„Ins alte Leben fallen lassen“

„Ins alte Leben fallen lassen“
Verteil-Donnerstag vom 24.4.2025:
Aufgrund einiger Fakten und Tatsachen sehe ich mich nicht mehr imstande, den Verteil-Donnerstag vom 1.Mai 2025 noch zu absolvieren. Ich muss leider die Reißleine ziehen, es ist mir zurzeit nicht möglich, etwas Ruhe in mein Leben zu bekommen, jeder Tag und jede Nacht ufert aufs Neue aus, und ich habe das Gefühl, dass das grenzenlos geschieht. Mich zerreißen zurzeit viele verschiedene Gefühle, Meinungen und Aussagen von Menschen, die mir wichtig sind, und, wie könnte es anders sein, natürlich auch von Menschen, die absolut unwichtig in meinem Leben sind und sich trotzdem wichtigmachen und einmischen.
Von außen kommen viele Kritiken und viele Aufforderungen an mich, dass ich Dinge und Umstände ändern soll, die uns schon jahrelang erfolgreich begleiten. Liebe Leute, wenn jemand zu mir sagt, Zitat: „In jenen Personen, denen ihr seit Jahren umfassend helft, so etwas wie eine kleine Hoffnung aufflammen zu lassen, ihnen mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen, ihnen nochmal eine bescheidene Chance zu geben um sie dann wieder ins alte Leben fallen zu lassen“, dann weise ich diesen Vorwurf entschieden zurück.
Liebe Leute, wir sind keine Psychologen, keine Sozialarbeiter, keine Fach-Spezialisten, und wir werden es auch in diesem Leben nicht mehr werden, ABER, wir haben ganz viel Herzblut, ganz viel Wertschätzung und ganz viele offene Ohren für unsere Schützlinge, und all das schütten wir jeden Tag, jede Woche über unsere Schützlinge aus. Wir begegnen unseren Besuchern beim Bus auf Augenhöhe, mit größter Wertschätzung und Respekt und alldem, was man sonst noch zum Mensch sein, benötigt.
Ja, wir können das Übel nicht an der Wurzel packen, weil uns viele Dinge fehlen. Wären wir entsprechend finanziell ausgestattet, hätten wir schon längst ein Haus angemietet, um dort vielleicht so etwas wie eine Notschlafstelle zu betreiben. Dafür bräuchte man aber ganz viel Geld, professionelles Personal, ein entsprechendes Gebäude und, ganz viel Kraft. Unser gesamtes Team der Obdachlosenhilfsaktion inklusive mir, wäre hier hoffnungslos überfordert und käme bald an die Grenzen des Machbaren. So gerne ich mir das wünschen würde, so weit ist das in Wahrheit, weg. Diese finanziellen Mittel werden wir nie besitzen um diesen Weg gehen zu können, aber ich traue mir sagen, dass wir im täglichen Umgang mit all diesen Menschen, mindestens genau so viel Herzblut investieren würden, wie heute beim Verteil-Donnerstag oder der Linz-Tour. Die Palette aller Aufgaben könnte ohnehin nur professionell abgedeckt werden, anders wäre das gar nicht machbar und alles andere wäre verantwortungslos.erzblkut
ABER, dass uns jemand vorwirft, dass wir jemanden wieder, Zitat: „Ins alte Leben fallen lassen“, dann ist das schon ein Vorwurf, der gleich mehrere Beschuldigungen in sich trägt und gegen den ich mich heftig wehre.
- Wir lassen niemanden fallen, und schon gar nicht in ein kaputtes, altes Leben. Wir kommen lediglich schnell an unsere Grenzen, wo uns die fachliche Ausbildung oder der finanzielle Hintergrund fehlt und wir aus diesem Grund, weitere Hilfe nicht anbieten können.
- Wir helfen spontan und schnell, meistens ist das auch die beste Hilfe, weil sie ohne Umwege dort bei den Menschen ankommt, wo sie dringend gebraucht wird. Wir müssen niemanden fragen, bevor wir helfen dürfen, wir handeln, unmittelbar und ohne Vorgaben von außen.
- All die notwendigen Sachen, die unsere Schützlinge auf der Straße brauchen, haben wir immer parat und mit dabei. Wir helfen mit einem warmen Schlafsack und einer tollen Isomatte bei Nacht, wir helfen mit neuen Schuhen, wenn es in die alten vorne reinrinnt und hinten wieder rauskommt, wir helfen mit einer dicken, warmen Jacke, die unsere Schützlinge vor Nässe und Kälte schützt. Und wir helfen mit haltbaren Lebensmitteln und Hygieneartikeln.
- Wir geben aber auch Hilfe zur Selbsthilfe. Wir geben an die Menschen z.B. Gaskocher und Gas-Kartuschen aus, damit sich die Menschen auf der Straße auch eine Dosensuppe warm machen können, sie bekommen auch ein Campinggeschirr von uns, damit man halbwegs kultiviert aus einem Teller essen kann.
Was wir nicht machen können, sind weitreichende Unterstützungen in Form von Wohnraumfinanzierung, Einrichtungsfinanzierung, Kautionszahlungen, Aushändigung von Bargeld und vieles andere mehr. Wir haben selbst als Verein keine Wohnung oder Zimmer mehr, die wir eventuell zur Verfügung stellen könnten, wir haben nicht den finanziellen Hintergrund, dass wir Kautionen bezahlen können oder Mietrückstände begleichen können. Dazu gibt es andere Vereine und Plattformen, die hier helfen können, wir können es nicht.
Aber uns deswegen diesen hässlichen Satz von oben um die Ohren zu hauen, und uns so hinzustellen, als ob wir gar nichts tun würden, ist auch nicht fair und zeugt nicht unbedingt von Größe. Der obige Satz zeigt eher an, dass der gute Herr einen sehr kleinen Tellerrand in seinem Fokus hat und dass er seinen Blick auf eher unwichtiges, kleinkariertes legt, als auf das große Ganze.
Ich mache immer wieder die Erfahrungen, dass sich gerade jene Menschen über unsere Arbeit echauffieren und uns brüskieren wollen, die noch nie auch nur 1 Cent oder 1 Paar Socken für unsere Schützlinge spendeten, die bei einer unmittelbaren Begegnung mit einem Obdachlosen eher die Straßenseite wechseln als zu fragen, ob er etwas zu essen haben möchte. Gerade diesen Menschen würde ich gerne etwas ins Stammbuch schreiben, aber ich fürchte es wäre sinnlos und nicht fruchtbringend.
Ein Lion, selbst erfolgreicher Unternehmer, sagte mir vor einigen Jahren, Zitat: „Bitte Walter, erzähl uns einige Fakten über diese Menschen und deren Schicksal, weil ich selbst nie mit diesen Menschen in Kontakt kommen würde, ich lebe mit meiner Familie unter einer „Blase“, dort achte ich peinlichst genau darauf, dass keine unliebsamen Dinge zu meiner Familie vordringen.“ Manche aber geben trotzdem ihr Möglichstes, um dann umfassend zu helfen. Und genau so geht es vielen gut situierten und wohlhabenden Menschen, wo Einzelne mit einer Art Soforthilfe auffallen, aber, wo sich die große Masse schon auch durch Untätigkeit und wegschauen „auszeichnet“. Der größere Teil dieser Menschen hat sich aber ein Verhaltensmuster angeeignet, das menschenverachtender nicht sein könnte, nämlich dass man die obdachlosen Menschen als „Gsindl“ aburteilt und dass man sie öffentlich diffamiert und gesellschaftlich verunglimpft.
Die Frage muss aber auch erlaubt sein, auch wenn sie hart klingt: „Wer ist hier der asoziale Schmarotzer?“ Jener Mensch, der auf der Straße lebt, keine finanzielle Unterstützung wie z.B. Sozialhilfe bekommt, der deswegen auch keine Krankenversicherung hat, oder jemand der im warmen, gepolsterten Vorstandssessel mit Krawatte sitzt, und Monat für Monat Förderungen und Subventionen einsteckt, vom Steuerzahler? Sagt es mir, liebe Leute.
Das traurige ist ja, dass die Politik und die Gesellschaft von so einem Vorstandsmenschen mehr halten, als dieser einzubringen bereit ist. In der Regel werden diese „Herren“ ja umgarnt und gestreichelt im Seelenheil, denn man weiß ja nie ob man dieses Vitamin B nicht irgendwann gut gebrauchen kann, deshalb werden unsere Schützlinge sicher nie gebauchpinselt werden, weil sie schlicht keine attraktive Klientel sind und nichts anderes vorzuweisen haben, als ein armseliges Pensionskonto, auf das schon seit Jahren niemand mehr einzahlt.
Ich rede hier nicht nur von einem Mann, der uns diesen Satz um die Ohren gehauen hat, ich erzähle von ihm stellvertretend für alle anderen, die genau so denken und fühlen. In dieser verdrehten und verkehrten Welt, wo es heute fast nur noch um Profitoptimierungen, um Egoismen und um egozentrische Auftritte inmitten der kränklichen Gesellschaft geht, wird noch viele Hässliche Auswüchse und Menschenverachtendes Handeln passieren, bevor sich das Gros der Gesellschaft und all der „Eliteeinheiten“ wieder auf das wesentliche konzentriert, nämlich auf das überaus wichtige menschliche und auf das zusammenschließende und nicht auf das trennende.
Conclusio:
Nicht jede/r, die/der wegschaut und die Straßenseite wechselt, wenn ihm ein Obdachloser begegnet, ist ein Akademiker oder Lion, und es ist auch nicht jeder, der in zerrissener Jean und abgenützter Kacke die Fußgeher Zone entlang geht, ein Obdachloser. In Wirklichkeit kennt man 90% der Obdachlosen gar nicht auf den ersten Blick, weil sie sich kleiden wie du und ich und sich so unters Volk mischen. Erkennen kann man manche Obdachlose erst dann, wenn die persönliche Struktur so kaputt ist, sich dieser Mensch so gehen lässt, dass es offensichtlich wird, dass er auf der Straße lebt. Durch den gänzlichen Verlust ihrer Selbstdisziplin, wird es für diese Menschen besonders schwer, noch etwas für sich zu tun, sie pflegen sich nicht mehr, tauschen die Kleidung nicht mehr und verfallen so im Schatten des Alkohols, dem Leben auf der Straße.
Ich könnte hier noch endlos lange Floskeln und Aussagen von völlig unwichtigen Menschen aneinanderreihen, eine würde die andere in Sachen Menschenverachtung überholen, ich habe aber keine Lust diesen Typen überhaupt Gehör zu verschaffen, sie sind eh bestraft mit ihrem sehr bescheidenen Intellekt und stark verkürzten Tellerrand, dem nicht erkennbaren (geistigen) Horizont, dieser versteckt täglich die temporär aufgehende Sonne vor diesen Personen. Armselig halt!
Ein vorgezeichneter Weg, der anders enden könnte, wenn die Politik wirklich etwas ändern wollte, aber meinen Glauben an diese Typen habe ich längst verloren. Egal wie der „Herr Bürgermeister“ heißt, wenn er beim Bürgermeister-Vorgänger in die Schule ging und dort das wesentlichste lernte, wie man diese Teile der Gesellschaft noch weiter an den Rand drängt oder gar ganz aus dem sozialen Leben ausschließt, da ist der eine und auch der andere keinen Deut besser. Sie zeichnen sich durch soziale Kälte und maßgebliche Untätigkeit aus, es wäre ein kleines, zu helfen, wenn man nur möchte, aber ich habe bemerkt, dass es niemanden gibt, der hier ansetzen und helfen möchte, NIEMANDEN!
Diese Woche ging schon sehr turbulent los für mich. Vorkommnisse im Hintergrund schleuderten meinen Blutdruck auf über 200 rauf, es war nachts nicht eine Minute an Schlaf zu denken und tagsüber nicht an Konzentration, ich taumle, psychisch abgefertigt, umher und weiß nicht wie ich wieder geistigen Boden unter meine Beine kriege. In meinem Leben gab es nicht viele dieser Situationen, die mich so oder ähnlich aus der Bahn geworfen haben.
Ich musste mich dahingehend entscheiden, dass ich den Verteil-Donnerstag von nächster Woche absagen musste, gleichzeitig musste ich auch das tolle Projekt, das wir anpacken wollten, aufgeben, es wäre nicht zu finanzieren gewesen. Schade. In kurzen Worten, die Idee wäre gewesen, einen alten Niederflurbus, wie sie im Stadtgebiet von Linz fahren, anzukaufen, diesen umzubauen und damit den Verteil-Donnerstag abzuhalten. Wir hätten viele Vorteile gehabt, wenn es gelungen wäre. Wir müssten nicht jede Woche die schweren Lebensmittelboxen ein- und ausladen, da wir diese im Bus belassen hätten, wir hätten für einen Verteil-Donnerstag keine 7 Helferleins mehr gebraucht, sondern nur noch 3, maximal 4, und wir wären im Sommer in einem klimatisierten Bus gewesen und hätten dort die Lebensmittel ausgegeben und im Winter wären wir in einem von der Standheizung aufgewärmten Bus gestanden, und niemand hätte mehr frieren müssen. Auch unsere Schützlinge hätten sich im Bus aufwärmen können. Aber leider wäre das über Crowdfunding fast nicht zu finanzieren gewesen, und mit Spendengeldern hätte ich das gar nicht finanzieren dürfen und es wäre gar nicht möglich gewesen. Leider ist somit dieses großartige Herzensprojekt gestorben, endgültig.
Dieser Donnerstag begann für mich, nach einer schlaflosen Nacht und einem dauerhaften Blutdruck jenseits von 200, etwas verschwommen und eigentlich bin ich heute untauglich für einen Verteil-Donnerstag, der für mich wieder von 6 Uhr früh bis etwa 22 Uhr dauern wird, aber ich muss da durch.
Mein Gesundheitszustand ist der eine Grund, warum wir nächste Woche den Verteil-Donnerstag ausfallen lassen, aber nicht ausschließlich. Ich sah leider auch keine Möglichkeit mehr, außerhalb meines Vereins noch genug Helfer zu akquirieren, um in Linz bei der Ausgabe vollständig zu sein.
Die Vorbereitungen im Lager werden durch unsere tollen Helferleins bewerkstelligt, Gerhard, Anni, Hilde und Verena, ein tolles Team auf das ich mich immer wieder zu 1000% verlasen kann.
Zwischendurch muss ich abseits vom Lagertrubel, mit Verena reden, über Sichtweisen, über Meinungen und über Aussagen. Verena ist eine großartige Frau, die absolut wertschätzend ihre Meinung sagen kann, auch Tacheles reden kann, ohne dich zu verletzen, und vor solchen Menschen habe ich größten Respekt. In diesem einstündigen Gespräch kam vieles hervor, wurde ich an vieles erinnert und wurde an manches gemahnt, dass ich mir sicher noch öfter durchdenken muss und anschließend manche Eigenart von mir, abzulegen. Ich wusste einiges nicht, wie ich z.B. auf andere Menschen wirke, wenn ich gedankenverloren durchs Lager gehe und auf Zurufe nicht reagiere, das ist nicht absichtlich, aber es passiert in solchen Situationen, dass ich nichts mehr höre und sehe, weil ich derart konzentriert und fokussiert auf dieses eine Thema bin, das mich gerade beschäftigt, aber das ist keine Absicht, aber jemand der mich nicht so gut kennt, könnte meinen ich wäre arrogant, was ich keineswegs bin.
Nach den Vorbereitungen gibt es einen tollen Mittagstisch, diesmal von unserer Hilde zubereitet, Saftfleisch mit Hörnchen, und es mundete derart, dass alle sich einen 2. Teller holten. Vorzüglich!
Nach dem Mittagstisch begannen Verena und Gerhard, der heute zum ersten Mal auch nachmittags in Linz bei der Ausgabe dabei sein wird, den Bus einzuladen. Sie machen das echt toll, genau nach meinen Anweisungen, die ich vor Monaten ausgegeben habe. Die schweren Boxen nach unten, die leichten nach oben, und immer bis unters Dach, so nah zusammenschlichten, dass kein Millimeter zum ruckeln bleibt, dass wir den Formschluß (Ladungssicherung) zusammenbekommen.
Bis 14.45 Uhr haben wir alles eingeladen und wir brechen auf, nach Linz, Anni, Gerhard und ich. In Linz angekommen helfen uns wieder einige unserer Besucher beim ausladen und aufstellen. Heute ist wieder eine 5. Klasse des Stiftgymnasiums Wilhering zu Gast bei uns und hilft uns, bei der Ausgabe. Ich bin immer glücklich, diesen jungen Menschen, die auch unter einer geschützten „Blase“ leben, die andere Seite des Lebens zu zeigen, und sie nehmen meinen Faden problemlos auf und spinnen diesen lächelnd und helfend weiter. Die Ausgabe macht den Schüler: innen großen Spaß und große Freude, und sie würden am liebsten beim nächsten Verteil-Donnerstag am 22.5.2025 wieder dabei sein, was leider schultechnisch nicht möglich ist.
16 Uhr, wir beginnen mit der Ausgabe, ich sitze heute wieder am Laptop, Max kümmerst sich hinten um die Warteschlange und vorne ist Claudia, Doris, Gerhard und Brigitte, Anni gibt Kleidung und Kühlsachen aus dem Bus aus.
Gleich zu Beginn gehe ich zu einem Menschen aus Syrien, der Asylwerber ist, er war letzte Woche schon da, da wurde aber sein Ausweis verkannt und den wir deshalb nicht mit Spenden versorgen dürfen, weil er in Bundesbetreuung ist und wir diese Klientel nicht in unseren Statuten stehen haben, in unseren Statuten steht: „Verein zur Unterstützung sozial schwacher Menschen in Österreich“. „Sozial schwache Menschen“ sind in keiner Betreuung und bekommen keine Förderungen und sind in der Regel auf sich alleine gestellt, was bei Asylwerbern nicht zutrifft. Nicht weil wir Ausländerfeindlich oder gar rassistisch sind, bekommen diese Menschen nur kleine Lebensmittelpakete und keine umfassenden Einkaufstaschen ausgehändigt, sondern weil wir dadurch in die Bundesbetreuung eingreifen würden, was wir nicht wollen und nicht dürfen. Dieser Mann steht getrennt von seiner Frau in der Warteschlange, dann könnte jeder von Beiden umfassende Lebensmittel mitnehmen, so aber erkläre ich den Beiden, dass wir hier nicht zuständig sind, sie zur Caritas gehen müssen und dort ihre Ansprechpartner sitzen.
In letzter Zeit kam es öfters vor, dass jemand in der Warteschlange mit einem Zettel von der Caritas zu uns kam, worauf uns die Caritas bat, demjenigen umfassende Lebensmittel auszuhändigen, was für uns so gar nicht geht, da die Caritas selbst ganz andere Möglichkeiten hat, als wir. Heute schicken wir einmal jemanden zurück zur Caritas, nicht um diese Familie im Kreis herumzureichen, nein, weil wir definitiv nicht zuständig sind. Ein kleines Lebensmittelpaket geben wir mit und erklären nochmal, dass sie hier künftig nichts mehr bekommen, so leid es mir tut.
Die Warteschlange wird immer länger, ich bemühe mich schneller in Line reinzulassen, doch wenn ich die Schleuse öffne, kommen schon die nächsten 10…15, die sich auch hintenanstellen. Am Ende des Tages heute werden wir 115 Menschen Lebensmittel und Hygieneartikel ausgehändigt haben, was den Schülern und uns ein gutes Gefühl bereitet. Die Schüler haben sichtlich großen Spaß bei der Ausgabe, und wie respektvoll und wertschätzend sie unsere Schützlinge behandeln, das ringt wiederum mir großen Respekt ab. Toll!
Einige wenige wollen sich heute, ohne sich bei mir anzumelden, einschleichen, weil sie genau wissen, dass sie nichts mehr bekommen, zum Teil sind sie gesperrt, weil sie uns beschimpften und sie dadurch eine Nachdenkzeit aufgebrummt bekommen haben, andererseits kommen auch manche, wo wir wissen, dass ihre Einkommensgrenze nicht mit unseren Regeln vereinbar ist. Mir entgeht aber niemand und ziehe alle aus der Line, die sich durchschwindeln wollen, das geht gar nicht, nicht so!
Dann kommt eine junge Frau mit einer kleinen Tochter, sie fragt mich ob sie hier bei uns etwas bekommt, sie zeigt mir ihren Einkommensnachweis, ihren Pass und ihre E-Card, ja, sie bekommt bei uns Lebensmittel. Der Einkommensnachweis belegt € 431,- Sozialhilfe, ihre Tochter, erzählt sie, ist krank und braucht viele Medikamente, die sie nicht kaufen kann und auf Rezept nicht erhält. Ein gar nicht so seltenes Schicksal, dass die Mutter nicht mehr weiß wie sie alles finanzieren soll. Die Tochter lächelt und ist fröhlich, freut sich extrem über ein paar Süßigkeiten, die ihr Max gibt, und die Mutter ist froh, dass wir sie nicht ohne Lebensmittel wegschicken. So geht direkte Hilfe, und nicht anders.
Udo, ein Schützling der schon seit 2018, seitdem wir den Verteil-Donnerstag einführten, zu uns kommt, steht auch in der Warteschlange und braucht dringend neue Schuhe, seine sind total kaputt, und eine Hose wäre auch toll. Klar, bekommt er, er hat ja gar kein Einkommen und ist 1000% unsere Klientel, dem wir helfen wollen. Dass auch Udo schwerkrank ist, erzählt er mir heute das erste Mal, wusste ich nicht, macht mich aber unendlich traurig.
Ich gehe öfters zu Gerhard, der heute zum ersten Mal hier dabei ist, und zu den Schülern, um abzufragen ob eh alles OK ist und niemand überfordert ist, das ist meine Verantwortung hier ein achtsames Auge auf die Schüler zu haben, neben der anwesenden Lehrerin, die ebenfalls glücklich ist, dass ihre Schüler so großartig mit den Menschen bei unserem Bus umgehen.
Der Nachmittag vergeht wie im Flug, es ist schon 17.45 Uhr, eigentlich hätten die Schüler schon seit 17 Uhr frei und könnten nach Hause fahren, aber sie bleiben lieber bis zum Ende unsere Verteil-Donnerstags, Wahnsinn, echt großartig diese Schüler.
Langsam beginnen wir die leeren Boxen zusammenzustellen, wir werden bald beginnen, alles abzubauen und alles wieder in den Bus zu räumen. Es kommen immer noch Menschen bei uns an, die auch noch Lebensmittel brauchen, aber es schaut schon recht dürftig aus, fast alle Lebensmittelboxen sind leer, alles verteilt. Wieder ein Verteil-Donnerstag an dem wir etwa € 3000,- an die Menschen verteilten. Eine große Aufgabe für mich, Woche für Woche genug Spenden zu organisieren, um an den Verteil-Donnerstagen genug zu haben, was wir an die Menschen direkt ausgeben können. Bei dem jetzigen Spendenaufkommen ist das schon echt eine Aufgabe, im Hintergrund alles in den Griff zu bekommen, wo auch täglich andere Herausforderungen auf uns zukommen.
18 Uhr, die Schüler verabschieden und bedanken sich, dass sie heute mithelfen durften und sie fragen mich, ob sie wieder kommen dürfen. Na klar, immer wenn die Lehrkräfte deshalb bei mir anfragen, freue ich mich riesig, weil es auch nicht selbstverständlich ist, dass sich so junge Menschen für soziale Probleme interessieren.
Wir räumen alles in den Bus und kehren unseren Verteilplatz sauber zusammen, wie immer, und siehe da, da kommt um 18.10 Uhr noch Gary und sein Begleiter, die noch etwas haben möchten, wir aber schon alles eingeladen haben. Leider, das nächste Mal bitte früher kommen, dann bekommst du auch noch Lebensmittel. Jetzt aber räumen wir den Bus nicht mehr aus, tut mir leid.
Gerhard und Anni nehmen im Bus Platz, wir brechen auf nach Ansfelden, und auf dem Weg dorthin frage ich Gerhard nach seinen Eindrücken, er ist noch etwas zerdrückt von den Eindrücken, und sagt nur: „A tolle Geschichte, macht echt Spaß, ich bin jetzt wirklich überzeugt von dieser Aktion“. Das freut mich lieber Gerhard. Im Lager angekommen wird alles wieder ausgeladen und eingelagert, und ich spüre eine kleine Erleichterung, weil ich jetzt ein paar Wochen nicht diesen Stress habe, da der nächste Verteil-Donnerstag erst wieder am 22.5.2025 stattfindet.
Ich spüre die Last der letzten Tage und Wochen, der Stein auf meiner Brust, der mich fast erdrückt, wird immer noch schwerer, mein Blutdruck fühlt sich an wie eine alte Dampfeisenbahn, genau so komme ich mir auch vor, nicht so robust wie eine Dampfeisenbahn, aber so keuchend und um jede Bewegung ringend, jede noch so kleine Bewegung fällt mir schwer, ausgelaugt und kraftlos, psychisch kaputt.
Ich bedanke mich bei all unseren Gönnern und Spendern, die uns auch diesen Verteil-Donnerstag ermöglichten, danke und Vergelt’s Gott. Habt großen Dank dafür.
Ich bin heute wieder fast 8 Stunden hier gesessen und habe dieses Posting formuliert, nebenbei läuft immer Musik, jetzt gerade läuft Mark Ritter mit der deutschen Version vom „Alten Muddy River“ (Muddy, Muddy River), eine sündteure Rarität die ich auf einer 45er Single besitze, und auf die ich sehr stolz bin.
Danke liebe Leute für Eure Aufmerksamkeit, danke an alle Wegbegleiter: innen, die uns Woche für Woche im Internet begleiten und uns immer wieder großen Mut zusprechen. Danke!
Gott segne Euch!
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