Helfen, aber wie?
VERTEIL-DONNERSTAG VOM 22.4.2021:
Oft werden wir gefragt, wie kann man am besten helfen, wie am einfachsten, wie am schnellsten? Es gibt kein „Rezept“ wie und wann man hilft, die Hilfe muss auch auf den Hilfesuchenden abgestimmt sein, nicht jede/r kann die Hilfe auch annehmen. Oft sind persönliche Gründe daran schuld, oft ist eine psych. Krankheit verantwortlich für die Absage. So viele obdachlose oder arme Menschen es gibt, so viele Beweggründe gibt es auch, Hilfe anzunehmen oder eben nicht anzunehmen. Man muss hier langsam mit sehr viel Geduld und gutem Rat vorgehen. Viele wollen keine umfassende oder schnelle Hilfe, weil die Veränderungen oder die Geschwindigkeit sie hoffnungslos überfordern und als Ergebnis sie dann alles negieren und abbrechen. Am besten ist es, wenn der Obdach- oder Wohnungslose seinen Wunsch selbst definiert, selbst beschreibt, und man arbeitet gemeinsam mit ihm/ihr in diese Richtung. Es kann aber immer noch passieren, dass wenn jemand wirklich um Hilfe oder Begleitung „ruft“, er/sie beklemmende oder angsterfüllte Gefühle bekommt, weil er/sie sich die Situation vielleicht anders ausgemalt hatte. Ein Beispiel: Ein obdachloser Mensch möchte weg von der Straße, möchte gerne wieder ein geregeltes Leben führen. Dann wird man zuerst abklären wie er/sie es sich vorstellt, was er/sie sich wünschen würde, wovon das finanziert werden soll und alle wesentlichen Fragen, die sich hier stellen. Es kann an Details scheitern, an vermeintlich kleinen unwesentlichen Dingen, für den Schützling aber sind es ganz wichtige Details. Wichtig hier ist, dass die Menschen selbst die Initiative ergreifen, den 1. Schritt machen und sozusagen „beweisen“, dass sie das wirklich möchten. Bei einigen unserer Versuche in der Vergangenheit, Obdachlose weg von der Straße zu bringen, mussten wir dann schlussendlich doch einsehen, dass uns dafür die unbedingt notwendige Berufsausbildung zum Sozialarbeiter oder Psychologen fehlt und wir diese Art von Hilfe nicht leisten können und auch nicht wollen.
Zum Beispiel A., wir suchten für A. ein Zimmer, eine Bleibe, damit er seinen Hauptwohnsitz anmelden kann und wieder Leistung bekommt, dann ist er krankenversichert und kann an seiner Zukunft arbeiten und er ist weg von der Straße. A. ist nun fast 3 Monate in einem Zimmer, in all dieser Zeit fiel er Woche für Woche tiefer in eine Depression, in eine große Haltlosigkeit. Er überspielt vieles gekonnt mit einem Lachen und leichten Sprüchen, die alle Ernsthaftigkeit vermissen lassen. A. weiß mittlerweile, dass er so leicht nicht Fuß fassen wird im Leben, aber er will es selbst nicht realisieren, sondern verdrängt die Gründe, warum es so ist. A. konnte in den 3 Monaten keine Kopie seines verlorengegangenen Stapler-und Kranscheines besorgen. Er versprach uns oft Dinge, die er nie imstande war, zu halten. Aber warum macht A. das? Nicht aus Bosheit, nicht absichtlich, und schon gar nicht, um jemanden zu verletzen. Nein! Er schafft es nicht, seine Situation realistisch einzuschätzen, er sucht Ausreden, flüchtet in Unwahrheiten, verdreht Dinge und legt sich diese so zurecht, dass er mancher Dramatik hier neuen Schwung geben kann. A. übertreibt oft, erfindet Sachen oder Situationen, wir versuchten ihm des Öfteren schon die Dringlichkeit zu vermitteln, dass er unbedingt in ärztliche Obhut müsse, er braucht Tabletten und eine psychologische Begleitung. Er schickt im regelmäßigem Rhythmus Selbstmord SMS, er wolle nicht mehr leben, habe eh keine Zukunft, kurz, er mag nicht mehr leben. Für uns, die wir uns große Sorgen machen, ist jedes Mal bei so einer SMS von A., Feuer am Dach. Natürlich möchte niemand, dass A. sich etwas antut, aber auf der anderen Seite begibt er sich in keine psychologische Behandlung. Er braucht das nicht und will nicht, sagt er.
Nach 3 Monaten vor und zurück, auf und ab, müssen wir uns nun beginnen abzugrenzen, weil diese Drohungen etwas mit uns machen, dass nicht gut ist für uns. Wir können A. nicht zwingen, sich in Behandlung zu begeben, für eine Zwangseinweisung fehlt scheinbar die Fremdgefährdung (Auskunft WJ-KH). Nur, wir sehen zurzeit keinen Lösungsansatz, keine Möglichkeit, A. weiter zu helfen. Wir haben vieles probiert, vieles ist gelungen, vieles wollte A. nicht. Wir bemühten uns, ihm eine 2. Chance zu geben. A. ist zu krank, um diese 2. Chance überhaupt zu sehen, geschweige denn wahrnehmen zu können. Das tut richtig weh, tief im Herzen. Uns sind die Hände gebunden, wir stehen mit unserem Latein an, wissen nicht mehr weiter, wie wir A. noch helfen können. Wir werden ihm weiter behilflich sein, mit Lebensmittel und allem, was er zum Leben braucht, aber wir können eben diese intensive Betreuung nicht mehr leisten, weil wir auch Angst haben, seinen Selbstmorddrohungen genügend Nährboden zu geben, dass er uns dirigieren kann, unbewusst! Absichtlich würde A. das niemals machen, aber in diesem Krankheitsbild, in dem er sich befindet, braucht er absolut professionelle Hilfe, die wir nicht leisten können. Seine Welt wurde in den letzten Wochen eine eher träumerische, in der er gerne sein würde, er dichtet sich seine Wahrheit, träumt sich seine Welt zurecht. Wir können A. in dieser Form, ohne dass er sich in ärztliche Hilfe begibt, nicht mehr helfen. Und er selbst sieht es aber partout nicht ein, dass er überhaupt Hilfe braucht. Hier aber beginnt unser Selbstschutz, bevor uns seine Selbstmorddrohungen auffressen. Das liebe Leute, ist für uns auch irgendwo ein Eingeständnis, dass wir künftig AUSSCHLIESSLICH bei unseren, erprobten Hilfestellungen bleiben. Wir wollen die Umstände, unter denen die Menschen leben müssen, abfedern, wollen mit Lebensmittel, Hygieneartikel, warmer Kleidung und Schuhen, Schlafsäcke und allem was man zum Leben braucht, helfen. Aber wir sind keine Psychologen, keine Sozialarbeiter, keine Menschen mit sozialpädagogischer Ausbildung, also werden wir diese Arbeit denen überlassen, die das wirklich können. Wir müssen einsehen, dass das Projekt A. nicht weiterzuführen ist. Die Konsequenz wird sein, dass wir A. in professionelle Hände übergeben, so er das zulässt. Vielleicht öffnet er sich dann einer dringend notwendigen medizinischen Behandlung. Und A. ist hier kein Einzelfall, M. ist genauso krank, und genauso uneinsichtig. Leider!
Welche Hilfe ist die Beste, werden wir oft gefragt. Geld zu geben ist keine gute Idee, weil das Geld meist in Alkohol oder Drogen investiert wird. Wenn ihr wirklich helfen wollt, nehmt die Menschen an der „Hand“ und kauft ihnen was zu essen und zu trinken, oder eine warme Mahlzeit, kauft ihnen Schuhe, wenn ihr das machen möchtet, kauft ihnen eine warme Winterjacke, zahlt für den Menschen eine Nacht in der Notschlafstelle, aber gebt bitte kein Geld! Wer wirklich Hunger hat, nimmt Euer Angebot über eine Jause oder eine warme Mahlzeit dankend an.
Manche Menschen auf der Straße möchten gar kein Geld, keine Jause, keine Zigaretten, wollen nur mit jemanden reden und erzählen, möchten gehört werden, wollen ernstgenommen werden. Wenn man hier Geduld hat, zuzuhören, wird man Schicksale erzählt bekommen, dass einem die Gänsehaut frösteln lässt. Liebe Leute, schenkt Zeit, Zeit für ein Gespräch, Zeit für ein Kennenlernen auf einer Bank, Zeit für DIESEN Menschen, er wird Euch unwahrscheinlich dankbar sein. Wer das nicht kann, auch gut, der/die kann anders helfen. Es gibt z.B. am Südbahnhofmarkt ein kleines, attraktives Café, eigentlich schon eine Institution, Kurt Traxl mit seiner Kaffeerösterei sammelt in seinem kleinen Juwel mit seinem „Coffee For Soul“, Gelder, die er 1:1 an Obdachlosenvereine bzw. Einrichtungen weitergibt. Auch kann man bei Kurt Kaffee kaufen, die er dann an vorbeikommende Obdachlose ausgibt. Eine großartige Möglichkeit, den Obdachlosen auf diese Weise zu helfen. Es gibt auch Gasthäuser, wo man Menüs kaufen kann, die dann an Obdachlose ausgegeben werden. Also Hilfe kann vielfältig sein, jede/r kann helfen. Das hier sollte ja nur ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie Hilfe funktionieren könnte. Und wenn sich jemand von Euch irgendwann zu einem Obdachlosen auf die Bank setzt und sich mit ihm unterhält, würde es mich sehr freuen, davon zu erfahren.
Nach allen Vorbereitungen ging es heute in den Verteil-Donnerstag, nach unserem Spendensammel-Montag bei Billa Plus der 2. Termin diese Woche. All die Vorbereitungen wie gehabt, Kühl- und Tiefkühllager, Gebäck und Brot aus Haid. Für heute war ab 15 Uhr leicht bewölkt vorausgesagt, na dann kann ja nichts passieren. Wir packen Unmengen an Lebensmittel ein, Obst und Gemüse, an Wurst und Leberkäse. Alles gut verstaut geht es um 15.15 Uhr Richtung Linz. Als wir ankamen warten etwa 12-15 Schützlinge. Am Ende werden es heute 104 (!) Schützlinge werden, die sich bei uns Lebensmittel holen. 104 Menschen, denen wir auf unsere bewährte Weise mit EURER Unterstützung, helfen dürfen. Wie gewohnt werden die Abstände und die Maskenpflicht nicht eingehalten, wir fordern diese aber restriktiv ein, ohne Wenn und Aber. Einer in der Reihe glaubt wieder, provozieren zu müssen, nach einer eingehenden Erklärung meinerseits, gab er es auf. Gaby vom Terminal kam heute auch zum Bus, holte sich das Nötigste und die gewünschte aufblasbare Isomatte. Zum Schluss war es dann aber für Gaby unmöglich, alles tragen zu können also ging ich mit und half ihr tragen. Als ich zurückkam vom Terminal, kam Elvisa zum Bus, Elvisa, die nur selten zu uns findet, weil sie dauernd den Termin vergisst. Heute freue ich mich sehr, sie zu sehen. Das erste was sie möchte, ist eine Esterhazy-Schnitte, die wir heute verteilen. Sichtlich glücklich mit dem Stück Backkunst, lächelt Elvisa ihre Gabel an und nimmt den nächsten Happen zu sich. Kaum ist Elvisa weg, kommt Laura, eine tschechische Professorin, die ihre Ausbildung in Österreich wiederholte und es so zu einer Magistra schaffte. Laura ist schwer krank, ich erkannte sie nicht gleich, so eingefallen ist ihr Gesicht, so krank schaut sie aus. Laura braucht Schuhe, eine ordentliche Hose und einen Sweater unter der Jacke. Ingrid kümmert sich rührend um Laura, die nur noch weint, seufzt und … genau weiß, dass sie dieses Leben auf der Straße nicht mehr lange durchstehen wird. Unter Tränen erzählt sie, was sie sich wünscht, was ihr Wunsch wäre, hätte sie einen frei. Ihre Kinder sehen, kommt es ganz leise. Und wieder Tränen, Zittern und gekünsteltes Lächeln, das ihr niemand abnimmt. Laura schläft auf der Straße, lebt dort wo keine Frau das lange aushält, und schon gar nicht krank. Ich habe ihr versprochen, kommenden Samstag bei meiner Nacht-Tour, nach ihr zu schauen, ihr warmen Tee zu bringen und Lebensmittel. Laura hat keine Kraft mehr für einen Rucksack, darum hilft ihr ein älterer Herr um die 70, der bis vor kurzem noch eine kleine Wohnung hatte, bei dem sie bleiben durfte, und jetzt selbst obdachlos wurde. Ich könnte heulen, warum trifft es immer wieder gerade diejenigen, die sich nicht mehr wehren können, weil ihnen die nötige Kraft fehlt? Wie sollen solche Menschen leben und ÜBERleben, wenn niemand Obacht auf sie gibt? Warum muss das Schicksal manchmal so gnadenlos zuschlagen? Laura bekommt alles von Ingrid und der ältere Herr bekommt alles von unserer Beate zusammengepackt.
Um 18.02 Uhr stehen immer noch etwa 20 Schützlinge bei unserem Buis, die immer noch auf ihre Lebensmittel warten, darauf hoffen, dass jede/r von ihnen noch etwas bekommt. Manche haben wirklich Angst, nichts mehr zu bekommen, hungern zu müssen, gottseidank kann ich alle beruhigen. Wenngleich unser Bus um 18.45 Uhr, als wir zusammenräumen, richtig leer ist, da ist nichts mehr da, restlos ausgeteilt, Wahnsinn. Wir haben noch nicht einmal Monatsende und heute schon 104 Menschen beim Bus. Wie wird das erst nächste Woche? Manchmal habe ich große Angst, wir können all das nicht mehr stemmen, nicht mehr bewerkstelligen, aber mit Eurer Hilfe werden wir es schaffen, ich glaube daran! Als wir um 19.45 Uhr im Lager alles ausgeräumt und wieder eingelagert haben, reden wir noch kurz im Team über heutige Erfahrungen, viele Details, die ich nicht mitbekomme, da ich dauernd unterwegs bin, von unserem tollen Humer-Anhänger, in dem Ingrid ihre Kleidung hat, bis hinten, zum Parkplatz, und immer angestrengt und oft nicht ansprechbar, weil wieder vieles zu denken ist.
Ich sitze seit etwa 20 Uhr hier und schreibe diesen Text, seit etwa 3 ½ Stunden bemühe ich mich, Euch meine…unsere Eindrücke zu schildern, Euch in unser Geschehen mitzunehmen, abzuholen und Euch zu erzählen, was alles so passiert an unseren Donnerstagen. Viele schöne Momente, glückliche Minuten, dankbare Gesichter und was mich heute so freute, war, da kam ein junger Bus-Chauffeur aus Mattighofen, aus dem Schienenersatzverkehr, der beim langsamen Vorbeifahren sah, wie glücklich lächelnd die Menschen von unserem Bus weggingen, ging vom Terminal rüber zu uns, und sprach uns ein großes Lob aus und gab uns € 30,- Geldspende. „Sowas sah ich nur ganz selten“ waren seine Worte, die er mit einem herzlichen Lächeln unterstrichen hat. Solche Aussagen freuen mich, freuen unser gesamtes Team, sind die Quintessenz in der Vereinsarbeit, halten uns hoch und motivieren uns.
Langsam geht mir die Puste aus, mein Tag ist schon sehr lange, seit 6 Uhr früh, deshalb danke ich Euch sehr dass ihr immer aufmerksam dabei seid und uns weiter begleitet, und ein DANKE an all unsere Spender/innen, die auch diesen Verteil-Donnerstag wieder ermöglichten. Danke auch an unser gesamtes Team, das wieder großartige Arbeit leistete. Danke und Vergelt’s Gott dafür und, schlaft gut! 😊 ❤
Oft werden wir gefragt, wie kann man am besten helfen, wie am einfachsten, wie am schnellsten? Es gibt kein „Rezept“ wie und wann man hilft, die Hilfe muss auch auf den Hilfesuchenden abgestimmt sein, nicht jede/r kann die Hilfe auch annehmen. Oft sind persönliche Gründe daran schuld, oft ist eine psych. Krankheit verantwortlich für die Absage. So viele obdachlose oder arme Menschen es gibt, so viele Beweggründe gibt es auch, Hilfe anzunehmen oder eben nicht anzunehmen. Man muss hier langsam mit sehr viel Geduld und gutem Rat vorgehen. Viele wollen keine umfassende oder schnelle Hilfe, weil die Veränderungen oder die Geschwindigkeit sie hoffnungslos überfordern und als Ergebnis sie dann alles negieren und abbrechen. Am besten ist es, wenn der Obdach- oder Wohnungslose seinen Wunsch selbst definiert, selbst beschreibt, und man arbeitet gemeinsam mit ihm/ihr in diese Richtung. Es kann aber immer noch passieren, dass wenn jemand wirklich um Hilfe oder Begleitung „ruft“, er/sie beklemmende oder angsterfüllte Gefühle bekommt, weil er/sie sich die Situation vielleicht anders ausgemalt hatte. Ein Beispiel: Ein obdachloser Mensch möchte weg von der Straße, möchte gerne wieder ein geregeltes Leben führen. Dann wird man zuerst abklären wie er/sie es sich vorstellt, was er/sie sich wünschen würde, wovon das finanziert werden soll und alle wesentlichen Fragen, die sich hier stellen. Es kann an Details scheitern, an vermeintlich kleinen unwesentlichen Dingen, für den Schützling aber sind es ganz wichtige Details. Wichtig hier ist, dass die Menschen selbst die Initiative ergreifen, den 1. Schritt machen und sozusagen „beweisen“, dass sie das wirklich möchten. Bei einigen unserer Versuche in der Vergangenheit, Obdachlose weg von der Straße zu bringen, mussten wir dann schlussendlich doch einsehen, dass uns dafür die unbedingt notwendige Berufsausbildung zum Sozialarbeiter oder Psychologen fehlt und wir diese Art von Hilfe nicht leisten können und auch nicht wollen.
Zum Beispiel A., wir suchten für A. ein Zimmer, eine Bleibe, damit er seinen Hauptwohnsitz anmelden kann und wieder Leistung bekommt, dann ist er krankenversichert und kann an seiner Zukunft arbeiten und er ist weg von der Straße. A. ist nun fast 3 Monate in einem Zimmer, in all dieser Zeit fiel er Woche für Woche tiefer in eine Depression, in eine große Haltlosigkeit. Er überspielt vieles gekonnt mit einem Lachen und leichten Sprüchen, die alle Ernsthaftigkeit vermissen lassen. A. weiß mittlerweile, dass er so leicht nicht Fuß fassen wird im Leben, aber er will es selbst nicht realisieren, sondern verdrängt die Gründe, warum es so ist. A. konnte in den 3 Monaten keine Kopie seines verlorengegangenen Stapler-und Kranscheines besorgen. Er versprach uns oft Dinge, die er nie imstande war, zu halten. Aber warum macht A. das? Nicht aus Bosheit, nicht absichtlich, und schon gar nicht, um jemanden zu verletzen. Nein! Er schafft es nicht, seine Situation realistisch einzuschätzen, er sucht Ausreden, flüchtet in Unwahrheiten, verdreht Dinge und legt sich diese so zurecht, dass er mancher Dramatik hier neuen Schwung geben kann. A. übertreibt oft, erfindet Sachen oder Situationen, wir versuchten ihm des Öfteren schon die Dringlichkeit zu vermitteln, dass er unbedingt in ärztliche Obhut müsse, er braucht Tabletten und eine psychologische Begleitung. Er schickt im regelmäßigem Rhythmus Selbstmord SMS, er wolle nicht mehr leben, habe eh keine Zukunft, kurz, er mag nicht mehr leben. Für uns, die wir uns große Sorgen machen, ist jedes Mal bei so einer SMS von A., Feuer am Dach. Natürlich möchte niemand, dass A. sich etwas antut, aber auf der anderen Seite begibt er sich in keine psychologische Behandlung. Er braucht das nicht und will nicht, sagt er.
Nach 3 Monaten vor und zurück, auf und ab, müssen wir uns nun beginnen abzugrenzen, weil diese Drohungen etwas mit uns machen, dass nicht gut ist für uns. Wir können A. nicht zwingen, sich in Behandlung zu begeben, für eine Zwangseinweisung fehlt scheinbar die Fremdgefährdung (Auskunft WJ-KH). Nur, wir sehen zurzeit keinen Lösungsansatz, keine Möglichkeit, A. weiter zu helfen. Wir haben vieles probiert, vieles ist gelungen, vieles wollte A. nicht. Wir bemühten uns, ihm eine 2. Chance zu geben. A. ist zu krank, um diese 2. Chance überhaupt zu sehen, geschweige denn wahrnehmen zu können. Das tut richtig weh, tief im Herzen. Uns sind die Hände gebunden, wir stehen mit unserem Latein an, wissen nicht mehr weiter, wie wir A. noch helfen können. Wir werden ihm weiter behilflich sein, mit Lebensmittel und allem, was er zum Leben braucht, aber wir können eben diese intensive Betreuung nicht mehr leisten, weil wir auch Angst haben, seinen Selbstmorddrohungen genügend Nährboden zu geben, dass er uns dirigieren kann, unbewusst! Absichtlich würde A. das niemals machen, aber in diesem Krankheitsbild, in dem er sich befindet, braucht er absolut professionelle Hilfe, die wir nicht leisten können. Seine Welt wurde in den letzten Wochen eine eher träumerische, in der er gerne sein würde, er dichtet sich seine Wahrheit, träumt sich seine Welt zurecht. Wir können A. in dieser Form, ohne dass er sich in ärztliche Hilfe begibt, nicht mehr helfen. Und er selbst sieht es aber partout nicht ein, dass er überhaupt Hilfe braucht. Hier aber beginnt unser Selbstschutz, bevor uns seine Selbstmorddrohungen auffressen. Das liebe Leute, ist für uns auch irgendwo ein Eingeständnis, dass wir künftig AUSSCHLIESSLICH bei unseren, erprobten Hilfestellungen bleiben. Wir wollen die Umstände, unter denen die Menschen leben müssen, abfedern, wollen mit Lebensmittel, Hygieneartikel, warmer Kleidung und Schuhen, Schlafsäcke und allem was man zum Leben braucht, helfen. Aber wir sind keine Psychologen, keine Sozialarbeiter, keine Menschen mit sozialpädagogischer Ausbildung, also werden wir diese Arbeit denen überlassen, die das wirklich können. Wir müssen einsehen, dass das Projekt A. nicht weiterzuführen ist. Die Konsequenz wird sein, dass wir A. in professionelle Hände übergeben, so er das zulässt. Vielleicht öffnet er sich dann einer dringend notwendigen medizinischen Behandlung. Und A. ist hier kein Einzelfall, M. ist genauso krank, und genauso uneinsichtig. Leider!
Welche Hilfe ist die Beste, werden wir oft gefragt. Geld zu geben ist keine gute Idee, weil das Geld meist in Alkohol oder Drogen investiert wird. Wenn ihr wirklich helfen wollt, nehmt die Menschen an der „Hand“ und kauft ihnen was zu essen und zu trinken, oder eine warme Mahlzeit, kauft ihnen Schuhe, wenn ihr das machen möchtet, kauft ihnen eine warme Winterjacke, zahlt für den Menschen eine Nacht in der Notschlafstelle, aber gebt bitte kein Geld! Wer wirklich Hunger hat, nimmt Euer Angebot über eine Jause oder eine warme Mahlzeit dankend an.
Manche Menschen auf der Straße möchten gar kein Geld, keine Jause, keine Zigaretten, wollen nur mit jemanden reden und erzählen, möchten gehört werden, wollen ernstgenommen werden. Wenn man hier Geduld hat, zuzuhören, wird man Schicksale erzählt bekommen, dass einem die Gänsehaut frösteln lässt. Liebe Leute, schenkt Zeit, Zeit für ein Gespräch, Zeit für ein Kennenlernen auf einer Bank, Zeit für DIESEN Menschen, er wird Euch unwahrscheinlich dankbar sein. Wer das nicht kann, auch gut, der/die kann anders helfen. Es gibt z.B. am Südbahnhofmarkt ein kleines, attraktives Café, eigentlich schon eine Institution, Kurt Traxl mit seiner Kaffeerösterei sammelt in seinem kleinen Juwel mit seinem „Coffee For Soul“, Gelder, die er 1:1 an Obdachlosenvereine bzw. Einrichtungen weitergibt. Auch kann man bei Kurt Kaffee kaufen, die er dann an vorbeikommende Obdachlose ausgibt. Eine großartige Möglichkeit, den Obdachlosen auf diese Weise zu helfen. Es gibt auch Gasthäuser, wo man Menüs kaufen kann, die dann an Obdachlose ausgegeben werden. Also Hilfe kann vielfältig sein, jede/r kann helfen. Das hier sollte ja nur ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie Hilfe funktionieren könnte. Und wenn sich jemand von Euch irgendwann zu einem Obdachlosen auf die Bank setzt und sich mit ihm unterhält, würde es mich sehr freuen, davon zu erfahren.
Nach allen Vorbereitungen ging es heute in den Verteil-Donnerstag, nach unserem Spendensammel-Montag bei Billa Plus der 2. Termin diese Woche. All die Vorbereitungen wie gehabt, Kühl- und Tiefkühllager, Gebäck und Brot aus Haid. Für heute war ab 15 Uhr leicht bewölkt vorausgesagt, na dann kann ja nichts passieren. Wir packen Unmengen an Lebensmittel ein, Obst und Gemüse, an Wurst und Leberkäse. Alles gut verstaut geht es um 15.15 Uhr Richtung Linz. Als wir ankamen warten etwa 12-15 Schützlinge. Am Ende werden es heute 104 (!) Schützlinge werden, die sich bei uns Lebensmittel holen. 104 Menschen, denen wir auf unsere bewährte Weise mit EURER Unterstützung, helfen dürfen. Wie gewohnt werden die Abstände und die Maskenpflicht nicht eingehalten, wir fordern diese aber restriktiv ein, ohne Wenn und Aber. Einer in der Reihe glaubt wieder, provozieren zu müssen, nach einer eingehenden Erklärung meinerseits, gab er es auf. Gaby vom Terminal kam heute auch zum Bus, holte sich das Nötigste und die gewünschte aufblasbare Isomatte. Zum Schluss war es dann aber für Gaby unmöglich, alles tragen zu können also ging ich mit und half ihr tragen. Als ich zurückkam vom Terminal, kam Elvisa zum Bus, Elvisa, die nur selten zu uns findet, weil sie dauernd den Termin vergisst. Heute freue ich mich sehr, sie zu sehen. Das erste was sie möchte, ist eine Esterhazy-Schnitte, die wir heute verteilen. Sichtlich glücklich mit dem Stück Backkunst, lächelt Elvisa ihre Gabel an und nimmt den nächsten Happen zu sich. Kaum ist Elvisa weg, kommt Laura, eine tschechische Professorin, die ihre Ausbildung in Österreich wiederholte und es so zu einer Magistra schaffte. Laura ist schwer krank, ich erkannte sie nicht gleich, so eingefallen ist ihr Gesicht, so krank schaut sie aus. Laura braucht Schuhe, eine ordentliche Hose und einen Sweater unter der Jacke. Ingrid kümmert sich rührend um Laura, die nur noch weint, seufzt und … genau weiß, dass sie dieses Leben auf der Straße nicht mehr lange durchstehen wird. Unter Tränen erzählt sie, was sie sich wünscht, was ihr Wunsch wäre, hätte sie einen frei. Ihre Kinder sehen, kommt es ganz leise. Und wieder Tränen, Zittern und gekünsteltes Lächeln, das ihr niemand abnimmt. Laura schläft auf der Straße, lebt dort wo keine Frau das lange aushält, und schon gar nicht krank. Ich habe ihr versprochen, kommenden Samstag bei meiner Nacht-Tour, nach ihr zu schauen, ihr warmen Tee zu bringen und Lebensmittel. Laura hat keine Kraft mehr für einen Rucksack, darum hilft ihr ein älterer Herr um die 70, der bis vor kurzem noch eine kleine Wohnung hatte, bei dem sie bleiben durfte, und jetzt selbst obdachlos wurde. Ich könnte heulen, warum trifft es immer wieder gerade diejenigen, die sich nicht mehr wehren können, weil ihnen die nötige Kraft fehlt? Wie sollen solche Menschen leben und ÜBERleben, wenn niemand Obacht auf sie gibt? Warum muss das Schicksal manchmal so gnadenlos zuschlagen? Laura bekommt alles von Ingrid und der ältere Herr bekommt alles von unserer Beate zusammengepackt.
Um 18.02 Uhr stehen immer noch etwa 20 Schützlinge bei unserem Buis, die immer noch auf ihre Lebensmittel warten, darauf hoffen, dass jede/r von ihnen noch etwas bekommt. Manche haben wirklich Angst, nichts mehr zu bekommen, hungern zu müssen, gottseidank kann ich alle beruhigen. Wenngleich unser Bus um 18.45 Uhr, als wir zusammenräumen, richtig leer ist, da ist nichts mehr da, restlos ausgeteilt, Wahnsinn. Wir haben noch nicht einmal Monatsende und heute schon 104 Menschen beim Bus. Wie wird das erst nächste Woche? Manchmal habe ich große Angst, wir können all das nicht mehr stemmen, nicht mehr bewerkstelligen, aber mit Eurer Hilfe werden wir es schaffen, ich glaube daran! Als wir um 19.45 Uhr im Lager alles ausgeräumt und wieder eingelagert haben, reden wir noch kurz im Team über heutige Erfahrungen, viele Details, die ich nicht mitbekomme, da ich dauernd unterwegs bin, von unserem tollen Humer-Anhänger, in dem Ingrid ihre Kleidung hat, bis hinten, zum Parkplatz, und immer angestrengt und oft nicht ansprechbar, weil wieder vieles zu denken ist.
Ich sitze seit etwa 20 Uhr hier und schreibe diesen Text, seit etwa 3 ½ Stunden bemühe ich mich, Euch meine…unsere Eindrücke zu schildern, Euch in unser Geschehen mitzunehmen, abzuholen und Euch zu erzählen, was alles so passiert an unseren Donnerstagen. Viele schöne Momente, glückliche Minuten, dankbare Gesichter und was mich heute so freute, war, da kam ein junger Bus-Chauffeur aus Mattighofen, aus dem Schienenersatzverkehr, der beim langsamen Vorbeifahren sah, wie glücklich lächelnd die Menschen von unserem Bus weggingen, ging vom Terminal rüber zu uns, und sprach uns ein großes Lob aus und gab uns € 30,- Geldspende. „Sowas sah ich nur ganz selten“ waren seine Worte, die er mit einem herzlichen Lächeln unterstrichen hat. Solche Aussagen freuen mich, freuen unser gesamtes Team, sind die Quintessenz in der Vereinsarbeit, halten uns hoch und motivieren uns.
Langsam geht mir die Puste aus, mein Tag ist schon sehr lange, seit 6 Uhr früh, deshalb danke ich Euch sehr dass ihr immer aufmerksam dabei seid und uns weiter begleitet, und ein DANKE an all unsere Spender/innen, die auch diesen Verteil-Donnerstag wieder ermöglichten. Danke auch an unser gesamtes Team, das wieder großartige Arbeit leistete. Danke und Vergelt’s Gott dafür und, schlaft gut! 😊 ❤