrennen und weiterhin helfen zu können. Eine junge „Dame“ aber hat es ziemlich übertrieben, per Facebook kontaktierte sie mich ziemlich schroff, weil sie den Verteil-Donnerstag verpasste, Zitat: „Wo bekomme ich jetzt etwas zu essen her? Mir wurde gesagt, dass ich Sie kontaktieren könnte und dann auch am Wochenende Lebensmittel bekomme.“ Zitat Ende. Was dann noch an Text so kam, gebe ich hier nicht wieder, es war einfach frech und anmaßend und da gehe ich dann auch nicht mehr näher darauf ein, da breche ich das Gespräch ab, denn niemand von uns muss sich anmotzen lassen, um dann auch noch sämtliche Schuldzuweisungen abzubekommen.
Wir helfen gerne, aber nicht, wenn man uns auf diesem Niveau begegnet. Frech oder anmaßend zu sein, zahlt sich bei uns nicht aus da wir sofort reagieren. Zunächst mit einem gutgemeinten Hinweis auf die Tonart und in der Folge mit einer weiteren Reaktion. Diese junge „Dame“ habe ich nun darauf aufmerksam gemacht, dass, wenn sie so weitermacht, sie von uns nichts mehr bekommt. Sie drohte mir dann mit der Polizei, weil ich sie, Zitat: „hungern lasse“, Zitat Ende. Ich habe dann die Kommunikation abgebrochen und werde, wenn sie zum Bus kommt, mit ihr nochmal eingehend ein Gespräch suchen.
Diese 3 Wochen haben mir richtig gut getan, waren erholsam und waren für mich wichtig, ich konnte vieles für mich tun, ich gehe mit meiner angeschlagenen Schulter in Therapie, die wirkt und hilft, ich konnte mir viele Momente für mich nehmen, die ich sehr genossen habe. Die Arbeit im Verein und unserer Aktion kamen in diesen Wochen erst an 2. Stelle, jetzt muss ich selbst schauen, wieder auf die Beine zu kommen. Im Verein helfen mir die vertrauten Menschen, die immer da sind und immer loyal hinter mir stehen, und das tut sehr gut, danke dafür liebes Team.
Der Tag begann gut und erfrischend, gut gelaunt und wir alle waren gespannt, wie viele Schützlinge heute kommen werden. Der Wettergott prognostizierte uns für den Verteil-Donnerstag hitzige 37° und wir sorgten schon vormittags vor, kühlten Getränke für den Nachmittag ein und belegten Brötchen. Genug Getränke dabei zu haben, war uns am wichtigsten. Diese Woche kaufte ich ausnahmsweise einen Karton Bananen und 20kg Äpfel ein, um etwas Vitamine für unsere Schützlinge parat zu haben. Bananen und Äpfel nehmen sie immer gerne an, mehr Obst ist zurzeit aber leider nicht möglich. Dafür gibt es aber genug andere Lebensmittel, die mindestens genauso wichtig sind.
Am Vormittag war Hilde und Rena mit Kimi im Lager, zu Mittag kamen dann auch Rudi, Gaby und ihr Mann zur Hilfe. Es machte richtig Spaß nach diesen Wochen des Nichtstuns wieder den Teamspirit zu spüren und gemeinsam für den Verteil-Donnerstag zu arbeiten. Immer noch wären neue Mitglieder, neue Helfer: innen herzlich willkommen, wir würden uns über jede helfende Hand freuen, und sei es nur für wenige Stunden im Monat. Für heute Mittag hat Maria einen Nudelsalat vorgesehen, ich habe dafür die Nudeln vorgekocht und Maria macht unser leckeres Mittagessen fertig, bevor wir anschließend gemeinsam den Bus beladen.
Einige Dinge müssen noch im Lager geordert und eingepackt werden, Gürtel für Lenny, kurze Hosen und T-Shirts, Sandalen und Crogs. Um 15 Uhr fahren Gaby und ich gemeinsam mit dem Transporter Richtung Linz, bei heißen Temperaturen und schönstem Wetter. Da aber der gesamte Busbahnhof mit Asphalt versiegelt ist, wird es heute von unten ganz schön heiß hergehen, heißt so viel wie, wir müssen gut aufpassen, genug zu trinken und unsere Schützlinge im Auge behalten, damit niemand kollabiert.
Bei Ankunft am alten Bus-Terminal warten schon etwa 10 Personen und unser Platz ist gottseidank frei. Gleich beim Aufbauen fällt uns ein, wir haben einen Sonnenschirm vergessen, die süßen Sachen wie Schokolade werden heute ein heißes Dasein fristen, wir nutzen die kleinen Schatten, um die Schokolade u.ä. vor Zerrinnen zu schützen.
In Linz kommen noch Brigitte, Max und Peter dazu, um uns tatkräftigst zu unterstützen und es ist eine großartige Stimmung im Team. Jede/r einzelne in unserem Team ist wichtig und alle ziehen an dem einen Strang, der zählt, und dieser gemeinsame Strang heißt, „HELFEN“. Alles andere wird für die nächsten 2 Stunden untergeordnet und ist primär nicht wichtig. Nach dem Ausladen und Aufbauen öffnen wir die Pforten um Punkt 16 Uhr und beginnen mit der Ausgabe.
In der Warteschlange herrscht Ruhe und Disziplin, und alle wissen, dass wir genug Lebensmittel dabeihaben, niemand muss sich fürchten, leer auszugehen. Am Ende werden es heute gut 50 Menschen sein, die uns heute besuchen und sich Lebensmittel für die nächsten 2 Wochen holen. Gerechnet hätten wir mit dem doppelten an Menschen. Wir teilen vorab kalte Getränke und die belegten Brote aus und gleich zu Beginn kommt ein Schützling auf mich zu und informiert mich über fragwürdige Aussagen von F., dem wir heuer 4 Monate eine Wohnung zur Verfügung stellten damit er nicht im kalten Bus-Terminal schlafen muss. F. erzählt unwahre Dinge über mich und dem Verein und Max sagt sofort zu mir: „Walter hör dir diesen Schrott nicht an, lass das nicht an dich ran“, ja, mache ich, weil es mich sonst verletzen würde, wenn ich darüber nachdenken würde.
Dass manche Schützlinge, nachdem wir oftmalig geholfen haben, über mich und meinen Verein schimpfen, werde ich nie verstehen und ich werde mir Max‘ Aussage zu Herzen nehmen und künftig solche Dinge nicht mehr an mich heran lassen. Diese Dinge, die mir so zugetragen werden, sind ja meistens nur darauf ausgelegt, zu verletzen, deshalb werde ich künftig versuchen, auf Durchzug zu stellen, um weiterhin helfen zu können, sonst würde mich der Frust vermutlich auffressen.
Die Warteschlange schwillt immer wieder kurz an, aber alle versuchen die Ausgabe schnell abzuwickeln, um niemanden zusätzlich der enormen Hitze auszusetzen. Schwitzen und leiden tun wir alle enorm ob der Hitze, aber wir werden es überleben. Kurze Hosen, T-Shirts, Sandalen und Crogs gehen weg wie warme Semmeln, bald schon haben wir gewisse Größen nicht mehr lagernd heute. Frau M. (64), die selbst keine Pension hat und ihr Krebs, der nur mehr palliativ behandelt wird, ist tapfer und dankbar, dass sie jeden Donnerstag zu uns kommen kann und hier Lebensmittel bekommt. Ihre Dankbarkeit ist deutlich zu spüren und kommt mitten im Herzen an, ich wäre viel glücklicher, wenn ihr auch gesundheitlich geholfen werden würde, aber leider gibt es da nicht mehr viel Hoffnung.
Ich muss mich umdrehen, um die Situation für mich zu entspannen, meine Augen sind feucht und ich kämpfe mit mir und verstehe wieder einmal nicht, warum Menschen so leiden müssen, aber so ist das Leben. Bei Halbzeit unseres Verteil-Donnerstags ist es ruhig und die Warteschlange wurde abgearbeitet, wir haben Zeit für uns.
Einige Spaziergänger, die vorbeigehen zeigen uns ein Lächeln und den erhobenen Daumen, tut gut diese Anerkennung, Balsam für die Seele. E., die auch heute wieder zu uns kommt und ihren aktuellen Einkommensnachweis bringt, hat zurzeit leider zu viel Einkommen und da wir alle Schützlinge gleich behandeln, bekommt sie leider keine Lebensmittel mehr. Alle Schützlinge gleich zu behandeln ist uns immens wichtig, es gibt eine Einkommensgrenze und die gilt für alle.
Zu guter Letzt kommt wieder Herr S. als letzter, kommuniziert lautstark mit sich selbst und wettert unverständlich gegen irgendwelche Dinge. Herr S. kommt immer als Letzter, heute 10 Minuten vor Schluss, er steht lieber im Bahnhofspark und nimmt die Zeit nicht so wichtig, das haben wir ihm schon ein paarmal erklärt, dass das so nicht geht. Die 10 Minuten heute jedoch lassen wir durchgehen, sonst sind es lediglich 2-3 Minuten vor 18 Uhr, wo er zu uns kommt. Langsam geht unser Verteil-Donnerstag zu Ende, Peter, Max und Gaby schlichten die leeren Boxen zusammen, klappen die Tische zusammen und Rudi schlichtet alles im Transporter und sorgt für gute Ladungssicherung.
Es war ein normaler Donnerstagnachmittag, ohne große Zwischenfälle aber mit einem guten Gefühl, allen Anwesenden mit dem Nötigsten geholfen zu haben. Um 18.10 Uhr fahren Gaby und ich gemeinsam Richtung Lager Ansfelden, Rudi und Max kommen nach. Die Klimaanlage im Transporter tut schon sehr gut, etwas Abkühlung nach den heißen Stunden in Linz. Im Lager helfen wir zusammen, um alles schnellstens auszuladen und wieder einzulagern, anschließend gibt es noch den zu Mittag übriggebliebenen leckeren Nudelsalat.
Wir bedanken uns bei all unseren Gönner:innen und Wegbegleiter:innen, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften. Danke dass ihr uns unseren Verteil-Donnerstag ermöglicht, um den armen und obdachlosen Menschen helfen zu können.
Danke und Vergelt’s Gott.
In 14 Tagen ist der nächste Verteil-Donnerstag, bis dahin bleibt uns bitte gewogen und wir grüßen Euch lieb.
Gott segne euch.