Was nun?

Was nun?
Verteil-Donnerstag vom 23.1.2025!
Zugegeben, meine persönliche Leidensgrenze, wenn es um die Hilfe für unsere Schützlinge geht, wuchs in den letzten Jahren schon übermäßig an und wird auch zunehmend ein belastender „Rucksack“, den ich täglich mit mir tragen muss und mit dem ich auch mein Leben zu leben habe.
Viele Tribute, die ich private zu zollen habe und hatte, heißt, meine spärliche „Freizeit“ in der Hochsaison, in all den Wintermonaten, wurde in den letzten Jahren von all den Einsätzen und all den Tätigkeiten im Verein, gedrungener Maßen noch einmal auf ein Niveau herunter- und zusammengestrichen, das für mich langsam wirklich unerträglich wird.
Mit wahren Freunden Zeit verbringen, mal auf einen Café gehen, mal auf einen ungezwungenen Tratsch sich treffen oder sich auch mal einfach nur stumm und wortlos gegenüber zu sitzen und einfach nur die Aura des Gegenübers einzufangen und sprechen zu lassen und nicht jeden Gedanken zu kommentieren, einfach nur einmal die gemeinsame Zeit in tiefen Zügen genießen. Das, liebe Leute, ist mir schon sehr lange Zeit, nicht mehr möglich.
Täglich im Kreislauf der verantwortungsvollen Aufgaben und all meiner Termine gefangen zu sein, ist für mich persönlich ein höchst unzufriedener Zustand, der mir immer mehr aufs Gemüt schlägt. Keine Verantwortungen abgeben zu können, macht mich mehr als skeptisch, was die Zukunft meines Vereins betrifft. Wem sollte ich Verantwortungen abgeben, wenn niemand bereit ist, diese anzunehmen? Niemand tut sich freiwillig so viel und so eine schwere ehrenamtliche Arbeit an, der/die dieses Ausmaß von etwa 65 bis 75 Wochenstunden schultern und ertragen könnte. In der Hochsaison sind wirklich viele Stunden abzuarbeiten, die Großteils auch eine gründliche logistische Planung erfordern.
Seit Jahren versuche ich jemanden zu finden, der/die bereit ist, Teile meiner Verantwortung und meiner Tätigkeit zu übernehmen und diese selbstständig zu planen und auch abzuwickeln, leider ohne Erfolg. Auch wenn es mein Team hin und wieder schafft, mich von der einen oder anderen Spendenannahme zu verbannen um einmal auszuschlafen, so ist es doch dann der eine oder andere Anruf unserer Spender*innen, die bevor sie zu uns spenden kommen, mich noch anrufen und sich erkundigen, ob ich eh vor Ort bin.
Ja, es ist mir schon klar, dass ich das Gesicht der Obdachlosenhilfsaktion bin, und diese auch in allen Belangen nach innen und außen vertrete, so muss es für mich künftig dann doch auch einen Weg geben, wo ich mir die eine oder andere freie Stunde nehmen kann, ohne dass mir am Telefon gleich wieder ein schlechtes Gewissen eingeredet wird, weil ich eben gerade nicht vor Ort bin. BITTE, liebe Leute, mein Team ist mindestens genauso kompetent und nimmt genauso Eure Spenden an, macht Fotos und wickelt alles 1000% zufriedenstellend ab, bitte habt Vertrauen zu unserem Team vor Ort, das seit Jahren so großartig im Sinne des Vereins arbeitet und auch nichts anderes antreibt, als unseren Schützlingen zu helfen.
Alleine der Zustand, dass ich in der Hochsaison 2- bis 3-mal pro Woche nachts um 3 oder 4 Uhr früh ausrücken muss, weil mich die Polizei oder die Security aus dem Bett holte und selbst nicht weiterweiß. Ich hole dann aus unserem Lager das „Not Paket“ und fahre auf dem schnellsten Weg nach Linz, um zu helfen. Die nächtlichen „Ausflüge“ sind meist sehr zeitintensiv, dauern in der Regel etwa 2-3 Stunden, und wenn ich um 5- oder 6 Uhr nach Hause komme, bin ich so aufgedreht, dass ein schlafen nicht mehr möglich ist. Das stark gestiegene Adrenalin beruhigt sich nicht so schnell, ergo plane ich den kommenden Tag um, da mir ja einige Nachtstunden abgehen und ich nicht weiß, ob ich auch wirklich alle Tätigkeiten heute schaffe, wie sie ursprünglich geplant waren. Mein Terminplaner wird oft, sehr oft ohne mich zu fragen, über den Haufen geworfen, das Ergebnis ist ein meist chaotischer Tag ohne Konzentration und ohne Struktur.
Liebe Leute, ich habe das schon ein paar Mal angesprochen, dass ich so nicht mehr weitermachen kann, weil ich es körperlich und psychisch nicht mehr schaffe, alles auf dem hohen Level zu halten und alles umsichtig und zufriedenstellend zu erledigen.
Da wir heuer, 2025, eine ordentliche Generalversammlung abhalten müssen, mit allen Abstimmungen und Entlastungen die diese erfordert und mit allen Planungen für die Zukunft, so es eine geben sollte. Auch müssen unsere Statuten umgeschrieben werden, um gegenüber manchen Einrichtungen und manchen Absichten handlungsfähig zu werden oder zu bleiben. Und genau für diese Generalversammlung wird es am 16.2.2025 eine Vereinsinterne Sitzung geben, wo alle Tagesordnungspunkte für die kommende Generalversammlung festgelegt werden. Und genau bei dieser Sitzung werde ich einige Fragen stellen zu haben, einige Fakten aufzuzeigen und einige Antworten einzufordern haben.
Unter dem Gesichtspunkt, dass zurzeit fast jede Stunde Vereinsarbeit auf mein Konto verbucht und mir in den Rucksack gepackt wird, kann und werde ich in diesem Ausmaß nicht mehr weitermachen können und auch nicht mehr wollen. Ich schaffe es schlicht nicht mehr, dieses Pensum jeden Tag, Woche für Woche zu erfüllen und alle Arbeiten zu 100% abzuwickeln.
Liebe Leute, ich möchte hier weder jammern noch jemanden ansudern oder belasten, bzw. mit Dinge konfrontieren die ihn/sie nicht interessieren. Aber es ist von elementarer Wichtigkeit für mich, für uns, Euch auch auf diesem Weg mitzunehmen, der uns unmittelbar bevorsteht.
Um Euch die Problematik vor Augen zu führen, erzähle ich Euch von einem Beispiel. Letztes Wochenende war ich eingeladen, ein Wochenende in Bad Füssing zum Wellnessurlaub über das Wochenende zu verbringen. An allen 3 Tagen, haben mich viele fremde Menschen angerufen, die mir zum Teil ein schlechtes Gewissen einreden wollten, weil ich nicht direkt „greifbar“ war. Ich war freundlich und habe darauf verwiesen, dass unser Team alle Spendenannahmen und sonstigen Aufgaben auch zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigen, und prompt bekam ich so eine rhetorische Ohrfeige, die sich gewaschen hatte. „Wie können sie auf Urlaub fahren, wenn die Obdachlosen hilflos gegen Hunger und Kälte kämpfen“. Diese Anruferin legte sofort das Handy auf als ich ihr dann sagte, dass ich mich nicht ins Auto setze und nach Ansfelden fahre, weil sie dort eventuell auf mich wartet. Manche Menschen sind schon sehr voreingenommen und überaus kalt, mir gegenüber. Ich darf schon auch anmerken, dass wir nicht der einzige Verein in Linz sind, der sich um Obdachlose kümmert, aber leider erzählen dann alle immer wieder, dass jemand anderer als der Herr Kreische nicht erreichbar ist. Ja, kann sein, aber verpflichtet mich das jetzt dazu, immer und zu jeder Zeit zur Verfügung stehen zu müssen?
Ich für mich habe entschieden, dass ich nicht erst seit heute sehr gut auf mich aufpassen muss, um nicht in eine Spirale voller Krankheiten, seien es physische oder psychische, zu fallen. Ich spüre es jeden Tag, dass mein Körper nicht mehr mitmacht, dass er eine Erholung braucht, dringend! Und doch gehe ich immer noch jeden Tag darüber hinaus, weil ich nicht weiß wie ich es jenen Menschen sage und beibringe, die Hilfe brauchen, dass sie jetzt nur mehr die halbe Hilfe bekommen. Wem, liebe Leute, sage ich es als erstes, dass er diesmal nichts mehr zu essen bekommt und auch keine warme Kleidung mehr ausfassen kann, weil es mir nicht mehr gut geht, wem sage ich das als erstes? Das ist für mich der absolute Supergau. Bis jetzt konnte ich es niemandem sagen, und ich ziehe es in die Länge und finde jeden Tag neue Ausreden, um niemandem die letzte Hoffnung nicht auch noch zu nehmen. In Wirklichkeit aber wirkt dieses Thema jeden Tag und jede Nacht im Hinterstübchen, und ich weiß, dass der Tag kommt, an dem ich das entscheiden muss.
Bei dieser Sitzung am 16.2.2025 wird es auch zu sofortigen Konsequenzen kommen, wenn die Tatsachen und die daraus entstehenden Möglichkeiten mich zu entlasten, nicht an diesem Tag neu entschieden werden. Leider muss ich so handeln, liebe Leute, da ich gesundheitlich schlicht die ganzen Verantwortlichkeiten nicht mehr schaffe. Ich werde mit meinem Team bei dieser Sitzung Dinge zum wiederholten Male besprechen und neu abwägen, was und wie ich die Situation dahingehend retten kann, dass mein Team erkennt, dass es 5 vor 12 Uhr ist.
Mein ausgeprägtes soziale Gewissen und mein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein unseren Schützlingen gegenüber, werden für mich wichtige Parameter und eventuell Stellschrauben für meine Entscheidung sein, das verspreche ich Euch, liebe Leute. Ich bin auf der Suche nach einer guten Lösung für alle, wirklich für alle.
Unser Verteil-Donnerstag diese Woche beginnt wie alle anderen über 270 Verteil-Donnerstage auch, am Vormittag mit allen Vorbereitungen und der Durchsicht aller Lebensmittel, die wir heute Nachmittag austeilen. Zwischendurch kommt G., mit der ich ein gutes Verhältnis habe, und erzählt mir eine mehr als traurige Hiobsbotschaft für ihr Geschäft, das sozial schwache Menschen betreut. Wir leben wirklich in einer Zeit wo manche Politiker bzw. Verantwortliche ungestraft alle vorher getätigten Versprechen ad absurdum führen und ins Nirvana verfrachten dürfen. Ich wäre streng dafür, dass alle Politiker ob ihrer Versprechen bis zur letzten Konsequenz verfolgt werden, dann gäbe es keine Wahlversprechen mehr die man nur deshalb macht, dass man sie nachher bricht.
Nach allen Vorbereitungen laden wir den Bus ein, Hilde muss heute früher heim, sie hat einen wichtigen Termin. Hilde ist für mich ein Fels in der Brandung und schupft unser Lager aus dem FF, manchmal kann ich mich nur noch wundern wo sie mit über 70 Jahren diese Kraft und Ausdauer hernimmt. Auch heute kommt ein Spender, obwohl wir heute eigentlich keine Spendenannahme haben, und manche Spender*innen stellen uns die Spenden einfach vor das Tor oder zum Anhänger, obwohl ich das schon oft erwähnte, dass wir dadurch große Probleme bekommen werden. Es scheint als würde ich gegen eine Wand schreiben, manche stellen uns auch Kleidung vor die Tür, die wir nur noch entsorgen können. Mit Wertschätzung haben manche Spenden nichts mehr zu tun, manchmal ist es nur noch eine reine kostenlose Entsorgung, was mich mehr als traurig macht.
Der Tag bisher im Lager, ohne Tageslicht, war eher von viel Arbeit geprägt, doch als ich zwischendurch die Kartons ausleeren ging, schaute die Sonne heraus und es ging ein kalter Wind. Hoffentlich wird es heute Nachmittag auch in Linz ähnlich, wettertechnisch.
Am Vormittag habe ich für Lenny, der schwerkrank im Terminal dahinsiecht, ein Handy gekauft und auch gleich aktivieren lassen. Es war mir ein Wunsch, damit er mich anrufen kann, wenn er dringend Hilfe braucht. Er ist alleine und frisch operiert, kann nicht weit gehen und laboriert eben an seiner Krankheit. Lenny ist mir wichtig, genau wie Tony und Marcel und viele andere auch, deshalb ist mir wohler, wenn er um Hilfe rufen kann, wenn er Hilfe braucht. Deshalb fahren wir heute früher weg, weil wir vor dem Verteil-Donnerstag noch ins Terminal zu Lenny fahren, um ihm sein neues Handy zu bringen.
Wir, Doris, Anni und ich brechen um 14.40 Uhr mit unserem Transporter Richtung Linz auf, wie gesagt, zuerst Terminal, Lenny schläft, ich wecke ihn und gebe ihm sein neues Handy, er lächelt und freut sich sichtlich über mein Geschenk. Ich speichere ihm noch meine Telefonnummer ein und er ruft noch kurz in Deutschland, bei seiner Ex-Frau an, die all seine Papiere beherbergt und mir geschickt hat, damit sich Lenny bald auch einen neuen Reisepass machen lassen kann, aber das ist Zukunftsmusik.
Nach dem Terminal steuern wir unseren Platz beim alten ABC-Buffet an, wo wir seit etwa 4 Jahren unseren Verteil-Donnerstag abhalten dürfen. Dort angekommen laden wir alles aus, wie immer, und Tony und ein paar andere Obdachlose bieten uns ihre Hilfe beim ausladen an, was ich aber leider ablehnen muss. Da uns sonst jemand anlasten könnte, dass wir unsere Schützlinge für unsere Hilfe, ausnutzen, und das brauche ich nicht. Außerdem ist es nicht gut, wenn sich jemand weh tut dabei, wäre nicht so gut also verzichten wir auf die Hilfe unserer Schützlinge, notgedrungen.
Im Vorfeld waren wir eigentlich zu wenig Helferleins, um überhaupt einen Verteil-Donnerstag abhalten zu können, wir brauchen jeden Donnerstag mindestens 6 Helferleins um beruhigt einen Verteil-Donnerstag durchziehen zu können. Gottseidank kommt Mateo noch dazu, somit sind wir auch heute gut gerüstet für den „Ansturm“.
Da unsere Kaja zurzeit viele Prüfungen für ihre Ausbildung zur Polizistin absolvieren muss und keine Zeit fürs Ehrenamt hat, muss ich auch heute wieder alle Eingaben am Laptop machen und alles kontrollieren, was sonst Kaja macht. Wir haben heute auch einen neuen Tisch und einen neuen Sessel mit, da der alte Tisch das Zeitliche segnete und der alte Sessel unter meinem Gewicht zusammenkrachte.
Pünktlich um 16 Uhr beginnen wir mit der Ausgabe, in der Warteschlange sind wieder viele neue Gesichter. M., der jede Woche kommt und der einen Seitenausgang hat, schwer krank ist und sich jede Woche wieder bedankt, dass wir da sind für ihn, kommt als Erster. Ich trage ihn ein und gebe ihn frei, sich Lebensmittel zu holen in der Reihe. Unser Tony wäre eigentlich der Erste gewesen, aber er sah wie schlecht es M. geht und ließ ihn vor. Tony braucht dringend eine warme Jacke, seine alte ist zerschlissen und kaputt, Anni findet gleich eine passende die Tony auch gefällt. Tony holt sich anschließend auch noch Lebensmittel und eine Gas-Kartusche, um sich Wasser auskochen zu können oder um sich eine warme Suppe in seinem DüK machen zu können. Tony lächelt immer und sagt immer: „Walter, es geht mir gut, mach dir keine Sorgen“. Ich unterstütze Tony bei allem was er braucht, weil er niemals etwas nehmen würde was zu viel wäre oder was er nicht essen könnte. Tonys ist sehr bescheiden und immer ehrlich. Von Tony könnten viele Menschen ganz viel lernen, aber vermutlich wollen diese Menschen Tony gar nicht kennenlernen, obwohl er eine wahre Perle von einem Menschen ist. Tony holt sich noch Käse und Wurst bevor er sich nochmal bedankt und sich verabschiedet. Ich gebe Tony noch Lennys Papiere mit, weil er eh ins Terminal vor geht. Auf Tony ist Verlass und Lenny braucht die Unterlagen.
In der Reihe stehen heute auch einige neue Polen, und der „Dolmetscher“ den sie dabei haben, möchte ihnen suggerieren dass sie hier bei uns ordentlich zugreifen können, das sage ich ihm auch sofort und direkt, dass er keine illegalen EU-Ausländer hierher bringen soll, die sich dann an unseren Spenden bedienen, 2 von den 3en schicke ich wieder weg weil sie unsere Auflagen nicht erfüllen und bei der Caritas gemeldet sind und dort auch Unterstützung bekommen müssen, und nicht bei uns, auch wenn die Caritas jetzt wieder beginnt, Menschen um Spenden zu uns zu schicken, dem begegnen wir mit einer Absage. Wir lassen niemanden hungrig weggehen, aber diese Menschen, die bei der Caritas gemeldet sind müssen dort auch versorgt werden, wir geben ihnen heute ausnahmsweise ein paar Semmel, Eckerlkäse, 2 Äpfel und Bananen mit.
Manche „Gäste“ glauben allen Ernstes, uns anlügen und an der Nase herumführen zu können, denen begegnen wir mit sofortiger Ablehnung. Sonst ist in der Warteschlange heute alles ruhig, Max kümmert sich heute wieder um die Leute, Doris und Anni geben die Kleidung und Kühlwaren aus. Immer wieder versuchen manche uns gegenseitig auszuspielen, manche glauben auch ich habe mir keinen Vermerk wegen einem aktuellen Einkommensnachweis gemacht, ich bin gerüstet und weiß was ich mache. Einige kommen mit abgelaufenen Einkommensnachweisen, manche kommen mit einem zu hohen Einkommen, die ich wieder wegschicke, und manche kommen um, wie jede Woche vorher auch, neue Kleidung zu bekommen, aber auch hier mache ich heute einen Stopp. Eine Frau möchte jede Woche irgendein Kleidungsstück von uns und damit ist jetzt Schluss, weil alle künftig 5 Kleidungsstücke im Monat bekommen, nicht mehr und nicht weniger. Wobei uns schon bewusst ist, dass jene die wirklich auf der Straße leben, mehrere Kleidungsstücke brauchen als jene, die in einer Einrichtung sind, wo wir dann auch Ausnahmen machen werden. Genauso mit dem Einkommen, wir erhöhen die Einkommensgrenze heuer nicht und bleiben bei der alten Grenze, was schon 2 Wegweisungen bewirkte.
Ich will keinem Spender und keiner Spenderin erklären müssen, die Einkommenshöhe nach der Entscheidung der Armutskonferenz anzupassen, da gehen wir nicht mit, weil dieses Einkommen nichts mehr mit Armut zu tun hat, deshalb belassen wir unsere Einkommensgrenze dort, wo wir sie letztes Jahr festgelegt haben.
Die Warteschlange füllt sich immer wieder gleich wieder auf, wenn 5-10 Personen abgefertigt wurden. Am Ende werden es heute wieder 112 Menschen sein, die bei uns Hilfe suchten. Wir haben fast keine Verteil-Donnerstage mehr an denen weniger als 100 Personen zu uns kommen. Ist schon eine riesengroße Verantwortung und auch eine entsprechende Aufgabe, alles gerecht zu bewerkstelligen.
Die Tage werden wieder spürbar länger und wir schalten unsere Akku-Lampen jede Woche später ein, gottseidank werden wir diese bald gar nicht mehr brauchen in dieser Wintersaison. Ist enorm viel Arbeit die Lampen immer wieder aufzuladen und zu warten.
Aus dem Nichts kommt Stephanie zu mir, sie brachte mir letzte Woche einen abgelaufenen Einkommensnachweis und bemängelt heute das Verständnis vom AMS, weil ihr wieder grundlos die Leistung gestrichen wurde. Ohne Grund die Leistungen zu sperren ist tatsächlich eine Art der Willkür dieser Institution. Oft werden hier Dinge vorgeschoben und erfunden, die schlicht nicht stimmen um den Leuten das Leben schwer zu machen, manche Betreuer machen das aus Leidenschaft gerne, habe ich oft genug bei Begleitungen selbst mitanschauen müssen. Stephanie ist aufgelöst und sucht seit Monaten eine Arbeit von der sie auch leben kann. In einem Fitnesstempel hat sie zuletzt einige Monate gearbeitet, bei € 7,10 brutto, das ist nicht nur eine bodenlose Frechheit, sondern eine echte Verhöhnung, Arbeitssuchender. Ich konnte Stephanie etwas beruhigen aber wenn man jemanden in die Ecke drängt, braucht sich niemand wundern, wenn man dann um sich schlägt.
Es wurde inzwischen dunkel und noch kälter, meine Finger sind schon durchgefrostet, meine Füße vom kalten Steinboden ebenfalls. Ich muss öfters aufstehen und ein paar Schritte gehen, weil mir auch heute wieder dermaßen kalt ist, was ich eigentlich von mir nicht kenne. Manche aus der Warteschlange verabschieden sich ebenfalls, weil ihnen die Warterei zu lange dauert, aber ich kann nur 3-4 Personen in die Line lassen, weil sich sonst alles beim Bus staut. Und naja, wenn jemand keine Zeit hat tut es mir aufrichtig leid, aber wir müssen schauen, dass alles sicher und für alle gut abläuft.
Langsam, gottseidank, langsam neigt sich der Verteil-Donnerstag dem Ende entgegen und es kommen immer noch Menschen, die Lebensmittel brauchen. Punkt 18 Uhr und wir haben immer noch 5 Menschen in der Warteschlange, die wir bedienen werden. Hinten fangen Karl und Max schon an mit dem Abbau unserer Tische und räumen die Boxen zusammen. Viel Lebensmittel sind heute nicht übriggeblieben, das Meiste ging heute weg, an 112 Menschen, die unsere Hilfe brauchen.
Schnell räumen wir auf, leeren den restlichen Tee aus und laden alles in den Bus, Doris und Anni fahren wieder mit mir nach Ansfelden. Dort angekommen verabschiedet sich Doris, die heute schon seit 3 Uhr früh auf den Beinen ist, und alle anderen laden alles aus und lagern alles wieder ein.
Wieder ein Verteil-Donnerstag der uns deutlich zeigte, wie schmal der Grat ist, auf dem manche wandeln, zwischen Abgrund und Gipfel. Es geht schneller, liebe Leute, als man glauben möchte, aber Armut und Obdachlosigkeit kann jeden/jede treffen, das gehört auch zur Tatsache dazu, dass manchmal das Schicksal unerbittlich seine Runden zieht und den einen oder anderen in den Abgrund zieht.
„Like A Bridge Over Troubled Water“ von Simon & Garfunkel läuft gerade in meinen Kopfhörern, ich genieß diese Ruhe, die dieses Lied ausstrahlt.
Mein Posting nahm heute wieder 7 Stunden 20 Minuten in Anspruch, Zeit die ich mir von meiner „Freizeit“ abknabbern musste. Ich bitte Euch um Verständnis, dass ich heute deutlich machen musste, dass ich so nicht weitermachen kann und darf.
Danke an all unsere Spender*innen, dass wir auch diesen Verteil-Donnerstag abhalten durften, Vergelt’s Gott und habt großen Dank.
Gott segne Euch! Schön, dass es Euch gibt.
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