Neue Schuhe und ein Lächeln!
UNSER VERTEIL-DONNERSTAG VOM 7.1.2021: Durch all die Feiertage wurde unser Alltag ein wenig durcheinandergewirbelt und auf den Kopf gestellt.
Einige der Zusagen von vor Weihnachten gingen bei mir völlig unter, habe darauf total vergessen, einige Termine wurden versäumt und Zusagen unabsichtlich nicht eingehalten, nichts Dramatisches aber absolut ärgerlich, weil ich nicht der Mensch bin der Zusagen macht und diese dann nicht einhält. Jede einzelne Abmachung und Zusage die ich nicht eingehalten habe, tut mir von Herzen leid, ich gelobe Besserung, VERSPROCHEN! In der Wintersaison 2020/2021 lief und läuft absolut gar nichts normal, soweit man bei uns überhaupt noch von „normalen Betrieb“ sprechen kann. Nicht nur Corona ist daran schuld, auch die Masse und Vielzahl an Verpflichtungen, an Verantwortlichkeiten zeugt von einer für uns noch nie dagewesenen Obdachlosen-Winterzeit. All die geplanten und pünktlich durchgeführten Spendenlieferungen in der Vorweihnachtszeit (November & Dezember 2020) in die Einrichtungen, in die Frauenhäuser, gingen wie geplant über die Bühne, viel Arbeit, viele Stunden, 70-80 Stunden/Woche, unsere Helfer/innen leisteten unsagbares, unzählige ehrenamtliche Stunden im Lager, beim Spenden liefern, beim kommissionieren oder einlagern. Ich kann es immer wieder nur beteuern, ich bin richtig stolz auf unser Team, auf unsere Helfer/innen. Unser Team bringt nicht nur eine großartige Einstellung zu unserer Arbeit und zu unseren Schützlingen mit, sondern leistet so tolle Arbeit im direkten Kontakt mit unseren Schützlingen. Selten habe ich so eine wertschätzende Art gesehen, wo die unterschiedlichsten Menschen den gleichen Fokus haben, zu helfen! Danke für alles was IHR geleistet habt. Klasse!Die Vorbereitungen für den 1. Verteil-Donnerstag des Jahres 2021 begannen am Montag früh. Man merkt das neue Jahr 2021 kommt langsam in die Gänge, diverse Anrufe und Ankündigungen für die nächste Zeit. Viele Anrufer fragen immer wieder, Zitat: „Macht ihr die Aktion das ganze Jahr oder nur zu Weihnachten?“ Wir machen unsere Aktion das ganze Jahr, die Menschen sind ja nicht nur zu Weihnachten obdachlos, sie sind das ganze Jahr ohne Dach über dem Kopf. Ganz besonders schlimm ist es im Winter, rund um die Weihnachtszeit und darüber hinaus, nicht nur wegen der Temperaturen oder wegen des unbeständigen Wetters, vielmehr ist es die Tatsache, dass die Weihnachtszeit eine Familienzeit ist, hier wird jedem Obdach- oder Wohnungslosen klar und deutlich, dass er/sie alleine auf weiter Flur ist, niemanden hat mit dem er/sie Weihnachten feiern kann. Das tut schon sehr, sehr weh, das kenne ich auch aus eigener Erfahrung. Darum ja auch unsere Weihnachtsschuhschachtelaktion, wir wollen gemeinsam mit EUCH, unseren Schützlingen zumindest das Gefühl schenken zu Weihnachten, dass da draußen viele, viele Menschen an sie denken du ihnen ein kleines Geschenk gemacht haben. Nicht ganz vergessen zu sein und obendrauf noch ein Geschenk zu bekommen, macht vielen unserer Menschen Mut, zaubert ihnen ein Lächeln ins Gesicht, drückt ihnen auch die eine oder andere Träne in die Augenwinkel, lässt sie andere Menschen umarmen und tausendmal DANKE sagen. Ein Gefühl, das man nicht in Worte kleiden kann, liebe Wegbegleiter, spätestens hier bleiben manche Worte im Hals stecken. Was wir an unseren Donnerstagen an Dank zurückbekommen, liebe Leute, lässt sich nicht beschreiben, das lässt sich nur erspüren, tief im Herzen.
Montag nach unzähligen Anrufen komme ich endlich dazu, Termine für Abholungen zu vereinbaren, die Logistik diese Woche wird schwierig, da ich ja gerade Pause von den Spendenannahmen mache, damit ich mich wieder sammeln kann. Unsere Brigitte macht das sowieso alleine auch sehr, sehr gut. Der Mittwoch ist im Lager verplant, am Hl. 3 Könige stellen wir unsere Regale so auf, das wir größtmöglichen Nutzen davon haben. Also muss ich diese Woche schon Dienstag ins Tiefkühllager und alles abholen, damit die Lebensmittel noch auftauen können. Der Dienstagnachmittag gehört dann wieder Rückrufen, Recherchen und im Beantworten von Mails und Anfragen. Manche wollen uns als „Entrümpelungsunternehmen“ beauftragen, Dinge, die wir gar nicht annehmen oder einlagern können, in ganz Oberösterreich abzuholen. Leider muss ich mir oft den Mund fusselig reden und erklären, warum…weshalb…wieso wir keine Möbel oder alte Kleidung abholen und einlagern, die Reaktionen auf meine Absage sind oft, für mich, enttäuschend. Manche Anrufer geben sich mit meiner Antwort zufrieden und manche Menschen, denen ich leider absagen muss, glauben halt sie müssen mir rhetorisch noch eine ordentliche Ohrfeige mitgeben, na dann! Wir sind weder abgehoben noch reich, sind weder unfreundlich noch sind wir unterirdisch. Verschiedene Menschen reagieren unterschiedlich, darf auch so sein, aber wenn wir keinen Lagerplatz mehr zur Verfügung haben, ungehalten zu reagieren, ist halt auch nicht die feine Englische Umgangsart. Das wollte ich hier einmal anmerken, liebe Leute. Der Dienstagnachmittag läuft ganz gut mit dem Wissen, dass heute unser Team die Spendenannahme ohne mich macht. Ich habe heute frei, Gott sei gedankt.
Für Mittwoch 13 Uhr ist dann der Termin angesetzt, die Regale aufzubauen und das Beste aus unserem Lager herauszuholen. Unsere Helfer/innen vom Dienstag haben dankenswerterweise die Regale alle schon ausgeräumt, so, dass wir beginnen können, die Regale abzubauen. Nach und nach, beim Abbau des einen Regals kommt Barbara der Gedanke, dass wir im Kleider Lager eigentlich das Regal, das nicht sehr tragfähig ist, dort einsetzen könnten. Gute Idee! So bekamen wir mit einem Schlag sehr, sehr viel Stauraum dazu. Jetzt können wir unser Kleiderlager viel besser ausfüllen, den Platz besser nutzen. 6 Helfer/innen fanden am Mittwoch, dem Feiertag den Weg zu uns ins Lager, und halfen. Toll! Später kam dann noch unsere Beate dazu und machte uns Gusto auf Hühnersticks. Gesagt – getan, Beate holt einen „Eimer“ voller Hendl mit Pommes und Sauce. Diese Situation ist so typisch für unser Team, Beate hatte das Gefühl wir haben Hunger, geht zum Nachbar und kauft für das ganze Team schmackhafte Hühnerteile mit Pommes. So ein Team, liebe Leute, kann man suchen und wird man nicht sehr oft finden. Hier springt wahrlich eine/r für den/die andere/n ein, in der Vergangenheit passierte vieles, was wir nicht wieder ändern können, aber wir erinnern alle einander, wenn wir Gefahr laufen, wieder einen „alten“ Fehler zu machen. Jeder gibt acht auf den/die Andere/n. Am Feiertag gemeinsam im Lager zu arbeiten kann große Freude bereiten. Unser Lager, unser Team, der ganze Verein wird immer professioneller.
Um 19Uhr ist der Kalendereintrag „Regalaufbau“ aufgearbeitet und beendet. Markus und Martin montierten nebenbei noch die Kleiderstangen im Transporter um, wow! Geschafft aber zufrieden verabschieden wir uns, mit Blickpunkt Donnerstagsverteilung. Um 23Uhr schau ich zur Balkontür raus und sehe wie stark es schneit, uijeh. Ein Aufruf in unserem WhatsApp-Vereinschat, dass ich heißen Tee mache und dann zum Bahnhof fahre lässt Sabine aufhorchen „Ich würde gerne mitfahren“, freilich kannst Du mitfahren. Ich leihe mir noch eine 7l Thermoskanne bei meiner Nachbarin Roswitha und koche dann Tee, 5l heißes Wasser und eine ganze Packung Früchtetee reingegeben, die Teebeutel ausgedrückt, wäääh, schmeckt besch…eiden, aber ich habe keinen anderen daheim. Die Thermoskanne eingepackt und ab Richtung Leonding, Sabine steigt zu mit Tassen und Zucker, ab zum Bahnhof. Gaby, Roman und Rente schlafen schon, niemand hat Gusto auf Tee, und schon gar nicht auf meinen, als würden sie es wissen. J Also weiter zum Schillerpark, starker Schneefall und weit und breit niemand zu sehen, wir gehen eine kurze Runde und beschließen, unseren bescheidenen Tee wieder mit nach Hause zu nehmen. Wir waren wohl viel zu spät unterwegs, aber der gute Wille war da.
Um Mitternacht war ich dann wieder daheim, Nachbars Kater, der bei mir eingezogen ist, schimpfte mich „Miau Miau Miau“ so wie, „Jetzt hör mal zu, lieber Walter, wenn Du schon glaubst nachts ausfahren zu müssen, dann schmeiße wenigstens mich nicht raus in die kalte Winternacht und lass mich im Warmen schlafen“. Ok, habe es mir gemerkt, fürs nächste Mal. So geht der Mittwoch am Donnerstag um 2 Uhr früh zu Ende. Der Donnerstagmorgen tief verschneit, beginnt mit einem Anruf eines Polizisten, der mich auf ein paar neue Obdachlose in Linz aufmerksam macht und mich fragt, ob wir helfen können und wollen. Können und wollen wir, freilich! Machen wir, wir werden die nächsten Tage die Plätze abfahren mit unserem Not Paket. Versprochen! Bevor ich es überhaupt schaffe, wegzugfahren, heißt es schwitzen beim Schneeschaufeln.
9.30 Uhr Treffpunkt Lager mit Robert, um Brot und Gebäck aus Haid zu holen. Im Lager angekommen, heißt es auch hier Schneeschaufeln, der Traktor hat schon das Meiste weggebracht, aber es sind immer noch gefährliche Reste da, wenn es kalt werden sollte und es gefriert. Robert hilft mir die Abfahrt zu salzen, danach Abfahrt nach Haid. Hier ist schon alles für uns hergerichtet, einladen und ab, zum Hofer, Obst und Gemüse nachkaufen. Im Lager wird dann alles auf Genießbarkeit durchgeschaut, das dauert in der Regel so 2-3 Stunden, wenn man zu zweit ist. Heute müssen wir vieles aussortieren. Maria kommt um 13 Uhr uns kümmert sich gleich um die Wurst, Pizzen und alles was Gefrier- und Kühl Ware ist. 10l heißes Wasser für den Tee kochen auch schon, Maria schmeckt ihn ab und füllt ihn um. Barbara und Sebastian kommen ziemlich zeitgleich um 14Uhr, wir beginnen gleich zum beladen des Transporters, da wir heute früher fahren müssen, in Linz muss der Schnee ebenfalls weggeschaufelt werden. Punkt 15 Uhr fahren wir los in Ansfelden bei +1,5° und teilweise blauen Himmel und vorsichtig durchblitzenden Sonnenstrahlen, fein, nach langer Zeit endlich wieder Sonne! Ankunft in Linz, ein Postbus steht auf unserem Platz, fährt aber weg als er uns sieht. DANKE! Harry nimmt sich unserer Schneeschaufel an und malträtiert diese bis aufs „Holzblut“, bitte aufpassen, das ist unsere einzige. Im Nu ist alles aufgestellt, das gesamte Team weiß was zu tun ist, hier braucht niemand anschaffen oder sich wichtigmachen, jede/r hat seinen Bereich und weiß was zu tun ist. Zu Beginn stehen schon etwa 25 Schützlinge in der Reihe, am Ende werden es 59 Menschen sein, die sich jetzt am Monatsanfang (wo wir normalerweise so 25-30 Personen bei unserem Bus hatten) haltbare Lebensmittel holen. Einige bekommen ja Geld, deshalb haben wir am Monatsanfang immer sehr viel weniger Besucher, was eigentlich seit Monaten so nicht mehr stimmt. Wir hatten schon Monatsanfänge und 91 Besucher beim Bus.
Die Tendenz macht uns Angst, wir sehen jede Woche in welche Richtung die ganze Situation geht, leider in keine Gute! Egal, wer zu uns kommt, bekommt auch Hilfe. Egal ob Timmy Jeans in Größe 36 braucht, oder Fiona Winterstiefel in Größe 41, oder Franziskas Winterstiefel, die Sr. Lydia und Sr. Martha noch mit anderen, verschiedenen Sachen bei uns abholten. Wir bemühen uns und schauen, dass wir alle Bedürfnisse erfüllen können, immer gelingt es eh nicht, aber immer öfter. So suchen wir aktuell z.B. für ein 10-jähriges Mädchen eine warme Skihose oder einen ganzen Ski Anzug in Größe Damen „M“ und für ihre kleine Schwester wasserdichte Winterschuhe in Größe 34/35 und einen Ski Anzug in Größe 134. BITTE BITTE, liebe Leute, wer uns hier behilflich sein kann, es wäre wirklich dringend. Die Kleinere trug eine Skihose die etwa 15cm zu lang war und darunter NICHT wintertaugliche Schuhe. Ein Bild, das ich Euch nicht weiter beschreiben möchte, weil es einfach ein trauriger Anblick war und wir heute nichts dabei hatten in der richtigen Größe. Wenn wir durch diesen Aufruf keine Ski Anzüge bekommen, werde ich mir was anderes einfallen lassen, um diesen Schwestern zu helfen, damit sie weder frieren noch 15cm zu lange Hosen anhaben. Zwischendurch kommt ein Passant vorbei und drückt mir € 20,- in die Hand und drückt mir den Oberarm und bedankt sich herzlichst für unsere Aktion. Tun gut solche Begegnungen, tief im Herzen, und lassen uns den Glauben an die Gesellschaft, wenngleich diese auch oft wegschaut.
Spät aber doch kommt heute Elvisa auch zu uns, absolut nüchtern, in Begleitung und bittend, sie brauche bitte Handschuhe und sie hat Hunger. Ich bin glücklich, dass Elvisa heute den Weg zu uns gefunden hat, das Mädel liegt mir sehr am Herzen, zu viel musste sie durchmachen. Immer wieder zeigen uns heute Passanten mit erhobenem Daumen, dass sie unsere Aktion an dieser stark frequentierten Stelle gut finden. An manchen Tagen kommen viele Komplimente, an anderen kommen gar keine. Verschieden, aber wir wissen warum wir unsere Aktion machen, unser Antrieb ist der Wille zu helfen und nicht wegzuschauen, eben wertschätzende Nächstenliebe. Das spüren unsere Schützlinge und danken es uns mit einem Lächeln und einem DANKE. Zum Schluss kommt noch ein junger Mann, der Arbeiten geht, der auch in der Arbeitskleidung bei uns in der Reihe steht, sich aber das nackte Leben nicht leisten kann und in der Notschlafstelle schlafen muss, weil er sich keine Wohnung leisten kann. Er bittet um Jetons für die Notschlafstelle, insgesamt geben wir heute 46 Jetons à € 4,- aus, viel Geld für uns aber jede Nacht die wir durch EUCH schenken können, ist für unsere Schützlinge eine gewonnene Nacht im Warmen. Ein anderer Schützling fragt ob wir helfen könnten, er habe noch ein kleines Zimmer, wurde gekündigt und könne den Strom nicht bezahlen.
Ein Anruf bei unserer Kassierin Astrid, ob wir helfen können, JA, können wir, wir werden die Stromrechnung begleichen damit er die Miete fürs nächste Monat ansparen kann, wird schwierig genug werden. Er ist überglücklich, und bedankt sich oft und hat fast Tränen in den Augen, er dachte nicht, dass wir ihm helfen, er wusste leider keinen anderen Weg mehr als uns zu fragen. Wenn wir jemand auf diese Weise helfen können, ist doppelt geholfen. Er kann vielleicht das kleine Zimmer behalten, steht nicht wieder auf der Straße und wir wissen, dass auch hier die Hilfe und Unterstützung direkt ankommt. 18Uhr, wir räumen zusammen, im Team geht das ziemlich flott und gründlich, Abfahrt ins Lager, dort ausräumen und alles wieder einlagern. Zusammenräumen und alles auf seinem Platz stellen, damit wir alles wiederfinden, nächste Woche. Vielen, lieben Dank all unseren heutigen Helfern/innen, unserem Team von heute, Barbara, Maria, Beate, Sabine, Sebastian, Robert, Brigitte, Gerlinde und Ingrid sowie Wolfgang. Ihr habt wieder großartige Arbeit geleistet, DANKE und Vergelt’s Gott dafür. Eine tiefe Verneigung unseren Spendern/innen für die großartige Unterstützung, die Ihr uns zukommen lässt. Ich ziehe meinen virtuellen Hut und sage DANKESCHÖN! Seit 4 Stunden sitze ich nun hier und texte und schreibe, weil es uns wichtig ist, EUCH mitzunehmen in unsere Aktion, in die ganzen Geschehen. In meinem Kopfhörer läuft „I've Found My Freedom“, ein Titel aus den 70ern, MEIN musikalisches Jahrzehnt wo ich mich daheim fühle, mit diesem Titel beschließe ich nun den heutigen Donnerstag. Danke für Eure Aufmerksamkeit, gute Nacht! Schön dass es Euch gibt.